Hamburg. Der Hamburger Unternehmer Felix Ahlers beliefert Edeka und Rewe mit Bohnen aus Afrika. Gewinn machen? Ist ihm nicht wichtig.
Fischstäbchen, Schlemmerfilets, Obst, Gemüse, Kräuter – den weitaus größten Teil seiner Arbeitszeit beschäftigt Felix Ahlers sich mit gefrorenen Lebensmitteln. Er ist Vorstandschef von Frosta, dem Marktführer für Tiefkühl-Fertiggerichte jenseits von Pizza in Deutschland. Die Hamburger Kaufmannsfamilie Ahlers ist der größte Aktionär des Unternehmens.
Immer mal wieder zwischendurch allerdings ist der Tiefkühlkost-Unternehmer beruflich in einem anderen Temperaturbereich unterwegs. Dann kümmert Felix Ahlers sich um afrikanischen Röstkaffee und darum, ihn in den Verkaufsregalen der großen Supermarktketten zu etablieren.
Frosta-Chef lässt einzigartigen Kaffee in Afrika rösten
Die Marke heißt Solino, die Bohnen wachsen im Hochland von Äthiopien. 200 Tonnen davon importiert das Ahlers-Unternehmen Lenox mit Sitz in Bahrenfeld pro Jahr – gemessen an den Platzhirschen Jacobs, Dallmayr, Tchibo ist das verschwindend wenig.
Hierzulande wurden 2022 immerhin knapp 480.000 Tonnen Kaffee abgesetzt. Solino ist ein Branchenwinzling – aber einzigartig. „Es ist der einzige Kaffee in Deutschland, der in Afrika geröstet wird“, sagt Ahlers.
Kaffee des Frosta-Chefs ist mehr als fair: Solino eine Art Entwicklungsprojekt
Für ihn ist Solino eine Art persönliches Entwicklungsprojekt in einem Land, das zu den ärmsten auf der Welt gehört und in dem ein Großteil der Bevölkerung versucht, den Lebensunterhalt in der Landwirtschaft zu erarbeiten. Äthiopien ist eines der größten Exportländer für Rohkaffee, die Bohnen aus dem Hochland sind weltweit begehrt. Angebaut werden sie ganz überwiegend von Kleinbauern, deren Einnahmen vom stark schwankenden Weltmarktpreis abhängen. Solino soll dazu beitragen, diese starke Abhängigkeit von der Landwirtschaft zu verringern, qualifizierte Arbeitsplätze in Äthiopien zu schaffen und mehr Wertschöpfung im Ursprungsland der Bohnen zu belassen.
Das war lange Zeit eine mühsam umzusetzende Idee, mittlerweile mehren sich die Erfolge: Die Absatzmenge hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt. „Solino ist aktuell in Edeka-Supermärkten in fünf der sieben Regionen gelistet“, sagt Niklas Schreckenbach. Er ist einer von inzwischen zwei Vollzeitbeschäftigten, die das Projekt Solino von Hamburg aus vorantreiben. Schreckenbach kümmert sich um den Lebensmittelhandel. Rewe, das den in Afrika gerösteten Kaffee zwischenzeitlich ausgelistet hatte, bietet ihn seit dem Frühjahr in bundesweit 220 Märkten wieder an.
Edeka und Rewe verkaufen den Solino-Kaffee
Seine Kollegin Paula Weiler betreut den eigenen Onlineshop und die Abonnement-Kunden. Was Tchibo erst vor Kurzem eingeführt hat, bietet Solino schon seit Jahren an: Kunden, die sich auf ein Jahr festlegen und insgesamt zwölf Kilo Bohnen ordern, bekommen einen ordentlichen Preisnachlass. Paula Weilers‘ wichtigste Aufgabe aber ist, den Kontakt zur Solino-Rösterei in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba zu halten und den regelmäßigen Warenfluss nach Hamburg zu organisieren.
Die Rösterei hat heimische Eigentümer und ist das Herzstück des Projekts: „80 Prozent der gesamten Produktion ist Solino“, sagt Paula Weiler. In dem Betrieb und bei seinen äthiopischen Partnerfirmen seien mit den Jahren etwa 150 qualifizierte Arbeitsplätze entstanden. Die Beschäftigten würden überdurchschnittlich gut bezahlt, sagt Ahlers. „Beim Export von einem Kilo Rohkaffee bleiben etwa 5 Euro im Anbauland, beim Export eines Kilos gerösteten und fertig verpackten Kaffees sind es etwa 8 Euro“, rechnet er vor. Das ist es, was Solino von Fairtrade-Kaffee aus Äthiopien unterscheidet. Auch im fairen Handel wird nur Rohkaffee importiert und erst in Deutschland gewinnbringend veredelt. Der Kaffee des Frosta-Chefs ist mehr als fair.
Solino spielt in der Preisklasse von Elbgold
Das hat für die Kunden hierzulande seinen Preis: Ein Kilo Arabica-Bohnen kosten als Espresso oder Café Crema bei Solino um die 23 Euro und etwa so viel wie die Spezialitätenkaffees der großen deutschen Röstereien. Bei den schokoladig schmeckenden Solino-Spezialitätenkaffees Yirgacheffe und Harar liegt der Kilopreis bei 40 Euro. So viel verlangt allerdings etwa auch die Hamburger Elbgold-Rösterei für ihre Spitzensorten.
Annalena Baerbock war auch schon mal zu Besuch
Solino ist inzwischen zu einem Musterbeispiel für nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit geworden, die Rösterei in Addis Abeba zu einem Vorzeigeunternehmen. Bei einer Afrikareise Anfang des Jahres besuchte Außenministerin Annalena Baerbock den Betrieb und führte ausführliche Gespräche mit den vorwiegend weiblichen Führungskräften.
In den vergangenen Jahren hat Solino weitere 500.000 Euro in die Rösterei investiert. Es ging auch darum, den Kaffee langfristig an deutsche Supermärkte liefern zu können. Neue sogenannte Lieferkettensorgfaltsgesetze verlangen, dass unter anderem die Herkunft, Produktion und Transportwege von Lebensmitteln bis ins Detail dokumentiert werden, transparent und nachvollziehbar sind. Seit Kurzem erfüllt der Betrieb in Addis Abeba diese Vorgaben. „Als erste Rösterei in Afrika“, sagt Paula Weiler.
Frosta-Chef will am Kaffee nicht unbedingt verdienen
Felix Ahlers, der mit Frosta ein wirtschaftlich sehr erfolgreiches Unternehmen führt, erwähnt eher beiläufig, dass Solino inzwischen Gewinn abwirft. „Seit zwei, drei Jahren schreiben wir schwarze Zahlen“, sagt er fast ein bisschen verschämt. Der in Afrika für deutsche Kunden geröstete Kaffee ist für ihn schließlich „kein Verdienprojekt, mit dem wir hier in Hamburg möglichst viel Gewinn machen wollen“.
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Ihm geht es darum, den weltweiten Kaffeehandel so zu verändern, dass viel stärker als bisher die Menschen in den Anbauländern davon profitieren. Und nicht nur der Kaffeehandel. Ahlers sagt: „Was beim Kaffee möglich ist, sollte auch mit anderen Rohstoffen wie Schokolade, Honig, Baumwolle, Metallen oder Leder möglich sein. So könnten Millionen von Menschen in Afrika bessere Arbeitsplätze erhalten.“