Hamburg. Hamburgs Gastronomen haben die Preise für Espresso stark erhöht. Wie sie kalkulieren und warum die ersten wieder zurückrudern.

Der schnelle Koffein-Kick zwischendurch oder als Abschluss eines guten Essens: Wer in einem Lokal einen Espresso bestellt, freut sich in der Regel auf unbeschwerten Genuss in der Tasse. Dabei kommt die unliebsame Überraschung oft danach: Viele Gastronomen haben in den vergangenen Wochen die Preise für Kaffee kräftig erhöht. Die Folge: Unter zwei Euro ist in der Hamburger Innenstadt quasi kein Espresso mehr zu bekommen.

Gastronomie Hamburg: Espresso wird immer teurer

Viel Geld für gerade mal 25 Milliliter Getränk. Für einen doppelten Espresso kann man bis zu 4,90 Euro zahlen. Umgerechnet in D-Mark wären das nach aktuellem Wechselkurs 9,58 D-Mark. Das ist nicht mehr weit von den 5,50 Euro für einen doppelten Espresso an der Bar des berühmten Café Florian auf dem Markusplatz in Venedig entfernt – fehlt nur die Musik, die in der Lagunenstadt allerdings mit sechs Euro zusätzlich berechnet wird.

In einer Stichprobe hat das Hamburger Abendblatt Espresso-Preise in 20 Cafés, Bäckereien und Restaurants unter die Lupe genommen – mit überraschendem Ergebnis. So muss man im Block House für einen doppelten Espresso nach dem Essen 4,30 Euro bezahlen – fast genauso viel wie für einen kleinen Block-House-Salat (4,70 Euro). Der einfache Espresso kostet 2,70 Euro. Das gleiche zahlt man bei der Kaffeerösterei Elbgold, die die Bohnen in den Anbaugebieten selbst einkauft und in Hamburg röstet – allerdings für einen doppelten Espresso.

Gastronomie Hamburg: Espresso bei Block House ist fast so teuer wie ein Salat

Die einfache Variante steht für zwei Euro auf der Karte. Nur wenige Schritte entfernt auf der anderen Seite des Rathausmarktes rufen die Kaffeehäuser an den Alsterarkaden oder an der Schleusenbrücke zwischen 2,80 und drei Euro für den einfachen und bis zu 4,50 Euro für den doppelten Espresso auf. Da kommen die Liebhaber von Cappuccino oder Latte macchiato oftmals noch vergleichsweise günstig davon. Für die Kaffeespezialitäten mit Milch liegen die Preise oft noch unter vier Euro.

Auch Guiseppe Battaglia, der in der Großen Bäckerstraße seit Jahren das Restaurant Dolcetto betreibt, hat kürzlich die Preise für den kleinen Schwarzen erhöht. „Bei mir kostet ein Espresso jetzt 2,50 Euro. Das sind 30 Cent mehr als vorher“, sagt der Gastronom. Der doppelte Espresso steht jetzt mit 3,50 Euro in der Karte. „Die meisten Rohstoffe sind deutlich teurer geworden“, begründet er den Schritt. In seinem Heimatland Italien, wo der kleine Schwarze quasi als Grundnahrungsmittel gilt, würde er damit wohl nicht durchkommen. Dort kostet der Espresso in Metropolen wie Mailand oder Rom in den Bars in der Regel nicht mehr als ein Euro.

Kaffepreise kräftig gestiegen

Es stimmt, dass die Einkaufspreise für Kaffee an den Weltbörsen zuletzt kräftig gestiegen sind. Die Gründe sind schlechte Ernten unter anderem in Brasilien, aber auch Lieferengpässe und die Auswirkungen der Pandemie. Das gilt auch für Sorten, die für Espressobohnen geröstet werden. So legte der Preis für die Sorte Robusta im vergangenen Jahr um etwa 70 Prozent zu, der Preis für Arabica schnellte sogar um mehr als 75 Prozent in die Höhe. Trotzdem fällt der Preisaufschlag auf den Speisekarten oftmals um einiges höher aus.

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    Ein Rechenexempel verdeutlicht das: Nach üblichen Rezepturen verwendet man für einen einfachen Espresso sieben Gramm Kaffeepulver. Das ergibt nach Angaben von Experten eine Ausbeute von etwa 120 Portionen aus einem Kilogramm Espressobohnen. Selbst wenn man mit 16 Euro einen Kaufpreis für bessere Bohnenqualität ansetzt, macht der Rohstoff-Anteil an einem einfachen Espresso gerade mal 13 Cent aus.

    Bei einem doppelten sind es entsprechend 26 Cent. Besonders deutlich wird der Aufschlag, den man für das Getränk außer Haus bezahlt, bei Deutschlands größtem Kaffeeröster Tchibo. In der Filiale am Rathausmarkt wirbt das Unternehmen mit einem Kilopreis von 14,99 Euro für Espressobohnen der Sorte Barista. An der Kaffeebar wird der einfache Espresso für – vergleichsweise freundliche – 1,95 Euro ausgeschenkt, der doppelte für 2,45 Euro.

    So begründen Hamburgs Gastronomen die hohen Preise

    Die Gastronomen begründen die Differenz mit den Kosten, die für Geräte, Energie und Service anfallen. „Kaffee ist ein wichtiges Geschäft, und die Kunden erwarten beste Qualität“, sagt Jens Stack­lies. Der Unternehmer ist Chef der Stacklies-Gruppe, zu der unter anderem die Privatbrauerei Gröninger und die Fischauktionshalle gehören, und vertritt als stellvertretender Dehoga-Vorsitzender insgesamt etwa 6000 Gastronomie-betriebe in Hamburg.

    „Eine gute Kaffeemaschine kostet heute so viel wie ein Kleinwagen“, so der Gastronom, der gerade zwei neue Vollautomaten für zusammen 36.000 Euro bestellt hat. „Wir brauchen Geräte, bei denen wir weniger Ausfälle haben und die einfach zu bedienen sind, um uns angesichts der angespannten Personalsituation, unabhängiger zu machen.“

    Auch Stacklies hat die Preise kürzlich angehoben. In seinem Restaurant Schönes Leben in der Speicherstadt etwa kostet ein Espresso jetzt 2,90 Euro, der doppelte sogar 4,90 Euro – jeweils 30 Cent mehr als zuvor. „Die Preise explodieren gerade in allen Bereichen“, begründet er den Schritt. In der durch Corona geschwächten Branche gehe inzwischen die Angst um, ob sich zukünftig unter dem Strich noch Geld verdienen lasse. Getränke steuerten einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg des Unternehmens bei, sagt der Unternehmer. „Unsere Preise sind immer eine Mischkalkulation. Die ist wichtig, damit wir beim Speiseangebot vernünftige Preise halten können.“

    Espresso-Preis: Einige Gastronomen rudern zurück

    Dass Gastronomen bei Getränken andere Margen erzielen können als bei Speisen und dies in ihr Preiskonzept einkalkulieren, ist auch aus Sicht von Armin Valet von der Hamburger Verbraucherzentrale Hintergrund für die unterschiedlichen Kaffeepreise in Lokalen. „Wenn man nach einem guten Abendessen noch einen Espresso bestellt, läuft das unter dem Radar.“

    Gerade bei einem Genussmittel wie Kaffee schauten die Kunden nicht so genau hin. Die Gastronomen wüssten das. Mit den realen Kosten für das Produkt habe das nichts zu tun. „Da wird auch oft Kasse gemacht.“ Der Verbraucherschützer rät, vor der Bestellung auf die Getränkekarte zu schauen und im Zweifelsfall nachzufragen.

    Dass Gastronomen bereits wieder zurückrudern, zeigt das Beispiel der Pizzeria Spaccaforno mit drei Standorten in Hamburg. Dort steht der doppelte Espresso mit 4,60 Euro auf der Karte im Internet. Zumindest in der Filiale an der Börsenbrücke in der Hamburger Innenstadt wurde der Preis allerdings inzwischen gesenkt – auf 3,90 Euro. Die Kunden hätten nicht so viel bezahlen wollen, heißt es zur Begründung.