Hamburg. Aus Hamburg kommen die meisten Jets. Fürs Hochfahren der Fertigung sollen neue Mitarbeiter eingestellt werden. Was geplant ist.

Airbus treibt das Hochfahren seiner Produktion weiter voran. Im Jahr 2026 sollen pro Monat mehr als 100 Flugzeuge gebaut werden. „Wir liefern dann pro Werktag vier bis fünf Flugzeuge aus“, sagte Airbus-Manager Gerd Weber in einer Gesprächsrunde der deutschen Führungsspitze mit Journalisten. Dafür bereite man das industrielle System gerade vor.

Den Schwerpunkt der Auslieferungen stellt traditionell die A320-Familie. Von dem Verkaufsschlager sollen in drei Jahren 75 Maschinen pro Monat gefertigt werden. Derzeit dürften es 50+ sein, genaue Zahlen nennt der DAX-Konzern nicht. Rund die Hälfte der Jets wird auf Finkenwerder endmontiert. „Hamburg bleibt das vierte Jahr in Folge der auslieferungsstärkste Standort von Airbus“, sagte Weber, der die weltweiten A320-Endmontagelinien leitet.

Airbus: Hamburger Flugzeugbauer will bald vier bis fünf Flieger pro Tag ausliefern

In dieser Funktion hat Weber auch global viel zu tun. Die Werke in Mobile (USA) und Tianjin (China) sollen eine zweite Fertigungslinie für den Verkaufsschlager erhalten. In Toulouse wurde eine von zwei Linien so umgebaut, dass dort nun der A321 zusammengeschraubt werden kann. Denn das mit 44,50 Meter Länge größte Familienmitglied wird bei den Bestellungen immer wichtiger und ist das am meisten nachgefragte Modell.

Doch trotz der Bauaktivitäten außerhalb Europas werde das Hamburger Werk mit seinen vier Endmontagelinien der Schwerpunkt der A320-Fertigung bleiben. Es bleibe beim alten Split, sagte Weber: „Wir gehen davon aus, dass immer um und bei die Hälfte aus Hamburg kommt.“ Denn man werde die Linien in Tianjin und Mobile nie mit einer ähnlichen Rate fahren wie auf Finkenwerder. Die Fertigung an der Elbe gehe viel schneller, weil es am Standort mehr Erfahrung gebe und aus allen Bereichen wie dem Engineering Unterstützung komme. 2026 dürften entsprechend pro Werktag etwa zwei Flugzeuge aus Hamburg kommen.

In Hamburg sollen 2024 erneut „mehrere Hundert“ neue Jobs entstehen

Für das Hochfahren der Produktion wird Airbus auch im nächsten Jahr weitere helfende Hände brauchen. Im laufenden Jahr habe man 1300 Beschäftigte auf Finkenwerder neu eingestellt. Insgesamt seien es nun rund 16.000. Auch für 2024 gelte: „Wir werden weiter einstellen“, sagte André Walter, der Chef der zivilen Flugzeugproduktion von Airbus in Deutschland. Ob es dieselbe Größenregion wie dieses Jahr sei, ließ er offen. Aber „mehrere Hundert“ würden es schon sein. Für den Großteil davon würden neue Jobs geschaffen, denn die Fluktuation sei sehr gering.

Bei den Auszubildenden und den Dualstudierenden steuert der Flugzeugbauer auf einen Rekord zu. „Im nächsten Jahr werden wir 550 bis 600 Auszubildende und Dualis haben“, sagte Walter: „So viele hatten wir noch nie.“ In diesem Jahr waren es 480. Geworben wurde um sie auch auf ungewöhnlichen Wegen: einem Banner im Hafen sowie mit einem QR-Code auf dem neuen Hoffnungsträger A321XLR.

Airbus ist optimistisch, das Auslieferungsziel zu erreichen

Das erste Exemplar des „neuen Flaggschiffs“ solle im Dezember in die Endmontage gehen, damit der Erstkunde es wie geplant im zweiten Quartal 2024 in den Dienst stellen könne, sagte Weber. Der XLR kann auch auf Langstrecken eingesetzt werden, weil er über einen fest eingebauten Tank im Frachtraum verfügt.

Die europäische Luftaufsichtsbehörde EASA verlangte dafür immer wieder Nachbesserungen beim Brandschutz, sodass es zu „erheblichen Verzögerungen“ in dem Programm gekommen sei. Weitere Änderungen erwarte er nun aber nicht mehr, sagte Weber. Alles, was jetzt produziert werde, sei der mit der Behörde vereinbarte technische Stand, der in Flugtests eingesetzt, qualifiziert und zertifiziert werde.

Airbus erwartet keine Lieferprobleme von Triebwerkshersteller Pratt & Whitney

Sorgen bereiten der Branche die Triebwerksprobleme bei Pratt & Whitney. Der US-Konzern baut die Motoren für etwa die Hälfte aller A320neo-Maschinen. Etwa 3000 Antriebe werden nun zu vorgezogenen Inspektionen in die Werkstätten gerufen, weil jahrelang ein möglicherweise schadhaftes Pulvermetall verwendet wurde.

Droht daher ein Engpass an Triebwerken, weil die Ersatzteile zunächst für die fliegende Flotte verwendet werden? Weber geht nicht davon aus: „Wir haben mit Pratt die Lieferungen fürs nächste Jahr abgesichert, was unser Bedarfsvolumen angeht.“ Und die in diesem Jahr benötigten Motoren seien bereits alle da.

Bei den für dieses Jahr prognostizierten Auslieferungen sieht der Airbus-Manager das Unternehmen auf Kurs. Rund 720 Flugzeuge will der DAX-Konzern in diesem Jahr an Airlines ausliefern. 160 Maschinen müssten es im November und Dezember noch sein. „Das hört sich viel an. Letztes Jahr haben wir aber mehr geschafft“, sagte Weber. Man habe nun mehr Leute an Bord, die über mehr Routine verfügten. Zudem habe man Extrakapazität mit neuen Produktionsanlagen geschafft.

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Daher schätze man die eigenen Fähigkeiten trotz aller Probleme bei Logistik und Zulieferern höher ein als vor einem Jahr. „Wir haben jetzt alle Teile an Bord, für das, was wir dieses Jahr noch ausliefern wollen“, sagte Weber und gab sich zuversichtlich für das Erreichen eines der wichtigsten Geschäftsziele des Konzerns: „Wir sind zuversichtlich, die 720 Auslieferungen über alle Programme in diesem Jahr rechtzeitig vor Silvester zu schaffen.“

Wird ein Nachfolger des Airbus-Verkaufsschlagers A320 noch mit Kerosin fliegen?

Für die Zukunft dreht sich vieles um den „grünen“ Flieger. Er soll mit Wasserstoff angetrieben werden, der aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, und im Jahr 2035 auf den Markt kommen. Rund 100 Sitzplätze könnte er wohl an Bord haben. Damit würde er deutlich weniger Passagiere fassen als die A320-Familie, die in der Spitze beim A321 bis zu 244 Fluggäste unterbringt.

Seit Jahren gibt es Spekulationen über einen Nachfolger für den Airbus-Verkaufsschlager – aber wird der angesichts der vom Konzern angestrebten Dekarbonisierung überhaupt noch mit Kerosin angetrieben? Es gebe heute aus dem Markt Anzeichen dafür, dass tatsächlich noch einmal ein klassisches Flugzeug nachgefragt werden könne, sagte Nicole Dreyer-Langlet, die in Deutschland für Forschung und Technologie zuständig ist: „Aber letztlich sind wir heute noch nicht festgelegt, wie so ein Flugzeug aussehen könnte.“

 Nicole Dreyer-Langlet leitet die Bereiche Forschung und Entwicklung bei Airbus in Deutschland.
 Nicole Dreyer-Langlet leitet die Bereiche Forschung und Entwicklung bei Airbus in Deutschland. © © 2019 BEATRICE KROL | Beatrice Krol

In der Forschung schaue man sich jeden Technologiebaustein wie Tank, Triebwerke und Tragflächen unabhängig vom Medium wie herkömmliches Kerosin, nachhaltig erzeugtes Kerosin (Sustainable Aviation Fuel, SAF) oder Wasserstoff an. Viel Potenzial sehe man beispielsweise noch bei den Tragflächen, die man daher intensiv untersuche. Auch bei der Rumpfstruktur und deren Aerodynamik gebe es noch Verbesserungspotenzial. Bei vielen Teilen erwarte man Effizienzsteigerungen.

Vier Minuten Warteschleife verbraucht 125 Liter Kerosin

Um generell weniger klimaschädlich unterwegs zu sein, müssten mehrere Parameter zusammenkommen. Altes Fluggerät müsse durch neue, spritsparende Maschinen ersetzt werden. Der Anteil von SAF müsse gesteigert werden. Für den Hoffnungsträger Wasserstoff müsse ein globales Infrastrukturnetz aufgebaut werden.

Wichtig sei auch die Flugroutenführung. So habe man beim Projekt „fello‘fly“ festgestellt, dass in der Vogelflugformation das nachfolgende Flugzeug rund fünf Prozent Kerosin sparen könne, so die Wirtschaftsingenieurin. Auf Routen zu Drehkreuzen wie New York sei so etwas anwendbar. Generell müssten die Flugrouten optimiert und Warteschleifen reduziert werden. Schließlich verbrauche vier Minuten kreisen über dem Flughafen vor der Landung 125 Liter Kerosin.

In einem Punkt ist sich Dreyer-Langlet für künftige Flieger sicher: „Grundsätzlich müssen alle Flugzeuge, egal mit welchem Treibstoff sie betrieben werden, in der Zukunft sehr, sehr viel effizienter werden.“