Hamburg. Der Flugzeugbauer stockt das Personal kräftig auf, um die A320-Produktion zu schaffen. Neuzugänge könnten „Pionierarbeit“ leisten.
In Zeiten des Fachkräftemangels sind große Werbeflächen gefragt, um als Arbeitgeber auf sich aufmerksam zu machen und neue Mitarbeiter zu locken. Airbus nutzt zwei seiner Flugzeuge dafür. Seit einigen Jahren fliegt ein Beluga-ST-Transporter mit dem Slogan „Join us“ auf dem Rumpf um die Welt.
Und seit einigen Tagen ziert eine Testmaschine des neuen Hoffnungsträgers A321XLR der Schriftzug „can’t wait to get you on board!“ – mit beiden Sprüchen will der DAX-Konzern also Personal für sich gewinnen.
Auf dem A321XLR prangt daneben ein QR-Code. Wer ihn scannt, erhält auf einer Webseite zunächst Informationen über den dank eines Tanks im Frachtraum für den Einsatz auf Langstrecken geeigneten Flieger. Etwas weiter unten eröffnen sich die Möglichkeiten für die Airbus-Karriere. Ein Klick drauf – und schon wird einem angezeigt, dass 2000 Jobs gefunden wurden.
Airbus plant in Hamburg 1300 Neueinstellungen
„Der Arbeitsmarkt in Deutschland hat sich zu einem Bewerbermarkt entwickelt“, sagt Airbus-Arbeitsdirektor Marco Wagner am Mittwoch. Insbesondere junge Menschen seien begehrt. Daher plant der Luft- und Raumfahrtkonzern in diesem Jahr Auftritte auf 15 Jobmessen und 50 Veranstaltungen an Universitäten und anderen Orten – denn der Bedarf an neuen Arbeitskräften ist groß.
„Insgesamt werden wir in Deutschland in diesem Jahr wieder etwa 3500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rekrutieren“, sagt Wagner. Mit 500 entfällt der kleinste Anteil davon auf die Helikoptersparte mit Sitz in Donauwörth. 1100 Stellen sollen im Verteidigungs- und Raumfahrtbereich überwiegend in Süddeutschland geschaffen werden, der Rest – und damit mehr als die Hälfte – in der zivilen Luftfahrt.
Hamburger Werk wächst besonders stark
Besonders stark wird das Hamburger Werk profitieren, das seit Sommer zweigeteilt ist. Die Neugründung Airbus Aerostructures kümmert sich um die Rumpfmontage und -ausstattung, Airbus Operations um die Endmontage und Auslieferung von Flugzeugen der A320-Familie sowie um Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. „Auf den Standort Hamburg – das betrifft sowohl Airbus Aerostructures als auch Airbus Operations – entfallen etwa 1300 externe Einstellungen“, sagt Wagner.
Im vergangenen Jahr wurden mehr als 1000 Jobs an den fünf norddeutschen Standorten zusammen geschaffen. Dieses Jahr sollen Stade und Bremen um jeweils 100 Jobs zulegen, Nordenham um 250. Auch in Varel werde (ebenso wie in Augsburg) eingestellt, aber man wolle die Größenordnung nicht beziffern, so Wagner.
IG Metall freut sich über Einstellungen, aber…
Der Norden legt damit beim Wachstum stärker zu als der Bundestrend. Denn die Zahl von 3500 Neueinstellungen – von denen mehr als die Hälfte wirklich zusätzliche Stellen sein sollen, also keine Abgänge ersetzen sollen – habe es auch schon 2022 gegeben. „Das war der steilste Anwuchs an Beschäftigung in der Geschichte von Airbus“, sagt Wagner.
Dabei ist es erst drei Jahre her, dass Airbus massiv Jobs abbauen wollte. Mehr als 2000 Stellen standen allein in Hamburg am Anfang der Corona-Krise zur Disposition. Letztlich gingen rund 1000 Mitarbeiter freiwillig durch Frühverrentung oder nahmen eine Abfindung an.
Daran setzt auch die Kritik der IG Metall an. Man freue sich über die geplanten Einstellungen, sagte Daniel Friedrich, Bezirksleiter Küste: „Airbus hätte in der Krise aber besser reagieren können. Wenn das Unternehmen mehr auf Kurzarbeit und Arbeitszeitverkürzung gesetzt hätte, müsste es jetzt nicht so um neue Beschäftigte werben.“
Wagner sagt zu solcher Kritik: „Wenn ich jetzt noch mal mit der Zeitmaschine zwei Jahre zurückreisen würde, würde ich das Freiwilligenprogramm nicht so stark bemühen wie damals.“ Aber rückblickend sei es eine gute Entscheidung gewesen. Schließlich habe man Airbus gut durch die Krise gesteuert. Sowohl in den Jahren 2021 als auch 2022 fielen milliardenschwere Rekordgewinne an.
Neueinstellungen für A320-Produktion gebraucht
Das liegt vor allem daran, dass die Auftragslage erstaunlich stabil blieb. Obwohl die Luftfahrt monatelang am Boden lag und immer noch schwächer als vor Corona ist, stornierten Airlines trotz angespannter Finanzlage kaum Flieger. Das Auftragsbuch ist mehr als 7200 Maschinen dick. Vor allem die A320-Familie ist ein Verkaufsschlager. Jeder zweite der ursprünglichen Kurz- und Mittelstreckenjets wird in Hamburg endmontiert.
Anfangs der Pandemie wurde die Fertigungsrate konzernweit um ein Drittel auf 40 Flieger pro Monat reduziert. Derzeit sind es rund 45 Maschinen. Im Jahr 2026 sollen es 75 Jets sein – dafür gibt es einen hohen Personalbedarf, vor allem auf Finkenwerder. „Ein Großteil der Einstellungen entfallen auf den Hochlauf“, sagt Wagner.
Neuzugänge könnten „Pionierarbeit“ leisten
Etwa ein Fünftel sei für Themenfelder der Zukunft wie digitale Transformation, Softwareentwicklung, Cybertechnologie und natürlich Dekarbonisierung vorgesehen. Airbus will 2035 ein „grünes“, mit Wasserstoff angetriebenes Flugzeug auf den Markt bringen. „Diejenigen, die zu uns kommen, können Pionierarbeit leisten bei der Umsetzung der dekarbonisierten Luft- und Raumfahrt“, sagt Wagner.
Das Unternehmen kämpft allerdings auch mit der demografischen Entwicklung. Allein an den norddeutschen Standorten im Flugzeugbau würden jährlich mehr als 500 Beschäftigte wegen Verrentung aus dem Berufsleben ausscheiden. Die Abgänge müssen kompensiert werden.
Die Frauenquote bei Airbus soll steigen
Angesprochen werden sollen vor allem Frauen. „Wir habe weltweit das Ziel, dass 33 Prozent unserer Einstellungen Frauen sind“, sagt Wagner. Derzeit sind 20 Prozent der Belegschaft weiblich. Bei den Auszubildenden strebe man nach dem Rekordwert von mehr als 600 Auszubildenden – intern „Airzubis“ genannt – und Dualstudierenden im vergangenen Jahr weitere Bestwerte in diesem und nächstem Jahr an.
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Der Fokus liege vor allem auf Einstellungen und Werten der Menschen, Fachwissen könne man nachschulen, sagt Wagner: „Wir legen ganz hohen Wert auf Respekt und eine gewisse Disziplin. Das man tut, was man sagt.“ Gesucht werden zum Beispiel Elektriker, Mechaniker, Kabinenausrüster und IT-Spezialisten.
Hamburger Airbus-Werk könnte auf 16.000 Beschäftigte wachsen
Derzeit sind in Hamburg rund 15.000 Mitarbeiter tätig. Hinzu kommen etwa 2000 Leiharbeitskräfte, die teilweise übernommen werden sollen. Der Nettozuwachs ließe sich zwar noch nicht genau beziffern, aber „man kann schon um die 1000 Beschäftigte rechnen“, sagt Wagner. Damit käme das Hamburger Werk auf rund 16.000 Mitarbeiter am Jahresende.