Hamburg. Erstmals werden Passagiere an Bord des in Hamburg gebauten Jets A321XLR sein. Auch Flüge über den Atlantik sind geplant.
Der Countdown für den Hoffnungsträger von Airbus läuft: Im zweiten Quartal 2024 soll der in Hamburg endmontierte A321XLR an den Erstkunden übergeben werden. Drei Maschinen wurden bisher für Testzwecke gebaut – und eine ist nun zu einem zehntägigen Dauertest gestartet.
Die mit einem riesigen „XLR“-Schriftzug versehene Maschine wird sozusagen auf Herz und Nieren geprüft. Ohne Systemabschaltung soll sie die gesamten zehn Tage lang in Betrieb sein und etwa 100 Flugstunden absolvieren. Zum ersten Mal werden nicht nur Piloten und Flugtestingenieure an Bord sein. Auch rund 30 Passagiere, freiwillige Mitarbeiter von Airbus und Fluglinien, werden auf den Sitzen Platz nehmen.
Airbus Hoffnungsträger A321XLR aus Hamburg im Praxistest: 10 Tage Dauerbetrieb
„Früher ging es beim sogenannten ‚Route Proving‘ vor allem darum, den Kunden das Flugzeug in Aktion zu zeigen – dass die von ihnen gekauften Flugzeuge tatsächlich das tun können, was sie damit machen wollten“, sagte Jim Fawcett, der leitende Flugtestingenieur bei Airbus.
Heutzutage wolle man die technische Zuverlässigkeit und Ausgereiftheit sowie die gute Funktionsfähigkeit des Flugzeugs demonstrieren. Denn von früher wisse man, dass manche neuen Systeme zwar auf kurzen Flügen rundliefen. Unter Dauerbelastungen träten aber „Kinderkrankheiten“ auf.
Airbus-Jet: Abfertigungsprozesse an Flughäfen werden geübt
Zudem verlangt die europäische Luftaufsichtsbehörde Easa 150 Flugstunden unter realen Bedingungen, um die Musterzulassung zu erhalten. Die Maschine wird also ersten Praxistests unterzogen. Von entscheidender Bedeutung sei dabei auch das Bodenpersonal. Es soll die Abfertigungsprozesse an den Flughäfen üben.
Man werde an jeder Station Wartungsteams haben, sagte Fawcett: „Sie werden mit unseren Airline-Kunden zusammenarbeiten, indem sie uns Tankwagen, Catering-Service oder Lkw für die Wasser- und Abfallentsorgung zur Verfügung stellen – also all die Dinge in derselben Art und Weise tun, wie sie Fluglinien auf ihren Flügen Tag für Tag brauchen.“
Hamburg: Es sollen unterschiedlichen Bedingungen simuliert werden
Zunächst wird der Flieger von Toulouse aus – dort werden die Flugtests durchgeführt – zu mehrstündigen Flügen aufbrechen und in der französischen Stadt auch wieder landen. Am Freitagmittag befand sich der Flieger nach dem Start Richtung Spanien und Portugals Westküste nach einem Nordschwenk über Großbritannien. Bereits am Mittwoch war er zu einem elfstündigen Flug Richtung Nordpol aufgebrochen.
Ziel sei es, die unterschiedlichen Bedingungen zu simulieren, so Fawcett: „Wir suchen nach Orten, an denen es etwas wärmer und kälter ist. Und Flugplätze, die sich hinsichtlich Infrastruktur, Lage, Wetter und Höhen der Start-und-Lande-Bahnen unterscheiden.“
Auch Transatlantikflüge sind mit dem A321XLR geplant
Im zweiten Teil der Flugtests soll der Flieger dann das machen, wofür er von den Airlines nachgefragt wird. Bisher liegen von 27 Kunden Bestellungen über fast 570 Flieger vor. Es soll transatlantische Flüge zu einem US-Flughafen geben – es findet also eine reale Streckenerprobung statt. Denn die 44,50 Meter lange und mit einem 13.000 Liter fassenden, fest verbauten Tank im Frachtraum ausgestattete Maschine kann bis zu 8700 Kilometer nonstop fliegen.
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So hoffen Airports der zweiten Reihe – wie der Flughafen Hamburg – auf neue Langstreckendirektziele. Der XLR könnte Fuhlsbüttel ohne Zwischenlandung beispielsweise mit dem weltgrößten Flughafen Atlanta, New York und Anchorage (alle USA) oder Vancouver in Kanada verbinden.
Airbus A321XLR hat höheres Startgewicht
Im Laufe der zehn Tage sollen verschiedene Besatzungen von Airlines zum Einsatz kommen, auch die Passagiere wechseln. In der Praxis unterscheidet sich der XLR zum herkömmlichen A321 zum Beispiel, weil er ein höheres Startgewicht haben darf – und das Abheben muss natürlich in der Realität sicher gelingen. Es gibt ein angepasstes Fahrwerk. Die Wärme- und Schalldämmung sowie die Lüftungs- und Heizsysteme sind verbessert.
Im Anschluss an die Reise sollten die Fluggesellschaften, Flughafenpartner und Passagiere sagen, so Fawcett: „‚Dieses Flugzeug ist gut. Es ist genau das, was wir kennen, und es gibt uns nur den zusätzlichen Reichweitenschub, den wir brauchten.’“ Dann ließe sich der A321XLR problemlos in die Flotten integrieren.