Hamburg. Nach der Geiselnahme fordert die Gewerkschaft der Polizei das Eingreifen der Politik. Der Airport plant schon Baumaßnahmen.
Mitte Juli ist es Klimaaktivisten gelungen, den Betrieb auf den Flughäfen Hamburg und Düsseldorf lahmzulegen, am vergangenen Wochenende konnte ein Geiselnehmer mit seinem Auto in Fuhlsbüttel aufs Vorfeld fahren und damit abermals den Flugbetrieb stoppen. Diese Vorfälle erregen nicht nur den Unmut Tausender betroffener Passagiere, sie stellen auch das Sicherheitskonzept gerade in Hamburg infrage.
„Dass man mit einem normalen Privat-Pkw nur eine Plastikschranke durchbrechen muss, um auf das Vorfeld zu gelangen, ist eigentlich ein Skandal“, sagt Heiko Teggatz, stellvertretender Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Zwar handelte es sich nach Angaben von Flughafensprecherin Katja Bromm um „mehrere Schranken“, die der Geiselnehmer mit „brachialer Gewalt“ überwunden habe.
Flughafen Hamburg: Zusätzliches Personal für die Sicherheit wird eingesetzt
Doch offenbar sieht die Geschäftsführung am Hamburg Airport die Sicherung des Geländes nun selbst nicht mehr als hinreichend an. „Wir werden weitere bauliche Maßnahmen umsetzen, um mögliche Zugangspunkte zum Sicherheitsbereich zu verstärken“, sagt Bromm, ohne Details zu nennen. Vorfälle wie die Geiselnahme zeigten, dass die Sicherheitskonzepte laufend neu bewertet werden müssten. „Das gilt für die gesamte kritische Infrastruktur, aber eben auch ganz konkret für den Flughafen Hamburg.“
Bereits am Sonntag habe man „erste technische Vorprüfungen“ für bauliche Veränderungen vorgenommen. „Wir werden das schnellstmöglich umsetzen“, so Bromm. Schon jetzt werde zusätzliches Personal eingesetzt, um den Schutz des Flughafengeländes zu verbessern.
Nach Geiselnahme: Scharfe Kritik an Flughafen-Sicherheit – „ein Skandal“
„Grundlage des heutigen Sicherheitskonzepts der Flughäfen sind internationale Vorschriften, die anlässlich der schlimmen Erfahrungen vom 11. September 2001 erlassen wurden“, erklärt Teggatz. Ganz offensichtlich genügten diese Regelungen aber nicht mehr den aktuellen Erfordernissen, außerdem legten sie nur einen „Mindeststandard“ fest. So heißt es im Luftsicherheitsgesetz dazu: „Der Zugang zur Luftseite ist zu beschränken, um das Eindringen unbefugter Personen und Fahrzeuge in diese Bereiche zu verhindern.“
In der konkreten Umsetzung der Vorgaben seien die Flughafenbetreiber aber frei, „wobei offenbar wirtschaftliche Aspekte die Ausführung bestimmen“, wie Teggatz sagt. Nach seinen Angaben müssen Fahrzeuge am Flughafen in Bremen eine „Schleuse“ aus zwei Metalltoren passieren.
Luftfahrtexperte: „Schranke hat offensichtlich Parkhausqualität gehabt“
Auch der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt bemängelt den „Flickenteppich“ an unterschiedlich wirksamen Sicherheitsmaßnahmen in Deutschland: „Es gibt da eine riesige Spannbreite. Die Flughäfen in Frankfurt und München sind hervorragend geschützt, da wäre ein Vorfall wie der am Wochenende hier in Hamburg gar nicht möglich gewesen.“ Für Großbongardt steht fest: „Das Sicherheitskonzept in Hamburg weist Lücken auf. Die Schranke hat ja offensichtlich Parkhausqualität gehabt.“
Aus Sicht des Polizeigewerkschaftlers Teggatz ist nun „ganz dringend politisches Handeln gefordert“. Die jüngsten Erfahrungen müssten nach seiner Vorstellung in das neue Gesetz zum verbesserten Schutz sogenannter „kritischer Infrastruktur“ einfließen, das Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Sommer angekündigt hatte.
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Dabei gibt Sabine Herling, Sprecherin des Flughafenverbands ADV, zu bedenken: „Bauliche Maßnahmen zur Sicherung des Flughafengeländes sind niemals unüberwindbar“ – und an bestimmten Stellen müssten sie aus Sicherheitsgründen zum Beispiel für die Feuerwehr „im Ernstfall schnell passierbar bleiben“.
Zusätzlich gebe es „Alarmketten“, die bei allen bisherigen Vorfällen „einwandfrei gegriffen“ hätten, so Herling: „Der Flugbetrieb wurde sofort nach dem unbefugten Zutritt eingestellt. Reisende und Beschäftigte sind nicht zu Schaden gekommen.“ Für die Passagiere, deren Flüge ausfallen mussten, dürfte das ein schwacher Trost sein.