Hamburg. Lufthansa-Chef nennt klare Bedingungen für möglichen Teilverkauf der Hamburger Tochter, die 2023 so viel verdienen will wie nie zuvor.

Carsten Spohr findet lobende Worte für die Hamburger Tochter. Lufthansa Technik sei eine „tolle Firma“, sagt der Vorstandschef der Lufthansa am Donnerstag bei der Vorstellung der Quartalszahlen in Frankfurt. Angesichts der vorgelegten Zahlen kommt die Einschätzung nicht überraschend.

Der Weltmarktführer für die Wartung, Reparatur und Überholung von Flugzeugen (englische Abkürzung: MRO) steuert auf das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte zu. In den ersten neun Monaten erzielten die Fuhlsbüttler einen Gewinn (Adjusted Ebit) von 459 Millionen Euro. Das waren sieben Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz stieg um 20 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro.

Konzernchef Spohr lobt Lufthansa Technik: „Tolle Firma“

Das letztjährige Rekordergebnis von nun wegen einer veränderten Beteiligungserfassung nach oben korrigierten 554 Millionen Euro soll abermals übertroffen werden. Man hebe die Prognose leicht an, heißt es.

Beim Personal wird wieder kräftig eingestellt. Weltweit sind es nun 22.290 Beschäftigte (plus zehn Prozent). In Hamburg zählt man Ende September 9750 Mitarbeiter – 800 mehr als vor einem Jahr.

Lufthansa Technik ist für Spohr ein „echter Wettbewerbsvorteil“

„Die Luftfahrtbranche erholt sich wesentlich schneller als erwartet. Davon profitieren wir“, sagt Lufthansa-Technik-Finanzvorstand William Willms: „Es gibt auf dem Markt einen großen Bedarf an Material. Wir punkten bei den Kunden weiterhin unter anderem mit einer besseren Materialverfügbarkeit im Vergleich zu Mitbewerbern.“

Spohr spricht von einem „echten Wettbewerbsvorteil“, den der Konzern durch die Tochter habe. Lufthansa Technik betreut jedes fünfte der global 24.000 Verkehrsflugzeuge. „Unsere Airlines profitieren durch Lufthansa Technik von einem direkten Zugang zu den zurzeit extrem knappen und hoch nachgefragten MRO-Kapazitäten“, sagt Spohr.

Rückruf von Airbus-Fliegern verursacht Branchenprobleme

Denn die Branche kämpft mit ein paar Problemen – ein großes davon ist der Rückruf von 3000 Triebwerken des Herstellers Pratt & Whitney. Diese hängen an den Tragflächen des Airbus-Verkaufsschlager A320neo. Wegen eines fehlerhaften Pulvermetalls müssen die Motoren nun inspiziert werden, Hunderte Flieger am Boden bleiben.

Der Kranich-Konzern hat 146 dieser Triebwerke im Bestand, 64 an Flugzeugen, der Rest als Ersatz. Die Reparatur werde „Jahre dauern“, so Spohr. Mindestens bis Ende 2025, eventuell auch noch bis 2026. Das füllt die Werkstätten bei der Hamburger Tochter, die mit dem Wiederanziehen des Flugverkehrs und daraufhin steigenden Wartungen und Reparaturen ohnehin gut ausgelastet sind.

Lufthansa Technik könne von Triebwerksproblemen profitieren

Aber einige Airlines stünden durch die Pratt & Whitney-Probleme stark unter Druck. Ihnen fehlen schlichtweg die Flugzeuge, um das gewünschte Angebot abfliegen zu können. Daher sind sie bereit, für einen schnellen Platz in der Werkstatt zum Motorencheck mehr Geld zu bezahlen.

Im Zweifelsfall kann das dem Konzern mehr Geld einbringen, als einen eigenen A320neo frühzeitig zu reparieren. Zudem man mit 420 Flugzeugen in der Kranich-Flotte den Ausfall ganz gut kompensieren könne, so Spohr. Für Lufthansa Technik könne dies den Gewinn weiter erhöhen.

Lufthansa Technik: Spohr nennt Bedingungen für Teilverkauf

Damit dürfte das Hamburger Unternehmen attraktiver für einen möglichen Verkauf eines Minderheitsanteils werden. Seit Monaten ziehen sich die Verhandlungen. Bis Jahresende solle die Prüfung nun abgeschlossen sein, heißt es. Dem Vernehmen nach sollen 20 Prozent veräußert werden. Als Interessent soll derzeit nur noch der Finanzinvestor Bain im Rennen sein.

Ob es aber überhaupt zu einem Anteilsverkauf kommt, blieb offen. Ein Vertrag käme nur zustande, „wenn die Firma noch toller wird. Sonst machen wir es nicht. Das haben wir immer gesagt“, sagt Spohr. Der Investor müsse neue strategische Optionen mitbringen, kulturell zu Lufthansa passen und so viel Geld bezahlen, „dass es auch mathematisch aufgeht“, so Spohr: „Sonst bleibt sie zu 100 Prozent bei uns.“

Lufthansa steigert Erlös pro Ticket um 25 Prozent

Für das Gesamtjahr erwartet der Vorstandsvorsitzende nach dem „besten Sommer in der Unternehmensgeschichte“ ein Adjusted Ebit von mehr als 2,6 Milliarden Euro. In den ersten neun Monaten sind es 2,28 Milliarden Euro (plus 143 Prozent). Der Umsatz stieg um 18 Prozent auf 26,68 Milliarden Euro.

Das liegt auch an teuren Tickets. Im dritten Quartal wurden pro Ticket 25 Prozent mehr erlöst als ein Jahr zuvor. Einen Rückgang der Preise sehe man nicht, heißt es auch angesichts hoher Kerosinkosten, begrenzter Abfertigungskapazitäten und Engpässen bei der Lieferung neuer Flugzeuge.

Abfuhr für Airbus? Spohr erwägt Boeings 737 MAX zu bestellen

Bei den größeren Kurz- und Mittelstreckenfliegern setzt Lufthansa aktuell ausschließlich auf die A320-Familie von Airbus. Doch das müsse nicht so bleiben. 40 Maschinen dieser Größenordnung wolle man bestellen. Es sei möglich, dass die Wahl auf Boeings 737 Max fällt, um die Flotte zu diversifizieren, so Spohr: „Wir bleiben – wie wir es historisch immer waren – Kunde in Seattle und in Toulouse.“

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Die Flieger werden auch gebraucht, weil man das Angebot wieder hochfahren wolle. Auf 95 Prozent des Vor-Corona-Jahres 2019 soll es im nächsten Jahr steigen. Dieses Jahr sind 85 Prozent geplant. Die Nachfrage der Passagiere sei weiterhin hoch. Der Oktober verlief fast so wie die Monate zuvor. In den nächsten Wochen werde man zwar vermehrt von Geschäftsreisenden leben, aber dann soll es touristisch wieder anziehen, so Spohr: „Ab Mitte Dezember wird es wieder eng an Bord: Denn die Vorausbuchungen sind sehr erfreulich.“