Hamburg. Nach der Kündigung des Vereins stellt sich das Viersternehaus neu auf. So sollen Anlage und Restaurants zum Ausflugsziel werden.

Alex Obertop hebt ein zerknülltes Taschentuch vom Boden auf und wirft es in den nächsten Papierkorb. Alexander Aisenbrey nimmt wie selbstverständlich dem Hermes-Boten ein Paket ab und bringt es zur Rezeption. Dabei gehören die beiden nicht zum Personal des Steigenberger Hotels Treudelberg in Lemsahl-Mellingstedt. Sie unterstützen Treudelbergs Geschäftsführer Christopher Garbe und Lars Nagel-Heyer als externe Berater und Partner bei der Neuausrichtung des Viersterne-Golfhotels im Norden von Hamburg. Und in dieser Funktion versetzen sich die Gründer der Denkfabrik Vorreiter AG auch in die Lage der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen – doch davon später.

Zu der Umstrukturierung des Hotels gehört auch der Betrieb des Golfplatzes, der nach einem heftigen internen Streit künftig nicht mehr vom Golfclub Treudelberg e. V. bespielt wird. Dessen neuer Präsident hatte zwar versucht, die Betreiber von Hotel und Golfplatz zu einer Rücknahme der Kündigung zu bringen und damit die Zukunft des Vereins zu retten. Doch die Gespräche waren erfolglos. Der Verein löst sich zum Jahresende auf.

Hotel Treudelberg in Hamburg will nach Streit nicht weiter mit Golfclub arbeiten

„Warum sollte das Hotel mit einem zerstrittenen Verein zusammenarbeiten? Das Ziel ist doch, die Freude am Golfspielen und die Qualität des Platzes zu erhalten“, so Aisenbrey. Er habe das Ganze schon einmal erlebt. 2003, als er den Öschberghof im Schwarzwald übernahm. Auch in dem von Aldi-Gründer Karl Albrecht errichteten Golfhotel mit zwei Plätzen gab es einen Verein. Aisenbrey, der das Haus zu einem Fünfsterne-Luxushotel mit einer Zweisterne-Gastronomie und drei Golfplätzen ausbaute, schmiss ihn raus.

Steigenberger Hotel & Colfclub Treudelberg Hamburg
„Die Mauern müssen fallen – die psychologischen und die physischen“: Der Steigenberger Hotel & Golfclub Treudelberg in Hamburg will sich für alle Hamburger und Hamburgerinnen öffnen. © FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

Künftig übernahm der Öschberghof das Ausrichten und Organisieren der Turniere, die Betreuung der Mannschaften und die Nachwuchs-Förderung. Ähnliches ist im Hotel Treudelberg geplant. Seit acht Wochen sind Aisenbrey und Obertop mehrmals pro Woche vor Ort. Aisenbrey bewohnt dann ein Hotelzimmer. Obertop, der unter anderem zehn Jahre lang das Luxushotel Side geleitet hat, lebt in Hamburg.

Hotel und Golfplatz Treudelberg: „Wir wollen Haus und Anlage für alle Hamburger öffnen“

Die Umstellung im Golfbereich zu begleiten, ist aber nur ein Randaspekt ihrer Tätigkeit. Sie sind hier, um eine ganz andere Transformation zu begleiten. Denn das Hotel, das vor Corona für 16 Millionen Euro umgebaut und saniert wurde, will sich komplett neu aufstellen. „Wir wollen das Haus und die Anlage für alle Hamburger öffnen“, sagt Obertop. „Bislang wussten viel zu wenig Menschen, dass sie hier auch Kaffee trinken, essen oder spazieren gehen können, wenn sie nicht Hotelgast sind oder Mitglied im Golfclub sind.“

Tatsächlich haben sich Hotel und Golfplatz hinter Hecken und roten Backsteinmauern ziemlich abgeschottet. Das soll sich ändern. „Die Mauern müssen fallen: die psychologischen und die physischen“, so Obertop. Das Restaurant im Grünen, das derzeit nur noch für das Frühstücksbüfett und Veranstaltungen öffnet, soll schon bald traditionelle deutsche Hausmannskost anbieten. Und auch für das Bistro 19 wollen die beiden Hoteliers ein neues Konzept erstellen.

Hotel Hamburg: Künftig könnte es sogar drei Restaurants am Golfplatz Treudelberg geben

„Bei uns soll jeder das finden, worauf er gerade Appetit hat: von der Currywurst übers Schnitzel bis zum frischen Salat mit Garnelen“, so Aisenbrey. Es wäre sogar Platz für ein drittes Restaurant, betonen die beiden Profi-Gastgeber, denen ein klassischer Italiener vorschwebt. „Wir werden alles dafür tun, dass hier ein Ort geschaffen wird, an dem die Menschen gerne sind. An dem sie zur Ruhe kommen, genießen und sich erholen können“, sagt Aisenbrey.

Hotel Treudelberg
Über den Golfplatz Treudelberg im Hamburger Stadtteil Lemsahl-Mellingstedt spazieren oder auf der Terrasse bei Kaffee und Kuchen sitzen – schon jetzt können das auch Menschen tun, die nicht Hotelgast sind oder Golf spielen. Doch die wenigsten wissen das. Das soll sich ändern. © Hotel Treudelberg | Hotel Treudelberg

Das Angebot richtet sich an alle – explizit auch an die Mitglieder des dann aufgelösten Golfclubs. „Wir wollen versuchen, dass sie noch lieber hierherkommen, als sie es ohnehin tun“, sagt er – und es klingt wie der Wunsch, dass sich auch diejenigen, die der Betreibergesellschaft die Kündigung übel nehmen, wieder mit dem Ort versöhnen. „Sie sollen sich mit dem Hotel mehr verbunden fühlen“, bestätigt Aisenbrey.

Steigenberger Hotel Treudelberg in Hamburg: Warum das Personal zufrieden sein soll

Doch, und das ist das zentrale Anliegen der Arbeit von Aisenbrey und Obertop: Ganz besonders sollen sich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Hotel und Restaurant wohlfühlen. „Vom Zimmermädchen über den Koch bis zum Greenkeeper – wir fragen jede und jeden Einzelnen, wo aus ihrer Sicht etwas geändert werden sollte“, sagt Aisenbrey. Viele seien schon seit Jahren im Treudelberg beschäftigt. „Da merkt man manchmal gar nicht, welche Strukturen sich eingefahren haben, aber geändert werden sollten.“

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Wie wichtig ihm die Zufriedenheit des Personals ist, hat er bewiesen, als er mit anderen führenden Hoteliers im Juni 2016 den Verband Fair Jobs Hotel gründete, dem mittlerweile 130 Hotels angehören – in Hamburg unter anderem das Hotel Vier Jahreszeiten und das Tortue.

Im Hamburger Hotel Treudelberg mit Golfplatz machen sich Veränderungen bemerkbar

„Als Wertegemeinschaft sind wir der Überzeugung, dass faire Arbeitsbedingungen entscheidend sind für den Erfolg eines Hotels. Denn sind die Mitarbeiter zufrieden, sind es die Gäste auch. Und kommen wieder“, so Aisenbrey.

Im Steigenberger Hotel Treudelberg macht sich der Einsatz von ihm und Alex Obertop bereits bemerkbar. So wurde durch Anregungen des Personals das Frühstücksangebot verändert. Es gibt jetzt eine „Avocado-Ecke“ und verschiedenste Zerealien, aus denen sich die Gäste ihr Müsli selbst mischen können. Und, betonen die Hoteliers, es muss jetzt viel weniger weggeschmissen werden als vorher.