Nach der tödlichen Messerattacke bemängelt die Hamburger SPD-Fraktion erhebliche Fehler im Senatskonzept gegen Jugendgewalt.
Hamburg. Die Hamburger SPD-Fraktion hat zwei Wochen nach der tödlichen Messerattacke auf einen 19-Jährigen in einer S- Bahn-Station erhebliche Fehler im Senatskonzept gegen Jugendgewalt bemängelt. „Der Instrumentenkasten des Senats hat nicht gegriffen“, sagte der SPD-Innenexperte Andreas Dressel am Freitag und verwies auf die Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der Sozialdemokraten.
Gegen den geständigen 16 Jahre alten Messerstecher, der sein Opfer mit einem Stich ins Herz getötet hatte, sei bereits im September 2009 Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung erhoben worden. „Zu einem Gerichtstermin ist es bis heute nicht gekommen“, sagte Dressel.
+++ SO KRIMINELL IST IHR STADTTEIL +++
Die Vorwürfe der SPD richten sich vor allem gegen die Koordinierung der einzelnen Senatsmaßnahmen gegen Jugendgewalt. Im März seien alle Informationen der beteiligten Stellen auf einer Fallkonferenz zusammengeführt worden – sieben Monate nachdem der 16- Jährige als Intensivtäter eingestuft worden war. Erst dabei habe sich herausgestellt, dass der Intensivtäter einen Ausbildungsplatz nicht angetreten hatte, ohne dass die ihn betreuende Sozialbehörde davon wusste. „Es muss eine Fallkonferenz binnen vier Wochen nach der Intensivtäter-Einstufung geben“, forderte Dressel.
Die einzelne Programmbestandteile gegen Jugendgewalt seien erfolgversprechend, sagte Dressel. „Es scheitert in der Praxis aber daran, dass es nicht koordiniert abläuft.“ So sei es fragwürdig, wieso der 16-Jährige nach Gewaltvorfällen vom Schulunterricht ausgeschlossen worden sei, obwohl er als notorischer Schulschwänzer galt. „Das wurde wohl auch noch als Belohnung empfunden.“
Die Vorwürfe richten sich auch gegen die Justiz und die lange Verschleppung eines Gerichtstermines. „Das kann man nicht nur auf die überlasteten Gerichte zurückführen“, sagte Dressel. So sei der 16- jährige Intensivtäter eigentlich in dem verfahrensbeschleunigenden PROTÄKT-Programm (Projekt täterorientierte Kriminalitätsbekämpfung) gewesen. Allerdings hätte der Beschleunigungsmechanismus nicht funktioniert. „PROTÄKT ist prinzipiell ein guter Ansatz, der aber noch nicht in allen Köpfen angekommen zu sein scheint.“