Hamburg. Im Vergleich zu den früheren Zeitkarten ist das Abo günstiger. Trotz Preiserhöhung soll Ersparnis noch steigen. Wie sich der HVV das vorstellt.
- HVV-Chefin Anna-Theresa Korbutt und Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) ziehen Bilanz zum Deutschlandticket
- Hamburg ist deutschlandweit Spitzenreiter: So viele der Tickets wurden nirgends sonst verkauft
- Dem Senator gefällt die Idee, den Deutschlandticket-Preis künftig an einen Index zu koppeln
Zwei Deutschlandticket-Fans ziehen Bilanz: Wenn HVV-Geschäftsführerin Anna-Theresa Korbutt und Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) gemeinsam einladen, dann geht es meist um hohe Absatzzahlen, enorme Durchdringungsquoten und beste Zukunftsaussichten. So auch am Mittwoch, schließlich hat Hamburg mittlerweile die Hälfte seiner Einwohner mit Deutschlandtickets ausgestattet.
Der Erfolg des Deutschlandtickets in der Hansestadt ist nicht nur für Korbutt, Tjarks und die Verkehrswende eine gute Nachricht, sondern – so ergeben es Berechnungen – auch für den Geldbeutel des Einzelnen. Um 278 Millionen Euro habe das Ticket die Hamburger in diesem Jahr entlastet, errechnet die Behörde. Und eine weitere Rechnung macht sie auf: Demnach sparen die Hamburger im kommenden Jahr sogar noch mehr – trotz steigenden Ticketpreises.
Verkehr Hamburg: Jeder Zweite hat ein Deutschlandticket
Nirgendwo verkauft sich der Abofahrschein so gut wie in Hamburg. Fast zehn Prozent aller Deutschlandtickets gingen in der Hansestadt über die digitale Ladentheke. Derzeit gibt es mehr aktive Deutschlandtickets (924.000, davon 334.000 Jobtickets) als zugelassene Autos (820.000) in der Stadt und rund 200.000 junge Menschen fahren dank des Schüler-Deutschlandtickets seit dem 1. September sogar kostenlos im HVV und bundesweit.
Eine „verdammt hohe Durchdingungsquote“ sei in Hamburg erreicht worden, kommentiert HVV-Chefin Korbutt. Die Hansestadt liege damit deutschlandweit ganz vorne, sogar vor Berlin. Fast eine halbe Million, nämlich 471.000, Neukunden habe der HVV mit dem Deutschlandticket gewonnen.
Viel Luft nach oben bleibt da eigentlich nicht mehr, gibt Korbutt zu. Sie spricht von einer Marktsättigung, die sich einstelle. „Wir sind schon über der Sättigungskurve. Also wir sind schon pappsatt“, sagt sie. „Jeder Zweite hat ja bereits ein Ticket.“
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Hamburger sparen 278 Millionen Euro dank Deutschlandticket
Unterm Strich haben die Hamburger mit ihren Abo-Fahrscheinen 278 Millionen Euro im Vergleich zur Prä-Deutschlandticket-Ära gespart, so haben es HVV und Verkehrsbehörde errechnet. 215 Millionen Euro dieser Ersparnis entstehe den Kunden durch eine direkte Entlastung bei Fahrpreisen. Weitere 63 Millionen Euro würden Zuschüsse für bestimmte Zielgruppen (beispielsweise Schüler, Auszubildende oder Sozialhilfe-Empfänger) ausmachen.
Der Finanzierungsbedarf seitens der Stadt Hamburg für das Deutschlandticket, der sich gegenrechnen ließe, werde für das laufendende Jahr hingegen nur bei 110,5 Millionen Euro liegen.
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Im kommenden Jahr sollen die Menschen mehr sparen – trotz steigendem Ticketpreis
Im kommenden Jahr werde die finanzielle Entlastung der Hamburger durch das Ticket sogar noch wachsen und bei mehr als 300 Millionen Euro liegen, erklären Korbutt und Tjarks. Wie das funktionieren soll, wenn der Deutschlandticketpreis zum Jahreswechsel um 9 Euro auf 58 Euro steigt? Nun, die kostenfreien Schülertickets, die in diesem Jahr erst zum dritten Quartal eingeführt wurden, bessern die Rechnung auf.
Zudem sollen die städtischen Zuschüsse zu den rabattierten Tickets (u. a. für Empfänger von Sozialleistungen) steigen: von derzeit 30 Euro bei einem Deutschlandticket zum Preis von 49 Euro auf 35,50 Euro nach der Preisanpassung des Deutschlandtickets auf 58 Euro.
Wandern HVV-Kunden wegen Preiserhöhung beim Deutschlandticket ab?
Apropos Preiserhöhung. Über Marktforschung versuche der HVV derzeit herauszufinden, wie hoch die „Elastizitäten“ seien – also wie viel Kundschaft aufgrund der kommenden und möglicher weiterer Preiserhöhungen abwandern könnte und was die Menschen bereit sind, für das Ticket zu zahlen.
Zahlen zu den Abokündigungen kann oder will die HVV-Chefin aber noch nicht nennen. Dafür gelte es, den Jahreswechsel abzuwarten. Grundsätzlich rechne sie aber mit etwas Kundenschwund.
Deutschlandticket: Preisdiskussionen überfordern Verkehrsministerkonferenz
Das monatelange Gezerre um den Preis für das Deutschlandticket hatte die Verkehrsminister der Länder, auch Senator Anjes Tjarks, in diesem Jahr viele Nerven gekostet. Tjarks zufolge wäre es wünschenswert, dass das Hickhack nun kein alljährlicher Programmpunkt auf der Verkehrsministerkonferenz ist. „Das überfordert dieses Gremium auch. Das muss man so klar sagen“, so der Verkehrssenator.
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Die Lösung könnte eine automatische Preisentwicklung beim Deutschlandticket sein. „Also ich hätte nichts dagegen, dass man das an einen Index koppelt. Das objektiviert das ganze Thema“, so Tjarks. „Man muss natürlich gucken, welchen Index man dann nimmt – es gibt ja nicht nur den Verbraucherpreisindex.“ Letzterer soll die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen in Deutschland wiedergeben, die private Haushalte für Konsumzwecke kaufen. Als Grundlage für den Preis des Deutschlandtickets könnte dieser oder ein anderer Index die Kostendiskussion entpolitisieren, hoffen Befürworter der Idee.
Aber Finanzierungsfragen hin oder her, Tjarks und Korbutt werden nicht müde, sich zu ihrem „Lieblingsticket“ zu bekennen. „Wir werden uns weiterhin mit aller Kraft dafür einsetzen, dass uns allen das Deutschlandticket erhalten bleibt“, so der Verkehrssenator. „Denn es macht täglich von Neuem deutlich, dass die Mobilitätswende den Geldbeutel schont, das Klima schützt und den ÖPNV stärkt.“