Hamburg. Partei ist vor allem bei Jungen populär. Ihr Spitzenkandidat ist Schulleiter. Citymaut in Hamburg gefordert – gestaffelt nach Autogröße.
„Wir wollen zweitstellig werden. Die Ergebnisse der Europa- und Bezirkswahlen in Hamburg stimmen uns sehr zuversichtlich, dass wir jetzt noch deutlich zulegen können“, sagt Patrick Fischer, Spitzenkandidat von Volt. Für die Bürgerschaftswahl im kommenden März haben er und seine Mitstreiterin, Britta Peters, sich hohe Ziele gesteckt.
Im Gespräch mit dem Abendblatt berichtet der Schulleiter über seine Kandidatur, den Plan für eine Citymaut in Hamburg und warum das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) für Volt keine Konkurrenz darstelle.
Bürgerschaftswahl 2025: Volt-Kandidat tritt für seinen Sohn und eine besser Zukunft an
Fischer ist seit 2019 für Volt aktiv, vertritt besonders bildungspolitische Themen und brachte seine Expertise ins Bundestagswahlprogramm ein. Erst im Juni 2024 wurde er zum Co-Fraktionsvorsitzenden in der Bezirksversammlung Altona. Über seine Kandidatur als Spitzenkandidat für den Hamburger Landesverband freue er sich riesig, sagt er: „Ich bin froh, dass ich es geschafft habe, zumal es auch viel Verantwortung mit sich bringt, die Kampagne anzuführen.“ Mit Verantwortung kennt sich der 41-Jährige bereits aus, denn seit Anfang 2022 ist er Schulleiter des Gymnasiums Süderelbe in Neuwiedenthal.
Warum hat er den Schritt in die Politik gewagt? „Was mir an meinem Alltag in der Schule schon immer gefallen hat, ist, dass sich dort die Gesellschaft als solche und deren Herausforderungen voll abbilden“, antwortet Fischer. In diesem Rahmen könne er dazu beitragen, die gesellschaftlichen Spannungen anzugehen, Probleme zu beheben und pragmatische Lösungen zu finden. Er sei sich im Klaren darüber, dass dies auch ein stückweit zäh sei. Allerdings habe er den Eindruck, dass zwischen den Stadtteilen Hamburgs immer mehr Grenzen entstünden.
Integration und Inklusion, das sind für ihn die verbindenden Themen als Politiker und Schulleiter. „Und wenn ich jetzt die Hoffnung habe, dass ich meinem Sohn eine Zukunft schenken kann in dieser Stadt“, führt Fischer aus, „dann bedeutet das natürlich auch, dass es jetzt an der Zeit ist, selbst etwas zu tun.“
Bürgerschaftswahl 2025: Volt möchte mit ihrer Politik einen „Blick über die Grenze wagen“
Selbst etwas zu verändern, erfordert nicht zuletzt eine gehörige Portion Mut. Unter diesem Motto tritt die Volt-Partei am 2. März 2025 zur Bürgerschaftswahl an: „Mut für Hamburg.“ „Mit Mut ist gemeint, dass man sich nicht scheut, neue Lösungen für unsere Zukunft anzustreben und ja, auch einer neuen Partei Vertrauen zu schenken“, erklärt Fischer.
Für die neuen Lösungen verweist die Partei in ihrem Wahlprogramm auf Ideen anderer europäischer Großstädte. Diversität wie in Oslo, Kreislaufwirtschaft orientiert an Amsterdam oder eine Citymaut wie in Stockholm. Welchen Anteil an den neuen alten Ideen hat der Hamburger Landesverband? „Es ist nicht möglich, einfach eine Lösung zu kopieren“, stellt Fischer klar.
„Wir wollen da den Blick über die Grenze wagen, um zu lernen. Lasst es uns einfach mal probieren. So wie das zum Beispiel Stockholm mit der Citymaut gemacht hat.“
Stattdessen gehe es darum, sich die „Best Practices“ anzuschauen, also zu überlegen, was beispielhaft gut funktioniert, und es dann auf die eigene Stadt zu übertragen. „Wir wollen da den Blick über die Grenze wagen, um zu lernen. Lasst es uns einfach mal probieren. So wie das zum Beispiel Stockholm mit der Citymaut gemacht hat.“
Volt-Spitzenkandidat Fischer zur Citymaut: „Dann fühlt sich jede S-Bahn an wie ein SUV“
Volt möchte eine „wirklich konsequente Mobilitätswende“. Für Spitzenkandidat Fischer geht das einher mit einer „gerechteren Verteilung des öffentlichen Raumes und der nötigen Investitionen in die Infrastruktur“. Die Preiserhöhungen beim HVV um 5,2 Prozent sind für ihn „zutiefst ungerecht“. Während im ÖPNV die Finanzierung klar über die Nutzerinnen und Nutzer geregelt sei, fehle diese Debatte beim Straßenverkehr.
Im Wahlprogramm der jungen Partei zur Citymaut in Hamburg heißt es: „Die Maut soll soziale Aspekte berücksichtigen sowie anhand des Schadstoffausstoßes und der Größe des Autos gestaffelt sein.“ Im Grunde müssen SUV-Fahrer und Familien mit großen Autos mehr bezahlen, wenn sie in die Innenstadt wollen – oder?
Welche Themen für Volt-Spitzenkandidat Patrick Fischer neben Citymaut wichtig sind
„Ich weiß nicht, ob die Voraussetzung für eine Großfamilie ist, dass sie ein großes Auto hat“, antwortet Fischer. Stattdessen hätten besonders besser gestellte Haushalte Autos zur Verfügung. Laut Fischer muss es bessere Alternativen geben, damit Autofahrer den PKW gar nicht erst nutzen, um einzukaufen oder in die Innenstadt zu fahren. „Wenn Taktung, Preis und Attraktivität von Bus und Bahn stimmt, dann bräuchte man gar nicht den SUV. Dann fühlt sich jede S-Bahn an wie ein SUV.“
Bildungspolitische Themen sind „von Haus aus“ ebenso wichtig für Fischer. Der 41-Jährige spricht von einer „Schul-Revolution“, möchte die Schul- und Bildungskarrieren mehr fördern. „Das bedeutet für uns, dass wir bei der frühkindlichen Bildung beginnen und alle Kinder mit drei Jahren verpflichtend am Lernangebot der Kita teilnehmen lassen möchten“, sagt der Hamburger. „Später wollen wir in der Schule Kurse auf unterschiedlichen Leistungsniveaus anbieten, damit sich alle individuell entwickeln können“, ergänzt er.
Volt setzt nicht nur auf junge Wähler – und sieht das BSW nicht als Konkurrenz
Bei der Europawahl machten vor allem junge Menschen ihr Kreuz bei Volt. Ist das auch die Zielgruppe für den Landesverband Hamburg? „Natürlich, wir sind total attraktiv für junge Wählerinnen und Wähler von 17 bis 35. Aber was wir auch merken ist, dass sehr viele Ältere oder Menschen in meinem Alter auf uns zukommen, die sagen: Mensch, wir diskutieren zu Hause bei uns am Abendbrottisch mit der ganzen Familie, welche Alternativen es bei der Wahl gibt.“
Demnach setzt Volt in Hamburg auch verstärkt auf ältere Wähler. Dabei ist die Konkurrenz in der Hansestadt deutlich größer als beim ersten Anlauf der Partei 2020: Vor Kurzem gab das BSW bekannt, dass es ebenfalls zur Bürgerschaftswahl antritt. „Ich glaube nicht, dass das BSW für uns eine Konkurrenz ist“, sagt Volts Spitzenkandidat. „Das Bündnis vertritt eine politische Philosophie, die gänzlich gegen unsere spricht.“