Hamburg. Eine Abendblatt-Umfrage zeigt: Zu teuer sollte der Fahrschein von 2025 an nicht werden, sonst kauft ihn kaum noch jemand.
- Der Preis des Deutschlandtickets von derzeit 49 Euro wird zum Jahr 2025 aller Voraussicht nach erhöht.
- Eine Abendblatt-Umfrage zeigt, dass viele das Fahrschein-Abo dann kündigen würden.
- Was die Hamburger Verkehrsbehörde dazu sagt.
Das Deutschlandticket kostet 49 Euro monatlich – noch. Schon seit Monaten brodelt die Diskussion um eine Preiserhöhung für das Ticket. Im Jahr 2025 wird es aller Voraussicht nach teurer werden als heute. Wie viel Geld der Fahrschein dann kostet, steht aber noch in den Sternen. In diesem Herbst wollen sich die Verkehrsminister der Länder darüber verständigen.
Mitspracherecht haben – zumindest mittelbar – aber auch die Bürgerinnen und Bürger. Denn was ist schon ein Deutschlandticket, wenn Deutschland es nicht mehr kauft, weil es zu teuer ist. Doch wie viel sind die Menschen bereit zu bezahlen?
Deutschlandticket bald 59 oder 69 statt 49 Euro? So viel würden Hamburger zahlen
Das Abendblatt hat eine Online-Umfrage unter Leserinnen und Lesern gestartet. Repräsentativ ist das Ergebnis unter wissenschaftlichen Kriterien nicht, dennoch geben die Antworten der rund 4000 Menschen, die abgestimmt haben, gute Anhaltspunkte für die Zahlungsbereitschaft der Menschen in Hamburg und Umgebung. Fast die Hälfte (47 Prozent der Befragten) stellt sich gegen jegliche Preiserhöhung. „49 Euro sind für mich das Maximum“, haben sie auf die Frage nach der Zahlungsbereitschaft für das monatliche Ticket geantwortet.
37 Prozent der Umfrageteilnehmer würden bei einem Preis von 59 Euro monatlich noch mitgehen. Und lediglich 16 Prozent der Befragten könnten sich vorstellen, sogar 69 Euro für das Deutschlandticket zu bezahlen. Das lässt an jenem Vorschlag zweifeln, den Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) kürzlich machte. Er forderte eine Erhöhung des Ticketpreises auf 64 Euro. Von den Umfrageteilnehmern würden sich 84 Prozent nicht darauf einlassen.
Ähnliche Erhebungen weisen in dieselbe Richtung. Eine Untersuchung im Auftrag des Bundes und der Länder zeigt: Steigt der Ticketpreis um nur fünf Euro (rund zehn Prozent), könnten etwa sieben Prozent der derzeitigen Ticketinhaber den Fahrschein kündigen. Bei einer Erhöhung um zehn Euro (etwa 20 Prozent) könnte der Untersuchung zufolge jeder zehnte bis jeder fünfte Kunde verloren gehen.
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1,2 Millionen Verkäufe: Deutschlandticket in Hamburg besonders beliebt
Es ist davon auszugehen, dass die Zahlungsbereitschaft in anderen Gegenden Deutschlands noch deutlich geringer ist als in Hamburg – insbesondere im ländlichen Raum, wo das ÖPNV-Angebot viel schlechter ausfällt. In der Hansestadt ist das Deutschlandticket im Übrigen so beliebt wie sonst nirgends. Von mehr als elf Millionen verkauften Deutschlandtickets sind 1,2 Millionen im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) über die digitale Ladentheke gegangen. In Hamburg nutzen das Ticket relativ zur Einwohnerzahl so viele Menschen wie in keinem anderen Bundesland.
Darauf reagierte auch der HVV. „Der HVV hat mit der Einführung des Deutschlandtickets im Mai 2023 frühzeitig und sehr konsequent die Weichen für ein maximal einfaches Tarifsystem gestellt“, so der Sprecher des Verbunds. Aus den vormals 150 verschiedenen Zeitkartenarten wurden drei: Neben dem Deutschlandticket bietet der HVV lediglich noch eine Wochenkarte für 29 Euro und eine Monatskarte für 69 Euro an.
Ob die Ticketpreise im HVV, der sein Tarifsystem stark am Deutschlandticket orientiert hat, infolge einer Verteuerung ebenfalls steigen könnten, ist unklar. Aus der Hamburger Verkehrsbehörde heißt es immerhin, dass die Stadt unabhängig von Preissteigerungen an Zuschüssen zum Deutschlandticket, etwa für Schüler oder in Form eines Sozialrabatts, festhalte.
Verkehrssenator will Finanzierbarkeit für die Kunden im Blick behalten
Bislang tragen der Bund und die Länder die Mehrkosten für das Deutschlandticket zu gleichen Teilen. Sie haben den Fahrschein in den Jahren 2023 und 2024 mit jeweils drei Milliarden Euro finanziert. Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) nannte dem Abendblatt vor Kurzem zwei Gründe für eine mögliche Preiserhöhung beim Deutschlandticket: „Einerseits sind wir personalabhängig“, so Tjarks, „und andererseits sind die Energiepreise ein Thema – das schlägt sich auch auf die Baukosten nieder.“ Zugleich plädiert der Senator dafür, die Finanzierbarkeit für die Kunden im Blick zu behalten.
Hamburgs Verkehrsbehörde wirkt nicht allzu begeistert vom Vorschlag des bayrischen Ministers, der einen Ticketpreis von 64 Euro monatlich fordert. „Die Diskussion zu Preisspannen und deren mögliche Auswirkungen auf Kundenzahlen ist noch nicht abgeschlossen. Ebenso wenig liegt bereits eine zwischen Bund und Ländern geeinte Entscheidung zu einem Preis des Deutschlandtickets vor. Vor diesem Hintergrund kommentieren wir auch keine Zahlenwerke“, teilt ein Sprecher mit. Voraussichtlich Ende September würden sich die Verkehrsminister der Länder und des Bundes auf einer Sonderkonferenz zum Thema beraten.
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Deutschlandticket: Preis gestaffelt anheben?
Auch wenn sich die Hamburger Verkehrsbehörde nicht explizit dazu äußert: Die vorgeschlagenen 64 Euro monatlich müssten aus ihrer Sicht überzogen sein. In der Vergangenheit hatte Tjarks stets für eine moderate Erhöhung des Preises geworben. Mit einer Kostensteigerung um 30 Prozent für die Kunden dürfte er nicht einverstanden sein.
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Nach Informationen des Abendblatts favorisiert der Senator im Übrigen eine Einigung, die sich auf die Jahre 2025 und 2026 bezieht – damit die Diskussion im kommenden Jahr nicht schon wieder losgeht. Auch über eine gestaffelte Preisanhebung in zwei Schritten werde in der Verkehrsbehörde gesprochen. Welche Hamburger Interessen Tjarks bei der Sonderkonferenz der Verkehrsminister anbringen kann, steht aus.
Fahrgastverband Pro Bahn fordert moderate Erhöhung um fünf oder zehn Euro
Aus Kundensicht argumentiert der Fahrgastverband Pro Bahn. Auch wenn noch nichts spruchreif ist, geht er von einer Preiserhöhung auf 59 Euro pro Monat aus. Das wäre für Karl-Peter Naumann gerade noch akzeptabel. Er ist Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn und Sprecher für den Raum Hamburg.
Ihm zufolge helfe es aber nichts, sich allzu sehr an Preisdiskussionen aufzuhalten. Bisher habe sich gezeigt: „Ein verbessertes Angebot ist für die Kunden letztlich viel wichtiger als der Preis.“ Werde beispielsweise die Taktung auf einer Strecke erhöht, steige die Nachfrage in der Regel enorm. Da seien viele Kunden auch bereit, etwas mehr zu zahlen.
Allerdings: Die Verteuerung des Deutschlandtickets wird nicht unmittelbar zu einem verbesserten Angebot führen – hier geht es in erster Linie um die Finanzierung des Fahrscheins selbst.