Hamburg. Wie Geflüchteten der Übergang in Ausbildung gelingt: Erik Mas fand durch besondere Vorbereitung eine Ausbildung. Er ist nicht der Einzige.
- Vor dem Ukraine-Krieg geflüchtet: 20-Jähriger findet in Hamburg neue Heimat und Ausbildung
- Erik Mas hat in der Hansestadt die Ausbildungsvorbereitung für Migrantinnen und Migranten absolviert
- Hamburg verzeichnet allgemein einen „stabil hohen Übergang in den Beruf“, so Schulsenatorin Ksenija Bekeris
„Am Anfang war es sehr schwer“, sagt Erik Mas. Der 20-Jährige ist vor zwei Jahren wegen des russischen Angriffskrieges aus der Ukraine nach Hamburg geflüchtet, gemeinsam mit seiner jüngeren Schwester und seiner Mutter. Durch die Ausbildungsvorbereitung für Migrantinnen und Migranten (AvM-Dual) habe Mas in Hamburg Fuß fassen können: „Alle haben mir geholfen. Ich habe direkt Arbeitserfahrung sammeln und meine Deutschkenntnisse verbessern können.“
„Seit 2016 erweist sich das als sehr gute Übergangsmaßnahme für junge Menschen“, sagt Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) dazu auf der Landespressekonferenz am Dienstagmittag (3. Dezember). Aktuell gibt es in Hamburg 2300 Jugendliche an 29 Standorten, die eine AvM-Klasse besuchen. 976 Absolventinnen und Absolventen schlossen in diesem Jahr erfolgreich ab, knapp doppelt so viele wie 2023. Mehr als der Hälfte gelang der direkte Übergang in Ausbildung. „In den Klassen gibt es Unterschiede in Kultur und in Bildung, in Klassen sitzen Jugendliche mit traumatischen Kriegserfahrungen, andere mit Fluchterfahrungen aus europäischen Ländern“, so Bekeris, die selbst als Lehrerin in diesen Klassen unterrichtet hat. Es geht darum, „jedem und jeder eine Chance zu geben“.
Ausbildung in Hamburg: Ukrainischer Geflüchteter findet den „besten Beruf der Welt“
Mas ist einer dieser Jugendlichen, der diese Chance ergriffen hat. Er hat die AvM-Dual durchlaufen, seit dem 1. August macht er eine Ausbildung zum Vermessungstechniker bei Hanack und Partner. Durch seinen Stiefvater habe er den Beruf kennengelernt. Dieser ist ebenfalls bei der Hamburger Firma angestellt, nachdem Mas dort angefangen hat. „Ich arbeite meistens im Außendienst, lerne unterschiedliche Menschen kennen und lerne neue Dinge“, sagt Mas, der nebenbei an einer Fernuniversität in der Ukraine Vermessungstechnik studiert. Für ihn sei es der „beste Beruf der Welt“.
Das spürt auch sein Ausbildungsleiter: „Es ist ja oft so, dass man Jugendlichen nachsagt, dass sie lethargisch sind, aber Erik brennt für die Vermessungstechnik“, sagt Andreas Schmidt-Böllert. Seine Motivation spüre nicht nur der Diplom-Ingenieur selbst, sondern auch die anderen Kollegen, die mit ihm jeden Tag unterwegs sind.
„Wenn ich die Rückmeldung bekomme, dass es ihm Spaß macht, dass er begeistert ist und sich interessiert, dann freut mich das natürlich.“ Elf Auszubildende in drei Jahrgängen gibt es in dem Betrieb in Hamburg-Alsterdorf, neben Mas ist das noch ein weiterer Azubi mit Migrationsgeschichte. „Ohne die deutsche Sprache ist es natürlich schwierig, gerade wegen der vielen Fachbegriffe, aber wenn das gemeistert ist, ist es egal, aus welchem Land man kommt“, sagt der Geschäftsführer.
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Auch sonst gibt es in Hamburg einen „stabil hohen Übergang in den Beruf“, bilanziert Bekeris. Von den 4654 Abgängerinnen und Abgängern der Stadtteilschulen traten in diesem Jahr knapp 43 Prozent unmittelbar eine Ausbildung an. Zählt man die Absolventen der Stadtteilschulen, der Regionalen Bildungs- und Beratungszentren (ReBBZ) sowie der Schulen in privater Trägerschaft zusammen, erreichte die Zahl derjenigen, die direkt nach der zehnten Klasse eine Ausbildung begannen, mit 2092 einen neuen „Spitzenwert“ seit 2012. Insgesamt starteten 3464 Abgängerinnen und Abgänger nach der zehnten Klasse oder nach der Ausbildungsvorbereitung in ihre Berufsausbildung – fast 200 mehr als im Vorjahr (3280).
Es gibt aber auch mehr als 2000 Jugendliche, die nach der zehnten Klasse noch nicht genau wissen, was sie beruflich machen wollen. Diese befinden sich in der Ausbildungsvorbereitung (AvDual, AvM-Dual, Produktionsschulen). Die Vorbereitung fülle eine Lücke, sagt Arbeitsagentur-Chef Sönke Fock. Denn: „Jeder und jede wird gebraucht.“
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Das Hamburger Übergangssystem will deshalb dafür sorgen, dass niemand verloren geht. Die Schulen und die Jugendberufsagentur unterstützen die Schulabgängerinnen und -abgänger engmaschig und beobachten, welchen Weg die Jugendlichen nach der zehnten Klasse einschlagen. „Lediglich bei drei von 9684 Schülerinnen und Schülern der Klasse 10 bleibt der Verbleib in diesem Jahr ungesichert und wird im Rahmen von Absentismusverfahren weiter geprüft.“ Das ist eine „große Erfolgsmeldung“, so Bekeris.