Hamburg. Aktivist der Letzten Generation beschmiert Uni-Gebäude. Dafür verlangt Gericht nun stattliche Summe. Wer für die Kosten aufkommen muss.
- Zwei Aktivisten der Letzten Generation besprühten im Oktober 2023 das Audimax mit wasserfester Farbe
- Das Amtsgericht Hamburg verurteilte nun einen der Klimaaktivisten zu einer Geldstrafe
- Die Gruppe kommt nicht für die Kosten auf – Aktivisten seien für sich selbst verantwortlich
Zwei Aktivisten mit orangefarbenen Warnwesten besprühen mithilfe von Feuerlöschern das Audimax. Eine Traube von Menschen blickt auf die Szene, die von Pressevertretern in einem Video festgehalten wird. Der Kampf gegen den Klimawandel kommt einem Aktivisten der Letzten Generation nun teuer zu stehen.
Der 25-Jährige soll im Oktober vergangenen Jahres mit einer weiteren Person die Glasfassade sowie die angrenzenden Betonstützpfeiler und Türen des Audimax der Universität Hamburg (UHH) großflächig mit wasserfester Farbe besprüht haben. Mit einem Plakat mit der Aufschrift „Letzte Generation vor den Kipppunkten“ wollten sich die Aktivisten „lautstark politisch über die aktuelle Klimasituation äußern“, heißt es von der Hamburger Staatsanwaltschaft.
Prozess Hamburg: Uni Hamburg kritisiert Farbattacke auf Audimax
Der Uni Hamburg ist durch den zivilen Ungehorsam ein Sachschaden in Höhe von knapp 20.000 Euro entstanden – für die Entfernung der knalligen Farbe auf der rund zehn Quadratmeter großen Glasfassade. Dem Aktivisten wird gemeinschaftliche Sachbeschädigung vorgeworfen. Der Angeklagte, der zuvor nicht strafrechtlich aufgefallen ist, zeigt sich am Montagmorgen, 2. Dezember, im Prozess am Amtsgericht Hamburg geständig.
„Ich habe Farbe an das Audimax gesprüht“, sagt der 25-Jährige. Ebenso unumwunden zeigt sich Alexander Lemonakis, Pressesprecher des Uni-Präsidenten Hauke Heekeren: „Die Universität Hamburg verurteilt die Sachbeschädigung entschieden.“ Die UHH verstehe sich als ein Ort des wissenschaftlichen Austauschs und akademischen Diskurses, stehe für Freiheit von Forschung und Lehre sowie für Meinungsfreiheit. „Sie ist eine weltoffene Hochschule, die sich entschieden gegen jede Form von Gewalt positioniert und Sachbeschädigungen klar verurteilt.“
Prozess gegen Letzte-Generation-Aktivist: Er beteiligt sich seit Jahresbeginn nicht mehr an Aktionen
Der Angeklagte, ein gebürtiger Nürnberger, habe sich schon vor seiner Zeit bei der Letzten Generation mit Spenden und Demonstrationen gegen die Klimakrise eingesetzt. „Aber als ich gemerkt habe, dass es mit den Mitteln nicht möglich ist, habe ich bei der Letzten Generation mitgemacht.“ Damit verfolgte er das Ziel, „mit sehr viel gesellschaftlichem Druck die aktuelle Regierung zu Maßnahmen zu bewegen, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen“.
An ihr Ziel sind die Klimaaktivisten jedoch nicht gekommen. Auch deshalb habe der Angeklagte seine Hoffnung verloren. Er beteilige sich seit Anfang des Jahres an keiner Aktion der Gruppe. Der Abiturient engagiere sich stattdessen ehrenamtlich auf einem Lebenshof, arbeitet dort mit unterschiedlichen Tieren. Im Monat stehen ihm 900 Euro zur Verfügung, allein für seine Miete werden 700 Euro fällig. Viel Geld zum Leben bleibt ihm dabei nicht. „Ich werde von Freunden unterstützt, zum Beispiel mit Essen“, berichtet er.
Universität Hamburg: Staatsanwaltschaft fordert Geldstrafe für Sachbeschädigung
Die Staatsanwaltschaft sieht zwar bei dem Angeklagten „keine große Wiederholungsgefahr“, aber dennoch keinen Rechtfertigungsgrund für die Tat. Sie fordert eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20 Euro und verweist auf den hohen Sachschaden sowie die gezielte Auswahl eines öffentlichkeitswirksamen und denkmalgeschützten Ortes.
Laut den Ermittlern konnte die Farbe nur mithilfe spezieller Reinigungsverfahren entfernt werden. Die Universität Hamburg musste daher zwei Reinigungsfirmen beauftragen: eine für fast 8000 Euro und die andere für mehr als 12.000 Euro. Gesamtkosten: knapp 20.000 Euro.
Prozess in Hamburg: Klimaaktivist muss Schaden an Uni-Gebäude ausgleichen
Die Tat des Hamburgers war laut Vorsitzendem Richter nicht durch „Jux und Tollerei“ motiviert, sondern um auf Gefahren des Klimawandels aufmerksam zu machen. Doch auch der Richter sieht keinen Rechtfertigungsgrund für das Besprühen des Uni-Gebäudes. „Man muss sich auf legale Maßnahmen fokussieren, wie Demonstrationen“, sagt er. Der Richter folgt der Forderung der Staatsanwaltschaft und verurteilt den Aktivisten zu einer Geldstrafe von insgesamt 1200 Euro. Diese dürfe der Angeklagte auch in monatlichen Raten begleichen.
Die Geldstrafe wird laut einem Pressesprecher der Letzten Generation nicht von der Gruppe beglichen. „Das Risiko und die Konsequenzen trägt jede Einzelperson selbst.“ Der Aktivist könne aber zu Spenden für sich selbst aufrufen. Dieser Aufruf werde dann auch über die Social-Media-Kanäle des Zusammenschlusses geteilt. Aktivisten können allerdings beim Verein Rückendeckung für eine Aktive Zivilgesellschaft oder beim Umwelttrauhandfond nach Unterstützung fragen, bei letzterem seien die finanziellen Mittel aber nahezu erschöpft. Die Kosten für das Verfahren und juristischen Beistand können so übernommen werden. Doch auch das sei keine „Vollkasko“, keine Garantie, dass Kosten abgedeckt werden., so der Sprecher der Gruppe.
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Und damit nicht genug: Auch die Universität Hamburg stellt zivilrechtliche Ansprüche. Sowohl der Angeklagte als auch der zweite Aktivist der Letzten Generation müssen den für die Uni entstandenen Schaden ausgleichen und für Wiedergutmachung sorgen. Das heißt, die Reinigungskosten von fast 20.000 Euro müssen gemeinsam bezahlt werden – auch hier übernimmt die Letzte Generation keine Kosten. Es wird also richtig happig für den Angeklagten, der nach eigenen Angaben sowieso kaum über die Runden kommt.
Der 25-Jährige kann innerhalb einer Woche Berufung einlegen. Der Haftbefehl gegen ihn wurde aufgehoben. Dieser wurde während des Prozesses erlassen, da er zu einem Termin nicht erschienen war. Vor einer möglichen Untersuchungshaft hatte ihn der Vorsitzende Richter allerdings verschont.