Sylt. Aktivisten sorgten 2023 mit Aktionen auf Sylt für Aufsehen. Nun müssen sie sich verantworten – doch schon der Verhandlungsort sorgt für Protest.
- Aktivisten der Letzten Generation stehen wegen Attacken auf Sylt vor Gericht.
- Die Räume des Amtsgericht Niebüll sind zu klein, darum wir in Itzehoe verhandelt.
- Die Gruppe kritisiert die Wahl des Verhandlungsortes, das Amtsgericht Flensburg erklärt die Gründe.
Die Fakten klingen zunächst einmal nüchtern und logisch: Am Dienstag, 12. November, beginnt der Prozess gegen Aktivistinnen und Aktivisten der Letzten Generation in Itzehoe vor Gericht. Auslöser des Prozesses sind Attacken, die die Klimaaktivisten auf Sylt verübt haben. Dort hatten sich die Angeklagten am 6. Juni 2023 gewaltsam Zutritt zum Flugplatzgelände verschafft, ein Privatflugzeug mit Lackfarbe besprüht und es so unbrauchbar gemacht. Zudem sollen sie am 14. Juni einen Golfplatz beschädigt haben.
Das Verfahren richtet sich gegen drei Männer (27, 44 und 61 Jahre) und drei Frauen (22, 24 und 28 Jahre). Normalerweise erwartet man, dass ein solches Verfahren in einem Gerichtssaal stattfinden würde. Eben das wird aber nicht passieren. Die Aktivisten werden sich nicht am Amtsgericht Niebüll, wo der Verhandlungsauftakt eigentlich stattfinden müsste, für ihre Taten auf der Nordseeinsel Sylt verantworten müssen, sondern stattdessen in einer Lagerhalle vorgeladen.
Gegenüber dem Abendblatt äußert sich das zuständige Amtsgericht Flensburg und erklärt die Hintergründe zu diesem kurios anmutenden Ort.
Nach Sylt-Attacken: Protest vor Prozess – warum Letzte Generation auf die Barrikaden geht
„Lagerhalle“ – so zumindest nennt in einer Pressemitteilung die Letzte Generation den Verhandlungsort. Sie kritisiert zudem, dass der Prozess „mit einschüchternden Regeln“ für die Zuhörerinnen und Zuhörer stattfinden werde.
Die Klimaaktivisten spielen damit auf die sitzungspolitische Anordnung an. Danach gelten im Prozess in Itzehoe ab dem 12. November neben Sekundenkleber auch Obst, Getränke und Bücher als verbotene Gegenstände und dürfen nicht mit ins Gebäude gebracht werden. Grund dafür seien die Attacken auf Sylt. Außerdem sollen von den Prozessbeobachtenden Ausweiskopien angefertigt werden, so die Aktivisten der Letzten Generation.
Letzte Generation: Ärger auf Sylt – warum Verhandlung nicht im Gerichtssaal stattfindet
So weit die eine Seite der Medaille. Doch natürlich gibt es auch eine andere. Normalerweise würde der Verhandlungsauftakt am Amtsgericht in Niebüll stattfinden, bestätigt auch das Amtsgericht Flensburg. Doch da die Säle dort für die Zahl der Verfahrensbeteiligten nicht ausreichend sind, werde die Verhandlung im China Logistic Center Itzehoe in Itzehoe (CLC) stattfinden, so ein Amtsgericht-Sprecher.
„Dass die Verhandlung im CLC in Itzehoe stattfindet, hat nichts mit Sicherheitsgründen zu tun, sondern wirklich nur damit, dass wir im Amtsgericht Niebüll ein Platzproblem hätten. “
„Es ist richtig, dass die Verhandlung nicht in Niebüll stattfinden wird. Dass die Verhandlung im CLC in Itzehoe stattfindet, hat nichts mit Sicherheitsgründen zu tun, sondern wirklich nur damit, dass wir im Amtsgericht Niebüll ein Platzproblem hätten“, so der Sprecher des Amtsgerichts auf Anfrage des Abendblatts. „Die Örtlichkeiten in Niebüll sind schlicht nicht groß genug.“
Wegen Attacken auf Sylt: Wie lange Verhandlungen gegen Letzte Generation dauern sollen
Zudem verwies er darauf, dass es bei einer solchen Personengröße nicht unüblich sei, für Verhandlungen auf das CLC in Itzehoe auszuweichen. Dort hätten auch schon Verhandlungen zum sogenannten Stutthoff-Prozess stattgefunden. Und auch die Verhandlung zur Messerattacke von Brokstedt – der Angeklagte Ibrahim A. hatte in einem Regionalzug zwei junge Menschen getötet und zudem mehrere weitere verletzt – wurde dort verhandelt, so der Sprecher.
Mehr News zur Letzten Generation
- Letzte Generation besprüht Privatjet mit Warnfarbe
- Auf Sylt und bei Flughafen-Blockade: Miriam Meyer ist dabei
- Letzte Generation: Aktivistin kritisiert „absurde Anklage“
Durch die Aktion auf Sylt war seinerzeit der Flugverkehr – wie von den Angeklagten geplant – vorübergehend zum Erliegen gekommen. Der Schaden an dem besprühten Flugzeug beläuft sich laut Angaben des Amtsgerichts Flensburg auf eine Million Euro. Hinzu kommt ein Schaden von 3700 Euro für den Schutzzaun, den die Mitglieder der Letzte-Generation-Aktivisten auf Sylt zerschnitten. Auf dem Golfplatz des Hotels Budersand entstand zudem ein Schaden von rund 1600 Euro. Die Hauptverhandlung wird nach ihrem Auftakt dann am 13., 14. und 15. November 2024 fortgesetzt.