Hamburg. Begehrte Auszeichnung im Bunker vergeben. Publikumspreis der Abendblatt-Leser geht an ein Zweifamilienhaus in Blankenese.
Es ist eine Mischung aus Grand Prix und Klassentreffen der Branche: Wenn alle zwei Jahre die „BDA Hamburg Architektur Preise“ vergeben werden, ist die Spannung groß, wer die Jury am Ende überzeugen kann. Am Dienstagabend wurden wieder die besten Bauten der vergangenen Monate im Resonanzraum im Bunker an der Feldstraße verliehen.
Insgesamt wurden vier erste Plätze vergeben: Dabei ging der Publikums-Architekturpreis, den die Abendblatt-Leser alle zwei Jahre wählen dürfen, an ein Zweifamilienhaus in Blankenese. Der innovative Neubau eines dreigeschossigen Zweifamilienhauses an der Babendiekstraße überzeugte die meisten Menschen. Verantwortlich für das Projekt in Blankenese waren die Architekten von NOTO Basista Becker Jansen. Der Bau wurde auch schon im jüngsten Architekturjahrbuch Hamburg 2024/25 positiv hervorgehoben.
So war es auch beim Neubau der Bahnhofsmission am Hauptbahnhof, entworfen von Carsten Roth Architekten. Er überzeuge durch sein auffälliges Erscheinungsbild im öffentlichen Raum, lobt die Jury. „Carsten Roth wollte mit seinem Entwurf soziale Not sichtbar machen und notwendiges soziales Engagement ins Bewusstsein rufen.“ Das Gebäude hat die Deutsche Bahn Infrago realisiert; es schafft Aufmerksamkeit für die Arbeit der Bahnhofsmission.
„Einfach als Holzrahmenbau konstruiert und mit farbigen Metallpaneelen bekleidet, fällt der Gebäuderiegel auf, ohne spektakulär zu wirken. Nichts – weder Farben noch Baumaterialien – ist zufällig oder routiniert gewählt“, heißt es weiter in der Begründung.
Fünf Experten in der Jury vergaben die Preise
In der Jury saßen die neben Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing die Architekturkritikerin Ursula Baus sowie die Architekten Nanni Grau, Johanna Meyer-Grohbrügge und Matthias Müller.
Ein weiterer öffentlicher Bau landete auf dem 1. Rang: der Neubau der Grundschule Am Baakenhafen in der HafenCity durch LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei im Auftrag der Schulbau Hamburg. Die Grundschule an der Baakenallee 33 ging aus einem Wettbewerb hervor und folgte engen städtebaulichen Rahmenbedingungen. „LRO gelang ein geschickt organisiertes vertikales Volumen, das kompakt und funktional, differenziert der Umgebung angepasst und für Nah- und Fernwirkung konzipiert ist“, heißt es in der Begründung der Jury, die die weitsichtige Planung lobt.
Neue Grundschule am Baakenhafen prämiert
Das Erdgeschoss ist durch eine Gewerbeeinheit mit dem Quartier verwoben, der Schulgarten ließe sich mit der öffentlichen Freifläche zusammenschließen. „Die klare und einfache Struktur bietet gute Orientierung und erleichtert spätere Umnutzungen“, heißt es weiter. „Im Ganzen ist die richtige Balance zwischen robustem Zweckbau und sinnlichem Bauwerk anzuerkennen.“
In der Daimlerstraße 73 steht mit dem Timber-Office der vierte Preisträger. Dort haben LH Architekten Landwehr Henke + Partner ein Bürogebäude in Holz-Hybrid-Bauweise für neun mögliche Mieteinheiten mit Tiefgarage konzipiert. „Man könnte das Kontorhaus wohl als typologisch spezifischen Hamburger Beitrag zur Architekturgeschichte bezeichnen“, heißt es in der Begründung der Jury.
Lob für das „Timber-Office“ in der Tradition der Kontorhäuser
Das Bürogebäude „Timber-Office“ stelle sich souverän in die Traditionslinie der großen Kontorhäuser und interpretiere sie „erfrischend neu“. „Das Ensemble aus sechsgeschossigem Blockrand und dreigeschossiger Hofbebauung vermittelt selbstverständlich zwischen den Dimensionen des heterogenen Quartiers und steht nobel zurückhaltend in der Stadt.“ Das Haus sei großzügig und vernünftig zugleich. „Das ,Timber-Office‘ besticht mit präzise geplanter, sensibel und vernünftig konzipierter Architektur. Es macht Lust auf mehr Innovation und Pragmatismus im Bauen.“
„Der diesjährige BDA Hamburg Architektur Preis zeigt, dass Architektur soziale Verantwortung übernehmen kann, indem sie integrative, nachhaltige, aber auch anpassungsfähige Räume schafft“, lobte Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD). „Diese bieten nicht nur bezahlbaren Wohnraum, sondern tragen auch zur Verbesserung der Lebensqualität bei und fördern den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt.“
BDA: Nur gute Architektur ist nachhaltig
Finn Warncke, 1. Vorsitzender des BDA Hamburg, betont: „Gute Architektur zeigt sich in ihrer Nutzbarkeit, Langlebigkeit, ihrer Möglichkeit zur Aneignung und in dem Umstand, dass sie positive Gefühle hervorruft. Die ausgezeichneten und gewürdigten Projekte erfüllen genau diese Voraussetzungen.“
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Die Jury wählte aus insgesamt 58 Bewerbungen der Baujahre 2022 bis 2024 drei gleichrangige Preise im 1. Preisrang, vier im 2. Preisrang sowie weitere vier im 3. Preisrang. Im Abendblatt-Podcast „Was wird aus Hamburg“ hatte Finn Warncke unlängst bilanziert: „Die Zahl der Einreichungen war in diesem Jahr etwas niedriger als in den Vorjahren – das kann, muss aber nichts mit der Baukrise zu tun haben. Zwei andere Trends sind deutlich: Es geht verstärkt um das Bauen im Bestand und gemeinwohlorientierte Projekte. Die Hochglanz-Architektur hingegen befindet sich ein wenig auf dem Rückzug.“
Der Katalog zur Preisverleihung ist im Hamburger Verlag Dölling und Galitz unter dem Titel „BDA Hamburg Architektur Preis 2024 – Die Baujahre 2022–2024“ erschienen und kostet 19,80 Euro.