Hamburg. Im Westfield Showroom präsentierte Matthias Iken seine Hommage an die Hamburger Stadtentwicklung. Es geht um Geschichte, Zukunft und kritische Fragen.
Was wird aus Hamburg? Diese Frage treibt Journalist und Autor Matthias Iken schon seit geraumer Zeit um. Der stellvertretende Chefredakteur des Hamburger Abendblatts schreibt regelmäßig über Stadtentwicklungsthemen, spricht in seinem Podcast über Wohnungsbau, Clubsterben und die Begrünung des Bunkers. Nun können Hamburgerinnen und Hamburger die Geschichte ihrer Stadt auch auf 336 Seiten nachlesen.
Matthias Iken hat mit „Was wird aus Hamburg? Das Buch zur Stadtentwicklung“ ein Werk vorgelegt, das die facettenreiche Geschichte und Zukunftsperspektiven der Hansestadt beleuchtet. Gemeinsam mit Jörn Walter, Hamburgs ehemaligem Oberbaudirektor, stellte er das Buch am Mittwoch (20. November) in Anwesenheit ausgewählter Gäste im Westfield Showroom vor – einem Ort, der selbst sinnbildlich für die Verzögerungen und Herausforderungen der Stadtentwicklung steht. Das XXL-Einkaufszentrum ist noch immer nicht eröffnet.
Westfield Hamburg: Bild des Einkaufszentrums ist Titelseite von Stadtentwicklungsbuch
„Auch wenn wir heute das Quartier noch nicht live erleben können, weil wir ein paar Unwegsamkeiten in der Inbetriebnahme haben“, sagt Dirk Hünerbein, Projektentwicklungschef von Unibail-Rodamco-Westfield, „finde ich es gut, dass wir es immerhin schon vor Eröffnung auf die Titelseite dieses Buches gebracht haben“.
Doch die Geschichte der HafenCity, Westfield und Co. ist eine recht neue. Iken hingegen beginnt seine Erzählung viel früher, mit einem dramatischen Wendepunkt: dem Großen Brand von 1842. Für ihn markiert dieses Ereignis die „Stunde null“ des modernen Hamburgs. „Immer wieder folgten auf Krisen auch gute Jahre“, stellte der Autor fest. Beispiele wie der Wohnungsbau der 1920er-Jahre zeigen, dass Hamburg auch in schwierigen Zeiten Mut bewiesen habe.
Hafen, Wohnraum, Klimawandel: Stadt Hamburg steht vor großen Herausforderungen
Hamburg als eine der größten Metropolen Europas habe in vielen Bereichen Fortschritte gemacht, sich sehr gut entwickelt, sei schöner, bunter und vielfältiger geworden, so Iken. Doch es gibt auch offene Fragen. Wie entsteht bezahlbarer Wohnraum? Welche Rolle wird der Hafen in Zukunft spielen? Iken und Walter sind sich einig: Die Stadt müsse sich auf den Strukturwandel einstellen und brachliegende Flächen im Osten besser nutzen. „Der Hafen hat in den letzten Jahren sehr viel genommen, vor allem Investitionen, er wäre jetzt auch gefragt, Flächen zu geben“, sagt der 54-Jährige bei seiner Buchvorstellung.
Die Überschrift eines weiteren Kapitels – „Die Stadt im Klimawandel – oder warum nicht alles schlechter wird, wenn es wärmer wird“ – polarisiert. Der ehemalige Oberbaudirektor Walter, der gerade Gast in Ikens Podcast war, fragt den Autor deshalb heute selbst: „Was geht Ihnen dabei durch den Kopf?“
Iken wolle mit solchen Aussagen provozieren und spielen. Er ist sich sicher: Hamburg werde weder morgen noch in den nächsten Jahren untergehen. Gleichzeitig warnte er aber vor Nachlässigkeit bei Klimaschutzmaßnahmen. Hitze und Starkregen werden zur Herausforderung – gerade in Hamburg.
Matthias Iken fordert neue Ideen für Hamburgs Stadtentwicklung
Die Diskussion drehte sich auch um die Zurückhaltung der Hamburger Politik. „Wir brauchen den Zauber neuer Ideen, neuer Entwürfe“, forderte Iken. Beispiele wie die Elbphilharmonie hätten gezeigt, dass Mut belohnt werde, auch wenn die Umsetzung Herausforderungen mit sich bringe – wie explodierende Baukosten und -zeiten. Doch die Erinnerung an gescheiterte Vorhaben wie den Hamburger Elbtower bremse offenbar die Ambitionen.
„Wir Hamburger tun uns oft schwer, Neues zu entdecken und auch gutzuheißen“
Walter hob hervor, dass Hamburg von außen oft positiver wahrgenommen werde als von den eigenen Bürgerinnen und Bürgern. Iken stimmte zu: „Wir Hamburger tun uns oft schwer, Neues zu entdecken und auch gutzuheißen.“
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„Was wird aus Hamburg?“ ist laut Walter eine kultivierte Ermahnung und Ermunterung an die Stadtentwicklung Hamburgs. Das im Ellert & Richter Verlag erschienene Buch habe einen Anspruch, in die Zukunft zu blicken.
Stadtentwicklung Hamburg: Iken spricht über Entwicklungen und Misserfolge
Trotzdem wird Iken nicht müde, auch die Misserfolge der Hansestadt kritisch zu betrachten. Der Journalist zielt dabei vor allem auf Versäumnisse ab, auf Projekte, die nicht gebaut wurden, wie das Science Center. „Das fehlt der Stadt, hätte ihr unglaublich gutgetan. Das vermisse ich.“ Lange Zeit habe es Hamburg nicht geschafft, das Weltkulturerbe Speicherstadt und Kontorhausviertel vernünftig zu inszenieren.
Doch schon jetzt steht für Iken fest: „Hamburg hat es geschafft, die Stadt permanent weiterzuentwickeln und attraktiver zu machen.“ Demnach sei die HafenCity ein großer Wurf, ebenso die Wiederentdeckung der Elbe. „Die Stadt hat ganz lange dem Fluss den Hintern zugewandt, und jetzt ist die Elbe von Blankenese bis Entenwerder Teil der Stadt geworden.“
Die kritische Liebeserklärung an die Stadt an der Elbe mit drei großen Kapiteln ist online und im Abendblatt-Shop (29,95 Euro) erhältlich.