Hamburg. Eine 23-Jährige steht wegen Rauschgifthandels vor Gericht. Wie sie mit den Hintermännern kommunizierte und wie das Urteil ausfällt.
Die Nacht verbrachte sie am Steuer ihres Wagens und legte fleißig Kilometer zurück. Die Tour führte durch Hamburg, nach Eppendorf und in das Schanzenviertel, aber auch ins Umland nach Bönningstedt und Quickborn (Kreis Pinneberg). Bei jeder dieser Stationen wurde Alina K. (Name geändert) schon sehnsüchtig erwartet. Denn die 23-Jährige hatte Drogen im Gepäck, konkret: Kokain, sorgfältig portioniert und so weit vorbereitet, dass das Rauschgift blitzartig aus dem Drogentaxi den Kunden übergeben und Geld in Empfang genommen werden konnte – bevor die Hamburgerin wieder mit ihrem Auto in der Dunkelheit verschwand.
Doch schließlich war Schluss mit diesen illegalen Geschäften von Alina K. Die 23-Jährige wurde festgenommen, kam später in Untersuchungshaft und muss sich jetzt in einem Prozess vor dem Schöffengericht verantworten. Die Anklage wirft der jungen Frau unter anderem bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln vor. Die Männer, mit denen sie sich zusammengetan haben soll, nannten sich laut Anklage „Dado“ und „Verteil“. Letzteres scheint ein wenig kreativer Name zu sein, der jedoch genau das beschreibt, was die Aufgabe des Mannes gewesen sein soll, nämlich dafür zu sorgen, dass Drogen in Umlauf kommen.
Prozess in Hamburg: 23-Jährige betätigte sich als Kurierin in Drogentaxi
Laut Ermittlungen agierte Alina K. in diesem Banden-Konstrukt als Fahrerin eines „Drogentaxis“, fuhr zu den Kunden, die per WhatsApp Kokain bestellt hatten, und lieferte das Rauschgift aus. Dabei soll sie in knapp zwei Wochen im Januar dieses Jahres mindestens 48 Verkaufseinheiten von jeweils 0,6 Gramm Kokain in sogenannten „Eppendorfer Gefäßen“ mit sich geführt und hiervon 38 Portionen an unterschiedliche Abnehmer verkauft haben.
„Ja, ich habe das gemacht“, räumt die Angeklagte, eine zierliche Frau mit blondem Zopf, die Vorwürfe ein. „Ich wusste auch, dass das falsch war.“ Sie sei allerdings in einer finanziellen „Notsituation“ gewesen, habe Tausende Euro Schulden gehabt und sei deshalb empfänglich gewesen für Tätigkeiten, die rasche Einnahmen versprechen. Als ein Bekannter ihr von der Möglichkeit erzählte, sie könne einen Job als Drogenkurierin übernehmen, habe sie nicht lange gezögert. „Ich dachte, bevor ich meine Wohnung verliere, wollte ich das schnell durchziehen.“
Angeklagte in „Notsituation“: „… bevor ich meine Wohnung verliere“
Die Männer, von denen sie die Einheiten mit den Drogen bezog, habe sie nie persönlich kennengelernt, so Alina K. Die Kommunikation sei über WhatsApp gelaufen. „Moin, hier ist der Auffüller“, lautete beispielsweise eine Nachricht, die die Polizei später im Handy-Chat der 23-Jährigen fand und auf den die Hamburgerin mit einem kurzen „Top“ reagierte. Das Rauschgift wurde, so erzählt es die Angeklagte weiter, manchmal in einem Gebüsch deponiert, wo sie sich ihre Lieferungen abholen und das eingenommene Geld hinterlegen konnte. „Oder einer kam zu mir ins Auto.“
Diese Person habe sie aber nicht erkennen können, weil der Mann eine Kapuze tief ins Gesicht gezogen habe. In solchen Situationen habe sie oft „Angst gehabt“, sagt Alina K. Doch das Geld, das sie durch die Beteiligung an den Drogendeals verdiente und mit dem sie unter anderem ihre Miete bezahlt und ihre Schulden beglichen habe, habe sie gelockt.
Untersuchungshaft war „ein Schock – ich habe definitiv daraus gelernt“
Jetzt allerdings sei sie „klüger geworden“, sagt die 23-Jährige. Die Zeit in Untersuchungshaft habe sie genutzt, um Kontakt zu mehreren Hilfsangeboten aufzunehmen, unter anderem zur Schuldnerberatung und zu einem früheren Arbeitgeber, bei dem sie wieder einen Job in Aussicht habe. Im Gefängnis zu sein, sei „keine schöne Zeit gewesen“, sagt sie. „Es war ein Schock, und ich habe definitiv daraus gelernt.“ Nun wisse sie: „Meine Freiheit ist mir wichtiger als Geld.“
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Auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, erkennt schließlich das Schöffengericht wegen bandenmäßigen Drogenhandels in einem minderschweren Fall. Mit dem Strafmaß bleibt das Gericht knapp unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die ebenfalls von einem minderschweren Fall ausgeht und eine Bewährungsstrafe von 18 Monaten gefordert hatte.
Als diejenige, die im Drogentaxi das Rauschgift auslieferte, sei Alina K. „das letzte Licht in der Kette“ gewesen, begründet der Amtsrichter das Urteil. Strafmildernd sei unter anderem das Geständnis der Angeklagten zu werten. Zudem sei glaubhaft, dass sie ihre Lehren gezogen und Weichen für die Zukunft gestellt habe, um künftig straffrei zu leben. „Wir nehmen Ihnen das ab, dass Sie das verstanden haben.“ Das Urteil ist bereits rechtskräftig.