Hamburg. Mutmaßlicher Rauschgifthändler soll Teil eines Hamburger Liefer-Netzwerks sein. Die Verhandlung startete mit einer Panne.

In einen olivgrünen Kapuzenpullover gehüllt, mit einem Pflaster auf der linken Wange, sitzt der Angeklagte M. an diesem Donnerstagmorgen auf der Anklagebank des Hamburger Landgerichts. Seine dunklen Haare sind von grauen Spitzen durchzogen, auf seinen Händen zeichnen sich Tattoos ab – die Finger ruhen gefaltet ineinander. Der 39-Jährige muss sich vor Gericht wegen bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verantworten.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, sich spätestens im Februar 2024 mit sieben weiteren Personen zusammengeschlossen zu haben, um über einen organisierten Drogenlieferservice Cannabis, MDMA (auch bekannt als Ecstasy) und die synthetische Droge 2C-B gewinnbringend an Kunden im Hamburger Stadtgebiet zu verkaufen. Der erste Prozesstag um sogenannte Drogentaxis lief allerdings anders als geplant – wegen eines richterlichen Fehlers.

Drogentaxis in Hamburg: Richter begeht Fehler und muss Verhandlung verschieben

So waren für den Auftakt drei Programmpunkte geplant: Verlesen der Anklageschrift, Vernehmung von drei Zeugen und die Aussage des Angeklagten M. Doch direkt zu Beginn des Prozesses musste der Vorsitzende Richter eingestehen: „Aufgrund eines Fehlers, den ich verursacht habe, können wir den ursprünglichen Plan nicht umsetzen.“

Er habe vergessen, die Anklageschrift dem in Belgrad geborenen Angeklagten in serbischer Sprache übersetzen und zukommen zu lassen. Aufgrund dieses Fehlers habe sich der 39-Jährige nicht auf seine Verteidigung und seine Strategie vorbereiten können, so der Richter. Das solle nun so schnell wie möglich nachgeholt werden, damit die Hauptverhandlung in Kürze beginnen könne.

Hamburger Drogentaxi soll mit sechs Fahrern agiert haben

Zumindest ein Punkt auf der Liste konnte vor dem Hamburger Landgericht umgesetzt werden. Dem Angeklagten wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, als „Mitglied einer Bande“ gehandelt zu haben. Laut Anklageschrift erfolgte der Vertrieb der Drogen über ein ausgeklügeltes System: Die Kunden bestellten Betäubungsmittel mit Angabe der jeweiligen Lieferadresse über eine Person, die als „Zentrale“ fungierte. Diese leitete die Bestellungen und Lieferadressen per Messenger-Dienst wie beispielsweise Signal an sechs Fahrer weiter, unter ihnen auch der Angeklagte M. Die Kommunikation soll dabei auch über Partyemojis erfolgt sein, so die zuständige Staatsanwältin.

drug dealer selling portions of heroine
Der Angeklagte M. soll als „Mitglied einer Bande“ Betäubungsmittel per Drogentaxi im Hamburger Stadtgebiet verkauft haben. © Getty Images/iStockphoto | Luka Lajst

Die Fahrer, die zuvor von einem weiteren Bandenmitglied vorbereitete und portionierte Bestellungen erhalten haben sollen, lieferten die Drogen anschließend per Pkw oder Fahrrad an die Kunden aus. Der Angeklagte M. soll im Rahmen dieses Geschäftsmodells nicht nur die Betäubungsmittel per Drogentaxi ausgeliefert haben, sondern auch für die Abrechnung und Buchhaltung sowie die Ausstattung der Fahrer verantwortlich gewesen sein.

Dabei nutzten die mutmaßlichen Täter ein Lager, in dem sie eine große Menge an Drogen vorhielten: unter anderem etwa 1,5 Kilogramm Marihuana, aufgeteilt in 426 Verkaufseinheiten zu jeweils 3,5 Gramm, sowie ein weiteres Kilogramm Marihuana. Zudem wurden zwölf Verkaufseinheiten mit jeweils fünf Gramm Haschisch, 26 Verkaufseinheiten mit je zehn Tabletten Ecstasy/MDMA und zwölf Verkaufseinheiten der chemischen Substanz 2C-B sichergestellt.

Drogenhandel in Hamburg: Angeklagter will aussagen

Die Staatsanwaltschaft wirft M. vor, in der Beckstraße einem Kunden knapp fünf Gramm Marihuana „gewinnbringend, aber zu unbekanntem Preis“ verkauft zu haben. Bei dieser Gelegenheit führte er laut Anklageschrift weitere 16 Druckverschlussbeutel mit insgesamt 77 Gramm Marihuana sowie sechs Beutel mit rund 20 Gramm Marihuana zum Verkauf mit sich. Als Drogentaxi soll M. dafür einen Audi A3 genutzt haben. Der Käufer soll im Prozess noch als Zeuge aussagen.

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Nachdem der 39-Jährige eine übersetzte Anklageschrift erhalte, werde er sich laut seinem Anwalt zu den Vorwürfen äußern. „Es wird eine Einlassung zur Sache erfolgen, die weitestgehend geständig sein wird.“

Die Verhandlung wird am 5. September fortgesetzt.