Hamburg. Arbeitslosigkeit, Scheidung und Inflation treiben Menschen in die Schuldenspirale. Dabei gibt es regionale Unterschiede, wie neue Daten zeigen.

Die Inflation in Deutschland treibt Menschen zunehmend in die Überschuldung. Das geht aus neuen Daten des Statistischen Bundesamtes, des Überschuldungsreports 2023 vom Institut für Finanzdienstleistungen (iff) und der Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungsstellen der Fachverbände (AG SBV) hervor.

Besonders hohe Werte der Überschuldungsintensität weisen im Jahr 2022 neben dem Saarland auch Rheinland-Pfalz und Bayern auf. Dort betrug die durchschnittliche Schuldenhöhe jeweils das 28-Fache des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens.

Überschuldung im deutschen Vergleich: So schneiden die Hamburger ab

Die niedrigsten Werte hatten Hamburg sowie Mecklenburg-Vorpommern mit dem Faktor 22. Während die Schuldensumme in Hamburg durchschnittlich 25.607 Euro beträgt, liegt sie in Bayern bei 36.289 Euro.

Wie aus dem von Creditreform herausgegebenen Schuldneratlas 2022 hervorgeht, waren in Hamburg im Jahr 2021 rund 130.000 Menschen überschuldet. Laut Auskunftei Creditreform sind in Deutschland insgesamt sogar rund sechs Millionen Menschen überschuldet, das ist jeder zehnte Erwachsene.

Überschuldung meint die Zahlungsunfähigkeit in einem längeren Zeitraum. Sie tritt ein, wenn jemand nicht mehr in der Lage ist, seine laufenden Rechnungen zu bezahlen. Ursache ist oft eine Verkettung problematischer Lebensereignisse wie Trennung, Scheidung, Arbeitslosigkeit oder längere Krankheit, heißt es bei der Caritas Deutschland.

Hamburg im Deutschland-Vergleich: Was versteht man eigentlich unter Überschuldung?

Betroffen sind auch in Hamburg vor allem alleinerziehende Mütter und Väter sowie allein lebende Männer. Das belegt unter anderem der iff-Überschuldungsreport 2023. Schulden würden, heißt es darin, gesellschaftlich oftmals mit „Schuld haben“ bewertet. Tatsächlich handele es sich um Gründe, auf die Betroffene kaum Einfluss hätten. Dazu zählt Arbeitslosigkeit, die mit 19,72 Prozent nach wie vor häufigster Auslöser für Überschuldung ist.

Auch unvorhersehbare Ereignisse wie Krankheit (12,93 Prozent) oder Scheidung/Trennungen (10,22 Prozent) können zu finanziell schwierigen Situationen führen. Beide Faktoren hätten in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen.

Schulden in Hamburg: Sorge um hohe Energiepreise erhöht Beratungsbedarf

Zusätzlich verschärften die gestiegenen Energiepreise die Finanzsituation vieler Menschen mit ohnehin schon knappen wirtschaftlichen Ressourcen. Mit der hohen Inflation in Deutschland steigt laut einer Umfrage der Beratungsbedarf in Schuldnerberatungsstellen. Zwei Drittel der befragten gemeinnützigen Schuldnerberatungsstellen berichteten von einer höheren Nachfrage als vor sechs Monaten. Bei einem Fünftel von ihnen stieg den Angaben zufolge die Nachfrage sogar um mehr als 30 Prozent.

„Unsere Zahlen zeigen: Immer mehr Menschen brauchen Rat, weil das Geld nicht reicht“, sagte Roman Schlag, Referent für Schuldnerberatung für die Caritas und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungsstellen der Verbände (AG SBV). Die Einkommen hielten nicht mit der Inflation Schritt. „Für alle, die davor schon gerade so über die Runden kamen, ist das fatal“, betonte er.

Jetzt trifft es zu einem großen Teil die Erwerbstätigen

In fast der Hälfte der Beratungsstellen kamen laut Umfrage mehr Ratsuchende wegen Energieschulden als Ende 2022. In einem Viertel der Beratungsstellen sind die Anfragen wegen Mietschulden gestiegen. Unter den Ratsuchenden waren demnach in 46 Prozent der Beratungsstellen mehr Erwerbstätige als noch vor sechs Monaten.

Was vor Überschuldung schützen könne, sei frühzeitige Beratung, erklärte die Arbeitsgemeinschaft. In Deutschland hätten aber nicht alle, die es bräuchten, Zugang zu einem solchen Angebot. Mancherorts dürften sich nur Empfängerinnen und Empfänger von Sozialleistungen an eine Schuldnerberatungsstelle wenden.

Diese Hilfe gibt es in Hamburg bei Energiesperre

Bei einer angekündigten oder bereits eingetretenen Energiesperre können Hilfe suchende Hamburgerinnen und Hamburger mit einem niedrigen Einkommen und einem geringen Vermögen, bei denen die gesetzlichen sozialen Sicherungssysteme nicht greifen, durch Leistungen aus einem Härtefallfonds der Freien und Hansestadt Hamburg eine finanzielle Unterstützung erhalten.

Dieser Fonds sieht vor, dass in solchen Härtefällen die Energieschulden einmalig erlassen werden können, um die Energiesperre zu verhindern beziehungsweise aufzuheben. Die öffentlich geförderten Schuldnerberatungsstellen sind vom 1. Dezember 2022 an beauftragt, die Voraussetzungen für eine Unterstützung aus dem Härtefallfonds zu prüfen. Weitere Informationen zum Härtefallfonds und den Anspruchsvoraussetzungen finden Sie unter www.hamburg.de/haertefallfonds.