Hamburg. In spätestens zehn Jahren sollen alle Achtklässler programmieren können. Warum es bis dahin noch ein weiter Weg ist.

Kreidetafel und Overheadprojektor waren gestern, heute sollen Whiteboard und Tablets das Klassenzimmer prägen – so zumindest der Wunsch. Nicht alle Schulen in Hamburg sind trotz Digitalpakts auch auf die digitale Welt vorbereitet, ebenso wenig die Schülerinnen und Schüler. 40 Prozent der deutschen Achtklässlerinnen und Achtklässler haben lediglich rudimentäre digitale Kompetenzen.

Das bedeutet: Sie können nicht gezielt nach Informationen im Internet suchen, lediglich Computer ein- und ausschalten und einfache Programme öffnen. Zu diesem Ergebnis kommt die International Computer and Information Literacy Study (Icils).

Hamburger Stadtteilschule bereitet Schülerschaft auf digitale Zukunft vor

Hamburger Schülerinnen und Schüler sollen deshalb für die digitale Zukunft fit gemacht werden: Spätestens ab 2030 will die Hacker School, eine gemeinnützige Hamburger Organisation, jährlich alle achten Klassen mit Programmierkursen erreichen. Doch noch steht das Projekt vor Hindernissen: Es brauche Unterstützer aus der Unternehmenswelt, langfristige politische Entscheidungen und Schulen, die sich für das Projekt begeistern, so die Initiatoren.

Eine davon ist die Stadtteilschule am Heidberg. Künstliche Intelligenz (KI) ist laut Schulleiter Philipp Semerak Fluch und Segen zugleich. „Es geht darum, die Schüler im Lernen zu begleiten.“ Und auch darum, ihnen zu zeigen, wie sie Ergebnisse von KI bewerten und einordnen können.

ChatGPT kann den Zitronensäurezyklus erklären und auch eine tolle Präsentation erstellen, aber Schüler müssen es trotzdem auch verstehen“, sagt Semerak. Der achte Jahrgang der Stadtteilschule in Hamburg-Langenhorn könne teilweise mehr als „Klicken und wischen“ wie in der Studie angegeben, dennoch stimmt der Schulleiter den Ergebnissen zu. Ausschlaggebend sei vor allem das Alter: Mit 14 oder 15 Jahren sei man oft mit anderen Dingen beschäftigt, als Themen im Kern zu verstehen.

Schule Hamburg: Kinder und Jugendliche für Berufe in der IT begeistern

Gerade in diesem Alter sei es aber wichtig, digitale Kompetenzen zu stärken, meint Julia Freudenberg, CEO der Hacker School. „In der achten Klasse beginnt die Berufsorientierung: Ich möchte, dass jedes Kind einmal programmiert hat, bevor es sich für einen Beruf entscheidet“, so Freudenberg. Ängste und Vorurteile würden so abgebaut. „Kinder sollen auf Berufe aufmerksam gemacht werden, die wichtig sind, für die heutige Zeit.“

Future Skills für Hamburgs Jugend
Die Hamburger Initiative Hacker School will Schülerinnen und Schüler fit für die digitale Zukunft machen. CEO Julia Freudenberg spricht bei Veranstaltung als Avatar. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Auch die Studie Icils unterstreicht diese Annahme: Jugendliche mit geringen digitalen Fähigkeiten können Schwierigkeiten haben, am heutigen digitalen Leben teilzuhaben – und auch später im Beruf.

Stadtteilschule am Heidberg bietet „iPad-Führerschein“ an

Semerak versucht, seine Schützlinge genau darauf vorzubereiten. So haben fast alle Schülerinnen und Schüler ein iPad, können dafür einen extra „Führerschein“ machen.

Das Fach Informatik ist an der Hacker-School-Kooperationsschule schon seit Längerem verpflichtend – im Schuljahr 2025/26 soll es an allen weiterführenden Hamburger Schulen zum Pflichtfach werden.

Schulen: Hamburg steckt mehr als 100 Millionen Euro in digitale Ausstattung

Der Bund hat seit 2019 insgesamt 6,5 Milliarden Euro über den „Digitalpakt Schule“ in die digitale Infrastruktur an Schulen investiert. Hamburg konnte laut Schulbehörde 114 Millionen Euro in die Anschaffung von Tablets, Beamer und anderen digitalen Geräten stecken.

Die Hansestadt hat als eines der ersten Bundesländer die Mittel des Digitalpakts abgerufen, Semerak sei als einer der Ersten für seine Schule aktiv geworden: „Sofort als der Digitalpakt kam und die Gelder bewilligt waren, haben wir zugeschlagen.“

Philipp Semerak, Schulleiter der Stadtteilschule am Heidberg in Hamburg.

„Es ist gerade unsere Aufgabe, so Bildungsgerechtigkeit herzustellen.“

Philipp Semerak
Schulleiter Stadtteilschule am Heidberg

Mit den Fördermitteln will der Schulleiter soziale Ungerechtigkeiten an seiner Schule ausgleichen. Vor allem Kinder und Jugendliche einkommensschwacherer Familien werden laut Studie digital abgehängt. „Es ist gerade unsere Aufgabe so Bildungsgerechtigkeit herzustellen“, so Semerak.

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Die Hacker School erreicht in diesem Jahr deutschlandweit rund 25.000 Schülerinnen und Schüler mit Programmierkursen, so Julia Freudenberg. Bis 2035 sollen eine Million Kinder Hacken lernen. Das Problem: „Ehrenamtliches Engagement in Unternehmen zu mobilisieren, ist viel komplexer als angenommen.“

Doch das brauche es, um digitale Bildung in Deutschland zu verändern, sagt die CEO der Hacker School. Es brauche personelle und finanzielle Unterstützung. „Unternehmen sind unmittelbar vom Fachkräftemangel betroffen, sie müssten allein aus Selbstschutz reagieren“, fordert Freudenberg.