Hamburg. Manche einst großen Themen sind den Hamburgern kaum noch wichtig. Dafür geht ihnen ein Problem mit Abstand am stärksten auf die Nerven.

Im US-Wahlkampf von Bill Clinton im Jahr 1992 gab es diesen legendären Spruch, der ihm von seinen Strategen immer wieder eingehämmert wurde: „It‘s the economy, stupid!“ Also auf Deutsch etwa: „Es geht um die Wirtschaft, Dummkopf!“ Damit wollten seine Berater Clinton dazu bringen, immer und bei jeder sich bietenden Gelegenheit über die Wirtschaft zu sprechen, denn das sei das Thema, das die Amerikaner mit Abstand am meisten umtreibe.

Müsste man diese Methode auf den anstehenden Bürgerschaftswahlkampf in Hamburg anwenden, dann stünde ein ganz anderes Thema im Vordergrund. Die Opposition müsste sich selbst immer wieder sagen: „Es ist der Verkehr, Dummkopf!“ Denn kein anderes Thema beschäftigt die Hamburgerinnen und Hamburger offenbar so sehr wie Staus, Baustellen, ausfallende Busse und Bahnen, marode Straßen oder Radwege oder die Situation am Hauptbahnhof. In der vom Abendblatt beauftragten Forsa-Umfrage jedenfalls nannten 80 Prozent der Befragten den Verkehr als größtes Problem in Hamburg.

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Dabei konnten die 1017 vom 24. bis 28. Oktober 2024 online befragten Wahlberechtigten jeweils drei Themen frei nennen, die sie in Hamburg für besonders problematisch halten. Nach dem Spitzenreiter Verkehr folgte dabei die Lage am Wohnungsmarkt, die von 49 Prozent als Problem benannt wurde – kein Wunder, sind die Wohnungsbauzahlen zuletzt doch deutlich eingebrochen. Auf Platz drei rangiert der Bereich „Ausländer, Flüchtlinge“ mit 22 Prozent.

Verkehr Hamburg: Es bleibt das wichtigste Thema für die Menschen – auch zur Bürgerschaftswahl 2025

Verglichen mit einer identischen Befragung aus dem Jahr 2020 hat sich die Bedeutung des Themas Verkehr allerdings leicht abgeschwächt. Damals nannten es noch 86 der Befragten, auch beim Wohnungsthema waren es mit 56 Prozent etwas mehr als heute. Deutlich abgenommen hat die Bedeutung des Themas Bildung. Lag es 2020 mit 18 Prozent noch auf Platz drei, so ist es bei der aktuellen Befragung mit einer Nennung von nur noch neun Prozent der Befragten auf Platz acht abgerutscht.

Auch der Klimawandel ist den Menschen weniger wichtig geworden. Lag das Thema mit 16 Prozent vor vier Jahren noch auf Platz vier, so ist es mit jetzt nur noch elf Prozent auf den siebten Platz abgerutscht. Auf Platz vier der aktuellen Themenrangliste steht mittlerweile der Bereich „Soziale Probleme, Armut“ (18 Prozent), gefolgt von „Kriminalität, Gewalt“ (16 Prozent) und gleichauf der „ökonomischen Lage“ (16 Prozent).

Wirtschaft Hamburg: Das Thema ist bei der Bürgerschaftswahl 2025 deutlich wichtiger als noch 2020

Gerade die Wirtschaftslage hat in der Bedeutung sehr stark dazugewonnen, bei der Befragung im Jahr 2020 rangierte sie mit gerade einmal zwei Prozent Nennungen ganz am Ende. Themen wie Hafen, Verödung des Zentrums, mangelnde Sauberkeit, Rechtsextremismus und Gesundheitsversorgung spielen für die Hamburgerinnen und Hamburger auch weiterhin eine eher untergeordnete Rolle (siehe Grafik).

Schaut man sich die Parteipräferenzen an, so gibt es bei den Themenschwerpunkten erwartbare Unterschiede. So rangiert für AfD-Anhänger das Thema Ausländer/Flüchtlinge mit 60 Prozent noch vor dem Verkehr mit 44 Prozent und der Kriminalität/Gewalt mit 38 Prozent. Für CDU-Anhänger ist das Verkehrsthema mit 85 Prozent extrem wichtig, ebenso für die Grünen-Anhänger mit 86 Prozent.

Flüchtlinge Hamburg: Immer mehr Menschen machen sich Gedanken zu dem Thema

Während für CDU-Anhänger das Thema Ausländer/Flüchtlinge mit 43 Prozent Nennungen auf Platz zwei rangiert, landet es bei den potenziellen Grünen-Wählern mit anderen Themen zusammen auf Platz sechs. Bei ihnen steht dafür das Thema Klimawandel nach Verkehr und Wohnen auf Platz drei der wichtigsten zu lösenden Probleme.

Die SPD-Anhänger nennen die wichtigsten Probleme zunächst in der Reihenfolge aller Hamburgerinnen und Hamburg: Verkehr (73 Prozent) vor Lage am Wohnungsmarkt (54), Ausländer/Flüchtlinge (20) und Soziale Probleme/Armut (19). Das Thema Kriminalität/Gewalt ist ihnen aber mit acht Prozent weniger wichtig als die ökonomische Lage (15). Den Klimawandel haben nur fünf Prozent der SPD-Anhänger als eines ihrer drei wichtigsten Probleme genannt. Dafür nennen die Freunde der Genossen zu immerhin zwölf Prozent den Hafen, mehr als alle anderen Parteianhänger. Ein Beleg mehr für die starke Hafenbindung der SPD.

Politiker und Parteien genießen in Hamburg einen vergleichsweise guten Ruf

Interessant: „Im Gegensatz zu manch anderen Regionen äußern mit sechs Prozent vergleichsweise wenige Hamburger Unmut über Parteien und politische Akteure“, heißt es in der Forsa-Umfrage. Das spricht dafür, dass Politiker und Parteien in der Hansestadt nach wie vor einen guten Ruf haben.

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Das ist freilich nicht in allen politischen Lagern so. Bei den AfD-Anhängern haben immerhin 23 Prozent das Thema Politiker/Parteien als eines der drei größten Probleme in Hamburg benannt. Bei CDU-Anhängern sind es immerhin noch elf Prozent, bei den SPD-Anhängern drei und bei denen der Grünen nur ein Prozent.

Verkehr Hamburg: Baustellen wegen der Wahl verschieben? Wohl kaum!

Eines ist bei all dem klar: Der Verkehr dürfte im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf eine ganz zentrale Rolle spielen. Es soll übrigens mal Zeiten gegeben haben, in denen Senate dafür sorgten, dass kurz vor Wahlen erst einmal eine Art inoffizielle Baupause eingeführt wurde, um die Wähler nicht mit zu viel Staus zu nerven. Aber so etwas wäre natürlich hochgradig unprofessionell – und außerdem lässt sich angesichts des Sanierungsstaus heutzutage wohl kaum noch eine Baustelle guten Gewissens verschieben.