Hamburg. In der Umfrage für das Abendblatt liegt die CDU vorn. Was das für die anderen Parteien bedeutet und wie es bei der Hamburg-Wahl aussieht.
- Bei einer Bundestagswahl läge die CDU in Hamburg vor Sozialdemokraten und Grünen
- AfD in der Hansestadt im Bundesvergleich relativ schwach
- Forsa befragte Hamburger im Oktober, also vor dem Aus der Ampel-Koalition: Es ist das aktuellste Stimmungsbild aus der Hansestadt
Dieses Ergebnis kann der SPD nicht gefallen: Bei der Bundestagswahl würden die Hamburgerinnen und Hamburger die Sozialdemokraten voraussichtlich für die Politik der Ampel-Regierung abstrafen: Statt wie bei der Bundestagswahl 2021 stärkste Kraft in der Stadt zu werden, würde die SPD aktuell hinter der CDU (Platz 1 mit 25 Prozent) und den Grünen (22 Prozent) nur noch auf Platz drei (21 Prozent) landen. Das geht aus einer exklusiven Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Hamburger Abendblatts hervor.
Dafür wurden die Hamburgerinnen und Hamburg allerdings vor dem Bruch der Ampel-Koalition vom 24. bis zum 28. Oktober online befragt. Es ist das aktuellste Stimmungsbild aus der Hansestadt. Bei der Sonntagsfrage zur Bundestagswahl erzielten bei dieser Umfrage die FDP 4 Prozent, die Linke 6 Prozent und die AfD 8 Prozent.
Umfrage: SPD bei Bürgerschaftswahl stärker als bei Bundestagswahl
Was der SPD hingegen gefallen dürfte: Stünde in diesen Tagen die Bürgerschaftswahl an – tatsächlich gewählt wird in gut vier Monaten –, läge die Partei um ihren Spitzenkandidaten Peter Tschentscher weiter mit klarem Abstand auf Platz 1. Laut der Abendblatt-Umfrage käme die SPD bei der Hamburg-Wahl auf 30 Prozent. Das entspricht einem Minus von gut neun Prozentpunkten gegenüber der Bürgerschaftswahl im Februar 2020.
Trotzdem könnte sich die SPD den Partner vermutlich aussuchen. CDU und Grüne kommen in der Umfrage jeweils auf 21 Prozent. Die CDU um ihren Spitzenkandidaten Dennis Thering würde damit ihr desaströses Ergebnis von 11,2 Prozent nahezu verdoppeln, die Grünen um die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank kämen mit leichten Verlusten davon.
Bundestag, Bürgerschaft – so würde Hamburg jetzt wählen
Die Parteien mit einstelligem Ergebnis, also AfD, Linke, FDP und BSW, schneiden in beiden Fragen zur Wahlabsicht nahezu identisch ab, egal, ob das Meinungsforschungsinstitut Forsa nach der Präferenz für die Hamburg-Wahl oder für die Bundestagswahl fragt. So käme die AfD auf acht Prozent, die Linke auf fünf bzw. sechs Prozent, die FDP auf vier und das BSW auf vier bei der Bürgerschafts- und fünf bei der Bundestagswahl.
Forsa hat 1017 repräsentativ ausgewählte Hamburgerinnen und Hamburger in der Zeit vom 24. bis zum 28. Oktober online befragt. Dabei wurde bei der Sonntagsfrage auch das BSW berücksichtigt, obwohl noch unklar ist, ob die Wagenknecht-Partei überhaupt eine Hamburg-Liste zusammenbekommt.
Wiedereinzug der Linken auf der Kippe, FDP und BSW draußen
Befragt nach ihren Wunschkonstellationen, sprechen sich 40 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger für eine Neuauflage des rot-grünen Bündnisses aus. 20 Prozent halten Rot-Schwarz für die richtige Option, neun Prozent plädieren für Grün-Schwarz. Blickt man nur auf die SPD-Anhänger, so halten 64 Prozent die bestehende Koalition für die beste Wahl, 27 Prozent votieren für einen Wechsel in ein Bündnis mit der CDU. Unter den Anhängern der Grünen ist das Ergebnis noch klarer: 79 Prozent sagen Ja zu Rot-Grün, aber nur 16 Prozent sind für Grün-Schwarz.
Der Wiedereinzug der Linke in die Bürgerschaft steht mit fünf Prozent auf der Kippe. Sollte es die Partei ins Parlament schaffen, hätte eine grün-schwarze Koalition bei dem von Forsa ermittelten Ergebnis rechnerisch keine Mehrheit. Sollten aber neben dem BSW und der FDP auch die Linke knapp an der Fünfprozenthürde scheitern, könnten die 42 Prozent von CDU und Grünen für eine Regierung im Rathaus genügen.
Hamburg galt eigentlich als Stimmungsbarometer für die Bundestagswahl im September
Die Wahl Anfang März ist nicht einfach nur eine Hamburg-Wahl. Oder eine Landtagswahl unter vielen. Sie fällt nach dem Ampel-Aus zeitlich absehbar mit den Neuwahlen zum Bundestag zusammen und dürfte von ihr beeinflusst werden. Gut möglich, dass die Hamburger CDU bei der Bürgerschaftswahl davon profitiert. Ursprünglich war die einzige Landtagswahl 2025 in Deutschland als Barometer für die politische Stimmung im Land für die reguläre Bundestagswahl im September 2025 gesehen worden. So wollten die Parteien hier im Wahlkampf nahezu alles auffahren, was sie zu bieten haben: einen Bundeskanzler, einen Wirtschaftsminister, einen Finanzminister, Parteichefs, Abgeordnete, Unterstützer. Durch die vorgezogenen Neuwahlen ist alles jetzt anders.
Olaf Scholz im Hamburger Wahlkampf willkommen
Peter Tschentscher wollte auch auf den Scholz-Bonus als Berliner Regierungschef und ehemaliger Hamburger Bürgermeister setzen. „Er ist ein sehr guter Kanzler“, sagte Tschentscher erst kürzlich.
Ist Olaf Scholz das tatsächlich? Viele Hamburgerinnen und Hamburger teilen Tschentschers Einschätzung offensichtlich nicht. Zumindest widerspricht die Abendblatt-Umfrage zum Wahlverhalten der Hamburger bei der nächsten Bundestagswahl der These des Bürgermeisters. Die Forsa-Erhebung bestätigt hingegen eine Hamburgensie: Danach erreicht die SPD bei Bürgerschaftswahlen (und in Umfragen zu deren Ausgang) meist deutlich bessere Ergebnisse als bei Bundestagswahlen. So wie auch jetzt wieder. Forsa-Chef Manfred Güllner spricht angesichts der Abweichungen zwischen Bürgerschafts- und Bundestagswahl denn auch von einem „Hamburg-Bonus“, den die SPD hier genieße.
Rot-Grün regiert seit 2015 in Hamburg, als Bürgermeister Olaf Scholz mit gut 45 Prozent der Stimmen nur knapp die absolute Mehrheit für die SPD verfehlte und ein Bündnis mit den Grünen einging. Was er davon hielt, machte er Scholz-typisch in einem Satz deutlich: Das rote (Rat-)Haus bekomme jetzt halt einen grünen Anbau.
Vor fünf Jahren deutete sich ein Zweikampf an
Grüner Anbau statt schwarzem Umbau. Wie viele in seiner Partei tendiert Bürgermeister Tschentscher aktuell zu einer Neuauflage der rot-grünen Koalition, jedenfalls sagt er das öffentlich. Man regiere weitgehend geräuscharm und harmonisch, heißt es. Hinzu kommt: Tschentschers größter Nervfaktor, Umweltsenator Jens Kerstan, verabschiedet sich in den politischen Ruhestand. Die CDU wiederum erscheint dem Bürgermeister als zu laut, zu wenig konstruktiv und zu wenig staatstragend.
Anders als bei der aktuellen Abendblatt-Umfrage mit klaren Abständen zwischen der SPD und der Konkurrenz hatte sich im Vorfeld der Bürgerschaftswahl 2020 ein Zweikampf angedeutet. Im Winter 2019/2020 schien zunächst ein „Duell“ auf Augenhöhe zwischen Amtsinhaber Peter Tschentscher und seiner Stellvertreterin Katharina Fegebank möglich. Nie war es angesagter, für den Schutz des Klimas und gegen die Erderwärmung auf die Straße zu gehen. Nie waren die Grünen breiter in der Gesellschaft verankert als in den Wochen vor der Wahl. Selbstbewusst und vom eigenen Höhenflug in der Glanzzeit der Fridays-for-Future-Bewegung getragen, hatten die Grünen Katharina Fegebank 2020 als Bürgermeisterkandidatin ins Rennen geschickt. Der Traum von der ersten grünen Ministerpräsidentin eines Bundeslandes erschien vielen Anhängern der Partei damals real.
62 Prozent kennen den Wahltermin für die Bürgerschaftswahl in Hamburg nicht
Zwar holten die Grünen ein sattes Plus von 11,9 Prozentpunkten gegenüber 2015, doch der Traum von einer Ersten Bürgermeisterin Katharina Fegebank zerplatzte. Statt des Kopf-an-Kopf-Rennens lag die SPD schließlich satte 15 Prozentpunkte vor den Grünen.
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Übrigens: Nur etwas mehr als jede dritte Hamburgerin und jeder dritte Hamburger wussten, zumindest im Oktober, dass die Bürgerschaftswahl im März 2025 ansteht. Auch das geht aus der Forsa-Umfrage für das Hamburger Abendblatt hervor. In der Gruppe der 16- bis 29-Jährigen weiß das sogar nur jeder Fünfte. Politisch deutlich besser auf Zack sind die Menschen über 60. Hier haben immerhin 43 Prozent von der anstehenden Wahl gehört. Unter den Anhängern der Parteien schneiden die der Grünen und der Linken besonders schlecht ab. Hier wissen nur 22 Prozent (Linke) bzw. 26 Prozent (Grüne) vom anstehenden Urnengang.
Der ist am 2. März – hätten Sie’s gewusst?