Hamburg. Handchirurgie, Bauch-OPs und Geburten: Agaplesion Diakonieklinikum ist bereits spezialisiert. Was ändert sich in Eimsbüttel mit der Krankenhausreform?

  • Die Krankenhausreform von Gesundheitsminister Lauterbach lässz die kleinen Kliniken ratlos zurück
  • Das Agaplesion Diakonieklinikum in Hamburg ist längst spezialisiert
  • Ärzte und Geschäftsführung sorgen sich um die medizinische Versorgung

In Hamburgs Krankenhäusern werden in diesen Tagen offene und verdeckte Personalgespräche geführt. Ärztinnen und Ärzte wollen von ihren Klinikmanagern wissen: Gibt es mich hier morgen noch? Oder sollte ich mich schon mal wegbewerben? Das „Hamburger Ärzteblatt“ genau studieren, vor allem auf den hinteren Seiten mit den Stellenangeboten? Die Familie auf einen Umzug einstellen?

Die als „Revolution“ von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Krankenhausreform wird persönliche, private Begleiterscheinungen haben. Einige sagen, es seien Kollateralschäden. Wie weit die Bundesländer diesen Weg mitgehen, darunter Hamburg mit der Verhandlungsführerin Melanie Schlotzhauer (SPD), muss sich zeigen. Gut möglich, dass Lauterbachs Krankenhausgesetz im Bundesrat zumindest zeitlich gestoppt wird. Einige Krankenhäuser werden die Reform nicht überleben, einige vorher aufgeben müssen. Das ist gewollt, um medizinische Leistungen zu konzentrieren und dadurch die Qualität zu erhöhen und die Kosten zu drücken.

Krankenhaus Hamburg: Bringt Lauterbachs Reform Zusammenlegungen?

In Hamburg, das hat Schlotzhauer versprochen, will man selbstbewusst die neuen Vorgaben umsetzen – mit eigener Planung und allen bestehenden Häusern. Doch Verschiebungen bei den sogenannten Leistungsgruppen wird es geben. Ein Beispiel: Eine Klinik macht jetzt x Bauchoperationen. Um das in Zukunft noch im eigenen Haus anbieten zu können, könnten das 20 Eingriffe zu wenig sein. Also müsste die Abteilung dichtmachen. Operationen weg, Ärzte weg – auch so lässt sich ein ansonsten funktionierendes Haus in einer Medizinhochburg ausbluten.

Jörn Wessel ist Geschäftsführer des Agaplesion Diakonieklinikums in Hamburg Eimsbüttel. Das Krankenhaus ist ein Zusammenschluss von Alten Eichen, Bethanien und Elim an der Hohen Weide.
Jörn Wessel ist Geschäftsführer des Agaplesion Diakonieklinikums in Hamburg Eimsbüttel. Das Krankenhaus ist ein Zusammenschluss von Alten Eichen, Bethanien und Elim an der Hohen Weide. © Agaplesion | Heike Roessing & Mirko Eckhardt

Doch schwarzsehen – das wollen Hamburger Krankenhausmanager nicht. Der Geschäftsführer des Agaplesion Diakonieklinikums an der Hohen Weide, Jörn Wessel, sagte dem Abendblatt: „Die von der Reform geforderte Spezialisierung trifft auf uns bereits zu. Wir haben keine Riesenabteilung Chirurgie, sondern neben unseren Abteilungen Viszeralchirurgie und Unfallchirurgie auch noch Spezialabteilungen wie Plastische Chirurgie, Handchirurgie, Fußchirurgie mit Diabetologie und Gefäßmedizin, dazu eine der größten Gynäkologien in Hamburg.“

Agaplesion Eimsbüttel behauptet sich neben Asklepios und UKE

Das Krankenhaus ist aus der Fusion von Alten Eichen, Bethanien und Elim in Kern-Eimsbüttel entstanden. Mit 385 Betten und einer Notaufnahme sowie einem Medizinischen Versorgungszentrum kann es sich ganz gut gegen die „Dickschiffe“ UKE und Asklepios behaupten. In die spezielle Demenzstation schickt sogar das Uniklinikum seine geriatrischen Patienten in die weitere Nachbarschaft. Wessel: „Und wenn wir in der Gynäkologie eine urologische Fragestellung haben, kooperieren wir dafür mit dem Albertinen-Krankenhaus.“

Auch interessant

Wessel graut vor einer Reform, die am Ende nur „Riesenkliniken“ übrig lässt. Diese Vision nimmt er dem Gesundheitsminister übel. Das kirchlich geprägte Unternehmen Agaplesion sieht sich als „Stadtteilversorger“. Wessel sagte: „Wir sind mit unserem medizinischen Angebot bereits an den Hamburger Krankenhausmarkt angepasst. Lauterbachs Reform wurde von Universitätsexperten entwickelt und könnte uns keinen Spielraum mehr lassen.“ Und er stellt die Gretchenfrage der Reform: Wie sollte das UKE 20.000 Patienten aus Eimsbüttel zusätzlich jedes Jahr aufnehmen? Wie Hamburgs niedergelassene Ärzte die 30.000 ambulanten Patienten des Hauses? „Das geht gar nicht.“

Mehr zum Thema Krankenhaus und Ärzte in Hamburg

Bedroht Lauterbachs „Monsterreform“ Hamburger Krankenhäuser?

Die Verwerfungen für Patienten sieht Wessel sehr kritisch. Ob sich die Versorgung verbessert, wenn die am Reißbrett geplante Reform eins zu eins in Hamburg umgesetzt würde? „Wir machen seit Jahrzehnten Diabetologie und haben uns auf den diabetischen Fuß spezialisiert. Die Durchblutungsstörungen in den Beinen sind weit verbreitet. Unser Gefäßchirurg baut Bypässe, um das wieder in Gang zu bringen, dazu haben wir vier diabetologische Fachärzte.“ In der neuen Lauterbach-Welt bräuchte Agaplesion zusätzlich eine Abteilung Endokrinologie, um die gesamte Leistungsgruppe anbieten zu können. „Das ist doch absurd, weil Endokrinologie absolut nichts mit dem diabetischen Fußsyndrom zu tun hat.“

Agaplesion-Geschäftsführer Wessel müsste das im Prinzip nicht mehr kümmern. Ende des Jahres geht er in Rente, Ursula Störrle-Weiß übernimmt an der Hohen Weide. Doch er ist 1. Vorsitzender der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft. Ihn treibt das größere Bild um. Haben die Bundesländer die Chance, ihre Qualität und Spezialisierung zu behalten? In Hamburg dürften die ersten Auswirkungen der Reform mit neuer Planung Anfang 2026 spürbar werden. Wessel glaubt, dass von den bisherigen Regeln viele in einem noch bürokratischeren Mantel überleben werden: „Reicht es, 30 Därme zu operieren oder müssen es 50 sein? Für diese Fragen hätte man doch keine Monsterreform machen müssen. Da hätte eine kleine Anpassung von Mindestmengen gereicht.“