Hamburg. Einzigartig: Hier gibt es vom Krippenalter an Schwimmunterricht. Obwohl es teuer ist, die Becken zu betreiben, ist das Angebot kostenfrei.

  • In den Kitas von SterniPark gibt es für alle Kinder kostenlosen Schwimmunterricht.
  • Damit leistet der Träger auch einen Beitrag zur Chancengleichheit, sagt die Geschäftsführerin.
  • Mehrere Einrichtungen von SterniPark haben eigene Lehrschwimmbecken.

Jaqueline Niemeck müsste längst Schwimmhäute haben, so viel Zeit verbringt sie im Wasser. Mehr als fünf Stunden täglich hält sie sich im 30 Grad warmen Becken auf –, und zwar beruflich. Niemeck ist Sport- und Schwimmpädagogin beim Kita-Träger SterniPark. Sie gewöhnt Hunderte Kids in Kleingruppen erst ans Wasser, um sie dann im Idealfall bis zum Seepferdchen-Abzeichen zu führen.

Das macht Niemeck nicht in irgendeinem Schwimmbecken, sondern im Kita-eigenen am Berner Heerweg. Denn der Träger SterniPark beschäftigt nicht nur drei eigene Schwimmlehrer, sondern unterhält gleich mehrere Kitas mit „Privatpool“. Das ist in Hamburg einzigartig.

Kita mit Pool: Bei diesem Hamburger Träger ist Badespaß verpflichtend

In den SterniPark-Kitas soll möglichst jedes der derzeit rund 2300 betreuten Kinder noch vor dem Schulbesuch schwimmen lernen, beschreibt Geschäftsführerin Leila Moysich ihre Vision. Die Wassergewöhnung und der Schwimmunterricht sind für die Kinder deshalb erstens komplett gratis und zweitens ein Muss – obwohl die tobend-planschenden Kids unter den Schwimmstunden alles andere als eine typische Pflicht verstehen dürften.

„Die Aussage: ,Wer am Wasser wohnt, fällt nicht rein‘, die stimmt einfach nicht“, sagt Moysich. „Schwimmen ist etwas Elementares und im Zweifel etwas Lebensrettendes. Deswegen möchten wir, dass jedes Kind, das in eine Kita geht, das Schwimmen lernt –, und zwar unabhängig davon, ob die Eltern es sich leisten können. Damit schaffen wir Chancengleichheit.“

Der Träger weiß: Sicherheit im Wasser ist nicht nur eine Frage der Übung, sondern auch des Geldes. Längst nicht alle Eltern könnten privat für Schwimmstunden aufkommen. Die Kosten für einen entsprechenden Kurs liegen in Hamburg oft bei mehreren Hundert Euro. Und abgesehen davon ist es gar nicht so leicht, einen Kurs für die Kleinen zu finden. Teils gibt es erhebliche Wartezeiten.

SterniPark-Kitas: Alle Vorschulkinder gehen einmal die Woche schwimmen

Sämtliche der SterniPark-Vorschulkinder gehen einmal in der Woche schwimmen, und auch für die Jüngeren gebe es feste Schwimmzeiten, auch wenn sich (noch) kein wöchentlicher Rhythmus etablieren konnte, sagt Moysich.

21 Seepferdchen-Abzeichen konnten die Sterrnipark-Schwimmpädagogen in den vergangenen Monaten bereits verleihen – auch für sie ist dieser Moment immer etwas ganz Besonderes, erzählt Jaqueline Niemeck, die zuvor als Fachangestellte für den Bäderbetrieb Schwimmanfänger unterrichtet hat.

Schwimmlehrerin Jaqueline Niemeck mit einem Kita-Kind im Schwimmbecken am Berner Heerweg.
Einige Einrichtungen des Hamburger Trägers SterniPark haben Lehrschwimmbecken für ihre Kita-Kinder. Das regelmäßige Schwimmen ist für die Kids verpflichtend – und für ihre Eltern gratis. Schwimmlehrerin Jaqueline Niemeck macht ihre Aufgabe Freude. © SterniPark | Sternipark

„Viele Kinder lernen das Element Wasser bei SterniPark zum ersten Mal kennen“, sagt die Pädagogin. Deshalb stehe das Schwimmen zu Beginn gar nicht im Vordergrund, sondern zuallererst die Wassergewöhnung und -bewältigung. „Mit unserem kostenlosen Unterricht schaffen wir eine wichtige Grundlage für ihr Leben“, so die Schwimmlehrerin mit Verweis auf die Badeunfälle von Kindern, die sich in Hamburg immer wieder ereignen. „Sicherheit im Wasser ist wirklich das A und O.“

Kita Hamburg: Schwimmstunden schon für Krippenkinder

Für die Schulen, auf die die Kinder später kommen, sind die Schwimmstunden ebenfalls eine Entlastung, sagt Schwimmpädagogin Niemeck. Sie muss es wissen, immerhin hat sie vor ihrer Anstellung bei SterniPark auch im Schulschwimmen gelehrt.

Für das Lehrpersonal sei es äußerst problematisch, wenn viele Kinder einer dritten oder vierten Klasse beim verpflichtenden Schulschwimmunterricht als Nichtschwimmer beginnen. Es bestehe die Gefahr, dass die Menge an Nichtschwimmern die personellen Kapazitäten der Schwimmschulen übersteigt. Besser sei es, wenn sich die Kinder bereits vor Schuleintritt sicher im Wasser bewegen können – im Übrigen auch für ihre Schwimmfähigkeit.

Kinderschwimmen Kitaschwimmen bei Sternipark Kita im Berner Heerweg: Schwimmbecken der Kita
Das Lehrschwimmbecken in der SterniPark-Kita im Berner Heerweg (Farmsen-Berne) hat einen Hubboden. Damit lässt sich die Wassertiefe variieren. © SterniPark | Sternipark

Früh übt sich eben. Deshalb gehen bei SterniPark sogar schon die Krippenkinder planschen. Praktisch: Jaqueline Niemeck kann die Tiefe des Lehrschwimmbeckens im Berner Heerweg je nach Bedürfnis der Kinder anpassen, sodass sie die Kleinsten zunächst bei einer Wassertiefe von nur 15 Zentimetern an das nasse Element gewöhnen kann. Maximal lässt sich der sogenannte Hubboden 1,57 Meter absenken.

Hohe Investitionen: SterniPark baut eigene Lehrschwimmbecken

SterniPark betreibt eigene Becken in der Kita am Berner Heerweg in Farmsen-Berne sowie in der Kita an der Nienhagener Straße in Rahlstedt. In der Bahrenfelder Mendelssohnstraße befindet sich zudem ein Lehrschwimmbecken, das der Träger von der Stadt übertragen bekommen hat. Kitas am Saseler Weg (Volksdorf) und im Baakenhafen (HafenCity, Eröffnung im Dezember) sollen in Kürze eigene Schwimmbecken bekommen. Die Kinder aller weiteren Einrichtungen des Trägers besuchen wöchentlich eine der „Kitas mit Pool“.

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„Die Kosten für den Neubau eines Schwimmbads liegen bei rund einer halben Million Euro – städtische Unterstützung bekommen wir dafür nicht, aber SterniPark ist es ein Herzensanliegen, dass jedes Kind in Hamburg die Möglichkeit bekommen soll, schwimmen zu lernen“, sagt Moysich.

Kita-Schwimmen steht im Hamburger Koalitionsvertrag

Die SterniPark-Geschäftsführerin betreibt einen enormen Aufwand, um möglichst vielen Kindern Sicherheit im Wasser zu vermitteln. Das hängt auch mit ihrer Unzufriedenheit darüber zusammen, dass die Politik das Thema zuletzt weitgehend brachliegen ließ. Im Hamburger Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen von 2020 bekunden die Parteien nämlich, sie wollen „das Konzept zum Kita-Schwimmen so weiterentwickeln, dass Kitas ein besseres Angebot für Schwimmzeiten gemacht werden kann. Außerdem wollen wir prüfen, ob und wie wir Kitas in besonderen Lagen beim Bau eigener Lehrschwimmbecken unterstützen können“.

Auf Unterstützung aus der Politik habe Moysich aber bislang nicht zählen können. Es habe sich in dieser Legislaturperiode nichts getan in puncto Kita-Schwimmen. „Man muss sich entscheiden, ob man wirklich will, dass jedes Kind in Hamburg schon in der Kita schwimmen lernt. Und dann muss die Stadt auch die Mittel dafür bereitstellen“, findet Moysich.

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