Hamburg. Gingen alle Hamburger gleichzeitig schwimmen, müssten sich 61.618 Leute in ein Bad quetschen. Wo es eng wird und wo es seit Jahren hakt.

Haben alle Hamburgerinnen und Hamburger dieselbe Chance, nach Feierabend einen Platz am Beckenrand zu ergattern? Nein. Das zeigen aktuelle Zahlen zum städtischen Schwimmbadbetreiber Bäderland: Wollten alle gleichzeitig schwimmen, müssten sich in jedes Bad 61.618 Menschen quetschen. Hamburg sei den Anforderungen einer Millionenstadt beim Thema Schwimmbäder nicht gewachsen – zu diesem Schluss kommt die Links-Fraktion in der Bürgerschaft. Ein Beispiel: In Wandsbek lebten schon jetzt mit Abstand die meisten Menschen. Der Bezirk hat den Angaben des Senats zufolge aber nur die Hälfte, gut 2500 Quadratmeter, der Wasserfläche von Hamburg Nord. Dort ist man mit der frisch sanierten Alsterschwimmhalle und ihren 30.000 Quadratmeter Becken gut versorgt.

Tabelle
Vergleicht man die Wasserflächen zwischen den Bezirken, fällt auf: Alsterdorf hat mit Abstand am wenigsten.

Schwimmbäder in Hamburg: Geschlossen wegen Sanierung

Von den 31 Bädern in Hamburg sind aktuell drei dicht, das MidSommerland in Harburg sogar schon seit mehreren Jahren. Laut Senat wird der Umbau noch bis voraussichtlich 2027 dauern. Für Kinder und Nichtschwimmer hieße das: Auf zum nächsten Bad. Doch es gibt eine ganze Reihe an Sanierungsfällen in der Stadt.

Auf die mehrjährige Schließung in Harburg folgt dann das Schwimmbad auf St. Pauli. Das bleibt den Angaben zufolge von 2025 bis 2026 geschlossen. Dann folgt das Schwimmbad an der Elbgaustraße. Auch die Bartholomäustherme werde weitersaniert; das Schwimmbad Süderelbe voraussichtlich modernisiert und – auch dafür – geschlossen. Weiter schreibt der Senat: „Für das Sommerbad Altengamme werden für 2025 weitere Maßnahmen geprüft.“ Nicht das letzte auf der Liste: Das Naturbad Kiwittsmoor soll in den nächsten Jahren umfangreich saniert werden. Für gut vier Millionen Euro Steuergeld.

Schwimmkurse in Hamburg: Nachfrage übersteigt Angebot

Nachholbedarf gibt es aber auch beim Thema Sicherheit im Wasser. Auf Nachfrage räumt der Senat ein, dass es auch nach der Corona-Pandemie noch Probleme bei Schwimmkursen für Kinder gibt. „Es ist davon auszugehen, dass der Großteil der Schwimmkurse ausgelastet ist und die Nachfrage das Angebot übersteigt“, schreibt er in seiner Antwort von Mitte Juni. 178 Euro kostet der Kurs bei Bäderland. Geht das nicht billiger? Oder gleich für alle Menschen kostenlos? Die meisten Teilnehmenden sind Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren. Also die, die schwimmen lernen sollten.

Für mehr Kurse bräuchte es allerdings nicht nur Geld, sondern auch mehr Wasserfläche. Bedeutet: Umbau. Denn freier Platz ist in Großstädten knapp. Und nicht nur das: Auch Personal fehlt. Für einen Ausbau des Angebots wären „zusätzliche Wasserflächenkapazitäten sowie weiteres Schwimmlehrpersonal notwendig.“ Die Schaffung neuer Wasserflächen werde „stets mitberücksichtigt und wo möglich realisiert“, schreibt die rot-grüne Landesregierung.

Geld und Migration entscheidet übers Schwimmen

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Arm oder reich? Nichtschwimmer oder Schwimmer?

Schwimmfähigkeit der Kinder je nach Nettoeinkommen der Familie. Quelle: DLRG
Schwimmfähigkeit der Kinder je nach Nettoeinkommen der Familie. Quelle: DLRG © DLRG

Ob ein Kind einen Schwimmkurs macht, bestimmt auch der Geldbeutel der Familie. 178 Euro kostet ein Seepferdchen-Kurs bei Bäderland. Das hat Folgen, wie die DLRG in ihrer repräsentativen Elternbefragung 2022 in Erfahrung gebracht hat: „Was uns in der Deutlichkeit überraschte, sind die Unterschiede nach Einkommen“, sagte Präsidentin Ute Vogt. Denn: In armen Familien kann die Hälfte (49 Prozent) der Kinder nicht schwimmen. Dazu zählen Haushalte mit weniger als 2500 Euro netto im Monat. In Familien mit mehr als 4000 Euro Nettoeinkommen können nur zwölf Prozent der Kinder nicht schwimmen. Deshalb mahnte die DLRG-Präsidentin: Schwimmen zu können, dürfe keine Frage des Geldes sein..

MidSommerland geschlossen - „ein ausgewachsener Skandal“

Angesichts der Gesamtsituation sei es geradezu unmoralisch, dass der Senat ein zweites kleines Kombibad für Bergedorf vom Bau Oberbillwerders abhängig mache, so der Linken-Politiker Stephan Jersch. „Und dass die Schließung des MidSommerland-Bades in Harburg bis 2027 dauern soll und man offenbar nicht mal begonnen hat mit dem Umbau, sondern immer noch vor sich hin plant, ist ein ausgewachsener Skandal.“

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Der rot-grüne Senat müsse bei der Bäderplanung „kräftig zulegen“, fordert Die Linke – „und die Grundlagen für seine Schwimmbadpolitik neu gestalten“. Denn: „Alle Hamburgerinnen und Hamburger müssen die Chance haben, im Verein, in der Schule oder privat ausreichend und ganzjährig ortsnahe Schwimmflächen zu nutzen!“