Hamburg. Trotz Kriegs in der Ukraine und Bedrohung durch Putin sind die 33 Schutzräume unbenutzbar – und Pläne für ihre Renovierung gibt es nicht.
- Wie gut wären bei einem Angriff Hamburger geschützt?
- Katastrophenschutz offenbar mangelhaft vorbereitet
- Anfrage an Senat ergibt: Instandhaltung vernachlässigt
Wann es so weit ist, kann heute niemand wissen. Doch die allgemeine Stimmung lässt sich kaum anders interpretieren: Der Katastrophen- oder Verteidigungsfall erscheint im Lichte von Ukrainekrieg und Nahostkonflikt so wahrscheinlich wie seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr. Die politischen Spannungen nehmen weltweit zu.
Sollte es hart auf hart kommen und Hamburg einmal angegriffen werden, könnten Hunderttausende Menschen darauf angewiesen sein, sich schnellstmöglich in Sicherheit zu bringen. Allerdings wurden in den vergangenen Jahren alle 33 Schutzräume für den Krisenfall außer Dienst gestellt. Und wie eine Anfrage der CDU-Politikerin Anna von Treuenfels-Frowein an den Senat zeigt, gibt es derzeit auch keine konkreten Pläne, die Schutzräume zu reaktivieren.
Hamburg: Kein einziger Zivilschutzraum für Krisenfall verfügbar
„Der Krieg ist nach Europa zurückgekehrt. Alle Experten warnen, dass sich auch die Bedrohungslage für Deutschland und Hamburg bis zum Ende des Jahrzehnts massiv verstärken wird“, sagt von Treuenfels-Frowein. Gleichwohl passiere in Sachen Zivilschutz für die Hamburger quasi nichts. „Für die außer Dienst gestellten 33 Schutzräume in Hamburg – wenig genug – gibt es bald drei Jahre nach dem russischen Überfall auf die Ukraine keine Planungen zur Reaktivierung“, so von Treuenfels-Frowein entrüstet.
„Das ist unverantwortlich gegenüber der Bevölkerung, die im Verteidigungsfall geeignete Schutzräume braucht“, findet sie. Zumal Hamburg im Krisenfall mit seiner kritischen Infrastruktur im Hafen sowie der Köhlbrandbrücke besonders gefährdet sei.
Tatsächlich zeichnet die schriftliche Kleine Anfrage von von Treuenfels-Frowein an den Senat das Bild einer nur schlecht auf den Ernstfall vorbereiteten Stadt. Auch die finanziellen und personellen Ressourcen, die Hamburg für die zivile Verteidigung aufwendet, halten sich in Grenzen. Seit 2021 seien 55.000 Euro jährlich dafür veranschlagt, entsprechende Maßnahmen zu koordinieren. Dafür gebe es zwei Stellen in der Innenbehörde.
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Sicherheitslage: Bund plant neues Schutzraum-Konzept – aber wann?
Was die zivile Verteidigung durch die Länder angeht, trifft Hamburg keine eigenständigen Entscheidungen, sondern handelt im Auftrag des Bundes. Und der Bund hatte im Einvernehmen mit den Ländern im Jahr 2007 beschlossen, das bisherige Schutzraum-Konzept aufzugeben, heißt es vom Senat.
Deshalb wurden die 33 bestehenden Schutzräume nicht instand gehalten. Nunmehr seien sie aufgrund ihres Zustands nicht mehr für Schutzzwecke geeignet, auch weil die Inbetriebnahme lange Vorlaufzeiten erfordere. Grund für den Rückbau sei die geänderte Sicherheitslage nach Ende des Kalten Krieges gewesen.
Allerdings: Weil sich die Sicherheitslage mit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine geändert hat, habe der Bund sein Rückbau-Konzept für Schutzräume vorerst ausgesetzt. Derzeit sei das zuständige Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) mit einer Bestandsaufnahme der Schutzräume in Deutschland beschäftigt. Im Anschluss wolle der Bund gemeinsam mit den Ländern ein modernes Schutzraum-Konzept entwickeln. Doch wann es so weit ist, steht aus.