Hamburg. Elterngruppe darf keine Info-Veranstaltungen an Schulen organisieren. Sie fühlt sich ausgebremst. Doch die Behörde hat ihre Gründe dafür.
Endspurt für die Volksinitiative „G9 Hamburg – mehr Zeit zum Lernen“: Noch bis Montag hat die Elterngruppe Zeit, ausreichend Unterschriften für ihr Anliegen zu sammeln. Nur wenn sie mindestens rund 66.000 Unterstützer gewinnen kann, kommt es zu einem Volksentscheid über die Frage, ob die Schulzeit an den Gymnasien in Hamburg wieder von acht auf neun Jahre verlängert wird.
Allerdings fühlt sich die Initiative von der Hamburger Schulbehörde ausgebremst: Nicht nur habe Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) nie das Gespräch mit den Eltern gesucht, wie diese in einem offenen Brief beklagen. Es werde der Volksinitiative auch verwehrt, an den Schulen – die die Veränderung ja betreffen würde – über ihr Volksbegehren zu informieren.
Schulen in Hamburg: Elterngruppe spricht von einem „Maulkorb“
Iris Wenderholm, eine der Vertrauenspersonen der Gruppe spricht von einem „Maulkorb“. Auch Elternräte dürften nicht informieren. Es werde mit der Datenschutzverordnung argumentiert. Aber, so findet Wenderholm: „Die Diskussion gehört in die Schulen.“ Die Initiatoren verstünden nicht, „warum die Schulbehörde jegliche Diskussion über unser Volksbegehren per Brief an die Schulen untersagt. Das ist für uns keine gelebte Demokratie.“ Das könne juristisch sogar einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit darstellen.
Die Schulbehörde weist die Kritik scharf zurück. Sie unterbinde keineswegs Diskussionen an Schulen, im Gegenteil. Alle Schulbeteiligten und schulischen Gremien könnten sich mit den ihnen relevanten schulischen Themen auseinandersetzen und darüber diskutieren. Nicht zulässig sei aber das Abhalten politischer Veranstaltungen oder das Sammeln von Unterschriften auf dem Schulgelände – weil die Schulen zur politischen Neutralität verpflichtet sind, unabhängig vom Thema. So sei es in der Vergangenheit auch bei anderen Volksinitiativen wie die zur Primarschule oder zum Ganztag gewesen. Vor Schulen dürften Unterschriften selbstverständlich gesammelt werden.
Sammelt Volksinitiative genug Unterschriften? Montagnacht wird es spannend
Entsprechend informierte die Schulaufsicht vor einigen Wochen auch die Schulen in einer Mail: „In diesem Zusammenhang erreichen uns in der Schulaufsicht in den letzten Tagen immer wieder Nachfragen aus Schulen, die unsicher sind in Bezug auf Wünsche von Eltern, für eine der zurzeit laufenden Volksinitiativen Unterschriften zu sammeln oder Diskussionsveranstaltungen zu den Themen der Initiativen durchzuführen. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass in den Räumen der Schule und auf dem Schulgelände solche Veranstaltungen und Unterschriftensammlungen untersagt sind, da die staatliche Neutralität gewahrt werden muss. Es gilt in diesem Zusammenhang unverändert die Geschäftsordnungsbestimmung ,politische Werbung an Schulen´.“
Davon unbenommen könne auf Elternabenden, in Vollversammlungen oder bei Elternratssitzungen schulische Themen wie die Anliegen der G9-Volksinitiative besprochen werden, so die Behörde.
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Schulsenatorin Bekeris hatte dem Anliegen einer längeren Schulzeit an Gymnasien in Hamburg stets eine Absage erteilt, unter anderem mit der Begründung, es gebe bereits den neunjährigen Weg zum Abitur – an den Stadtteilschulen. Dazu schreibt die Initiative in ihrem offenen Brief an die Senatorin: „Was uns nicht einleuchtet, ist die Verweigerung, über unsere Vorschläge zu sprechen, ohne sofort reflexhaft auf eine Schwächung der Stadtteilschulen zu verweisen. Woher kommt diese Angst? Hatten die Stadtteilschulen nicht über zehn Jahre Zeit, sich zu etablieren?“
Schulbehörde Hamburg: Auf ein Gesprächsangebot gab es nur offene Briefe
Die Schulbehörde weist darauf hin, dass die Bürgerschaft und nicht der Senat für Volksgesetzgebungsverfahren zuständig ist. Dementsprechend habe die Initiative die Gelegenheit gehabt, ihr Anliegen ausführlich im Schulausschuss vorzutragen und mit den Abgeordneten zu diskutieren. Es gab auch ein Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien. Schulsenatorin Bekeris habe der Initiative direkt im Anschluss an die Schulausschuss-Sitzung gleichwohl ein Gesprächsangebot gemacht. Die Initiative habe aber keinen Kontakt aufgenommen, heißt es aus der Behörde, sondern nur offene Briefe geschrieben.
Kurz vor Ende der Sammelfrist wird der Ton also rauer. Die Volksinitiative hat nach eigenen Angaben am Freitag noch keinen Überblick darüber, wie viele Unterschriften bislang zusammengetragen worden sind. Es wird am Montag also spannend.