Hamburg. Bei Fahrkartenkontrollen muss die App funktionieren. Deutschlandtickets nur digital, bei der Bahncard gibt es künftig einen Ausweg.
Fahrkartenkontrolle beim HVV in Hamburg: Wer kein Ticket hat, muss 60 Euro zahlen. Ob U-Bahn, Hochbahn-Bus, Fähre oder S-Bahn – der Preis für das „Schwarzfahren“, das nicht mehr so heißt, ist einheitlich. Das 49-Euro-Ticket (Deutschlandticket) hat das nicht geändert. Allerdings kann sich der Nachweis eines gültigen Fahrscheines zu einer ebenso kostenpflichtigen Angelegenheit entwickeln. Rund 900.000 Tickets für 49 Euro wurden über den HVV verkauft, der seine Kunden natürlich auch in Niedersachsen und Schleswig-Holstein hat. Mit 38 Prozent „Durchdringungsquote“ hat Hamburg den höchsten Wert aller Bundesländer bei Deutschlandtickets in der Bevölkerung.
Unter ihnen wird regelmäßig die Frage gestellt: Wie zeige ich mein Deutschlandticket vor, wenn ich keinen Handyempfang habe oder der Akku meines Smartphones leer ist? Einen Papierausdruck für den beliebten Flatrate-Fahrschein gibt es nicht mehr, eine Chipkarte statt Handy-Ticket wird vom HVV immerhin angeboten. Doch die meisten tragen ihr 49-Euro-Ticket in der HVV-Switch-App oder im DB-Navigator, der App für Vielfahrer.
Deutschlandticket im HVV: Auch nachträgliches Fahrscheinvorzeigen kostet Geld
Wer das Ticket bei einer Kontrolle nicht vorzeigen kann, gilt zunächst als „Beförderungserschleicher“ und muss 60 Euro zahlen. Eine HVV-Sprecherin erklärte dem Abendblatt das Procedere. Demnach erhält man eine Zahlungsaufforderung, wenn zum Beispiel das Handy keinen Strom mehr hat. Auf dieser „Quittung“ fürs mutmaßliche Schwarzfahren steht auch, an wen man sich wendet. Das ist im Regelfall das Unternehmen, mit dem man fuhr, als man „erwischt“ wurde. Die Fahrgeldstelle von Hochbahn und S-Bahn befindet sich am Hühnerposten. Die HVV-Servicestellen am Hauptbahnhof, Dammtor oder Jungfernstieg helfen ebenso weiter. Allerdings werden für Handy-Ausfälle 7 Euro Bearbeitungsgebühr fällig. Und den Nachweis eines zum Kontrollzeitpunkt gültigen Fahrscheins muss man innerhalb von sieben Tagen erbringen.
Anders als anfangs kann man das Deutschlandticket nur noch auf einem Gerät speichern. Hat ein Kunde beispielsweise eine Bahn-Navigator-App auf Handy und Tablet installiert, muss er sich entscheiden, auf welchem Gerät sein Abo-Fahrschein sein soll. Der Hintergrund dafür ist, dass ein Ticket nicht von verschiedenen Personen genutzt werden darf. Zwar kann ein Fahrkartenkontrolleur sich zusätzlich einen Ausweis zeigen lassen. Doch allein aus Zeitgründen verzichten viele darauf.
49-Euro-Ticket: So wird bei Kontrollen getrickst
Bei Tricksereien mit den Deutschlandtickets war es bislang so, dass manche den QR-Code eines gültigen Tickets einfach abfotografiert haben und diesen Screenshot bei Kontrollen vorzeigten. Das flog bei skeptischen Mitarbeitern auf. Sie verkleinerten auf dem Smartphone des Reisenden mit Zeigefinger und Daumen den Bildschirmausschnitt und entlarvten den Betrug. Denn sie sahen, dass nicht etwa eine App-Ansicht dargestellt war, sondern nur ein Foto.
Die Digitalisierung aller Fahrkarten und Abos im Bereich der Deutschen Bahn führt in diesem Jahr dazu, dass auch die Bahncard als Plastikkarte verschwindet. Abo-Kunden haben die Botschaft bereits per E-Mail vom Staatsunternehmen vernommen. Was die Bahn als ihre „besondere Verantwortung in Zeiten des Klimawandels“ sieht, ist für manche Kunden gewöhnungsbedürftig.
Vom 9. Juni an ist ein Kundenkonto auf bahn.de erforderlich sowie die DB-Navigator-App auf dem Handy. Wer kein Smartphone hat, braucht dennoch ein Kundenkonto im Internet. Von dort lässt sich ein „Ersatzdokument“ herunterladen und ausdrucken, das die digitale Bahncard ersetzt. Ehrlicherweise ist jedoch die Bahncard in der App viel komfortabler, macht das Portemonnaie um ein Stück Plastik dünner und die Fahrkartenkontrolle schneller.
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Bahncard ohne Plastik – oder als Papierausdruck
Jeder habe nach wie vor die Möglichkeit, eine ausgedruckte Bahncard auf Papier bei sich zu führen, sagt Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn. Es brauche eine „Rückfall-Ebene“ für die ohne Smartphone und möglicherweise die, die bei einer Kontrolle die Bahncard nicht abrufen können. Der Verband hat bereits für die ältere Generation Handy-Schulungen vorgeschlagen, um die Digitalisierung für alle voranzutreiben.
Naumann hat den Ausnahmefall eines nicht funktionsfähigen Handys bei einer Fahrkartenkontrolle im Zug bereits beobachtet. Er sah, wie Mitreisende Ladekabel anboten, wie Bahnmitarbeiter sich um den Fahrgast und sein Handy bemühten. Nach wenigen Minuten jedoch war klar: Der Mann hatte gar kein Deutschlandticket.