Hamburg. Ein 21-Jähriger soll die Drogenbunker-Bestückung organisiert haben. Er sitzt als Hintermann auch auf der Anklagebank.

Es war kaum schwieriger, als eine Pizza in Hamburg zu ordern. Ein Anruf oder eine Nachricht über einen Messengerdienst – und schon war der Kurier mit dem Rauschgift unterwegs. „Drogentaxis“ wurden diese speziellen Lieferdienste bald genannt. Es war ein System, das wie eine gut geölte Maschinerie lief.

Denn jeder hatte seine klar definierte Aufgabe. Die Schreiber, die die Aufträge entgegennahmen, Fahrer, die Kokain oder Marihuana zu den Kunden brachten – und Hinterleute, die die Fäden in den Händen hielten und dafür sorgten, dass immer ausreichend Rauschgift auf Lager war.

Prozess Hamburg: Drogentaxi – 21-Jähriger soll Lieferdienst betrieben haben

Doch was unternehmerisch erfolgreich klingt, ist tatsächlich hoch kriminell. „Bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln“ nennt das Gesetz das, was mit den Drogentaxis ablief. Und so lautet auch die Anklage gegen zwei junge Hamburger, die sich jetzt vor dem Landgericht verantworten. Einer weiteren Frau wird in dem Prozess Beihilfe vorgeworfen.

Im Einzelnen wird den Angeklagten zur Last gelegt, sie hätten den Lieferdienst für Drogen zwischen September 2022 und Januar 2023 gemeinsam mit weiteren Mittätern im Hamburger Stadtgebiet betrieben. Dabei habe der 21 Jahre alte Mehmet M. (alle Namen geändert) als Hintermann gemeinsam mit weiteren noch unbekannten Mittätern über die Kommunikationsplattform „Session“ die Drogenbestellungen und die Bestückung der Drogenbunker organisiert, heißt es in der Anklage. Dabei wurden die Drogen demnach in sogenannten „Eppendorfer Gefäßen“, also kleinen verschließbaren Kapseln, transportiert.

Drogentaxi in Hamburg – Trio erwirtschaftete 48.000 Euro

Ashe G. (23) soll als Fahrerin Marihuana, Kokain und Haschisch ausgeliefert haben. Und Kaya S. ist den Ermittlungen zufolge dafür zuständig gewesen, Drogen an Bunkerhalter zu übergeben oder Verkaufserlöse in ihrem Bankschließfach aufzubewahren. Laut Anklage erwirtschaftete das Trio durch seine Machenschaften gut 48.000 Euro.

Mehmet M. soll darüber hinaus eine Schusswaffe mit sechs Patronen in seiner Wohnung in Hamburg-Lurup verwahrt haben. Als die Polizei anrückte, habe er die Waffe aus dem Fenster geworfen. Unten auf dem Gehweg wurde die Pistole sichergestellt.

Am ersten Hauptverhandlungstag legen alle drei Angeklagten im Wesentlichen Geständnisse ab. Er habe unter anderem das Geld, das über die Drogentaxis hereinkam, eingesammelt und an Hinterleute übergeben, räumt Mehmet M. ein. Es habe eine Bunkerwohnung für das Marihuana gegeben, eine andere für Kokain. Er selber sei unter anderem für den Nachschub der Drogen zuständig gewesen. Von den meisten Kollegen habe er allenfalls die „Arbeitsnamen“ gekannt. So habe einer der Schreiber beispielsweise in der Branche den Namen „Haribo“ gehabt. Auch den Besitz der Pistole gibt der 21-Jährige, der in Untersuchungshaft sitzt, zu. Die habe er sich angeschafft, weil das „cool“ gewesen sei.

Drogentaxi: Komplizin hegt Gefühle für Angeklagten

Zu Treffen gefahren wurde Mehmet M. von seiner Freundin Kaya S., wie diese vor Gericht zugibt. Sie sei in den 21-Jährigen verliebt gewesen und hege bis heute starke Gefühle für ihn. Über ihn sei sie in das System der Drogentaxis reingeraten. Sie wisse noch von einem „Johnny“, mit dem ihr Freund sich abgesprochen habe. Die beiden hätten über eine anonyme App kommuniziert. Mehmet M. habe unter anderem die Touren der Fahrer organisiert. Dabei hätten sich die Kuriere im Wesentlichen die Touren aussuchen können – je nachdem, wer wann Zeit gehabt habe.

Kaya S. war es demnach auch, die ihrer Freundin aus Kindertagen, Ashe G., von den Drogentaxis erzählte. Eine reizvolle Geschichte für die 23-jährige Ashe G., die damals kellnerte, aber eigenen Angaben zufolge nach einer Möglichkeit suchte, schneller Geld zu verdienen. Als Ashe G. hörte, dass Fahrer gebraucht würden, habe sie sich bereit erklärt, den Job zu übernehmen.

Prozess Hamburg: Es war die „Verlockung des schnellen Geldes“

Sie habe feste Schichten übernommen, sich pro Tag an einer Bunkerwohnung mit üblicherweise 20 „Eppendorfer Gefäßen“ versorgt und dann die Bestellungen ausgeliefert. Die Adresse, zu der sie die Lieferung bringen sollte, bekam die 23-Jährige vom „Schreiber“. Doch die eigentliche Übergabe sei anonym erfolgt. „Der Schreiber sagte dem Kunden, in welchem Auto der Fahrer wartet.“ So habe man einander erkannt. Der Kunde habe meist vor Ort entschieden, wie viel er kaufen wolle.

Und so wechselten die Drogen von Hand zu Hand, das Marihuana in Fünf-Gramm-Portionen, das Kokain in 0,5-Gramm-Einheiten. Pro Lieferung bekam Ashe G. demnach 8 Euro Provision. Geld, das sie dafür sparen wollte, um eine Schulung als Kosmetikerin absolvieren zu können, erzählt die Angeklagte. „Ich wollte den Betrag rasch zusammenbekommen.“ „Also die Verlockung des schnellen Geldes“, resümiert der Vorsitzende Richter. Ashe G. nickt. „Ich bereue das sehr.“ Der Prozess wird fortgesetzt.