Hamburg. Hamburger Influencer werben für Jugendschutz. Neue Funktionen könnten Cybermobbing verhindern. Instagram kann Kinder und Eltern verbinden.

Instagram hat Facebook abgelöst – es ist Deutschlands beliebteste Social-Media-Plattform, zeigt die ARD/ZDF-Onlinestudie 2023. Etwas mehr als ein Drittel der Befragten schaut täglich bei Instagram vorbei, das wären auf Deutschland hochgerechnet knapp 30 Millionen Menschen. Besonders aktiv sind jüngere User: 58 Prozent der 14- bis 29-Jährigen sind jeden Tag bei Instagram anzutreffen.

„Vorwiegend wollen unsere Nutzerinnen und Nutzer bei Instagram positive Erfahrungen machen: sich mit Freunden vernetzen, ihren Interessen folgen und Neues entdecken“, sagt Marie von Stauffenberg, Public-Policy-Leiterin im Mutterkonzern Meta. „Aber genau wie das echte Leben ist das Internet leider nicht nur ein Ort der schönen Begegnungen.“ Deshalb hat die Plattform rund 50 „Tools“ (Werkzeuge) eingerichtet, die Kinder und Jugendliche im Netz schützen sollen: vor sogenannten unerwünschten Interaktionen, mutmaßlich gefährlichen Inhalten, aber auch übermäßigem Medienkonsum.

Polizei Hamburg informiert: Immer mehr Fälle von Cybergrooming

Instagram dürfen schon 13-Jährige benutzen, sagt von Stauffenberg. Zahlen dazu, wie viele Minderjährige auf der Plattform aktiv sind, habe sie aber nicht zur Veröffentlichung. Intern dürften diese dem Konzern aber vorliegen, denn „grundsätzlich unternehmen wir sehr viel, um herauszufinden, wie alt unsere Nutzerinnen und Nutzer sind“, sagt von Stauffenberg. „Bei der Registrierung muss man zum Beispiel sein Geburtsdatum angeben. Es gibt auch Möglichkeiten zur Altersverifizierung per Ausweis oder Video, außerdem nutzen wir Technologien, die den Wahrheitsgehalt der Angaben prüfen.“

Insbesondere junge Nutzer sind auf Social-Media-Plattformen Risiken ausgesetzt. Denn auf Instagram und Co. finden sie nicht nur Inspiration und Bestätigung. Sie sehen sich unter Umständen auch mit Hass und Hetze konfrontiert oder mit sensiblen bis kritischen Inhalten. Im schlimmsten Fall erhalten sie Nachrichten von fremden Erwachsenen, die über das Internet Kontakt zu Minderjährigen suchen, um sie zu Treffen, sexuellen Handlungen oder dem Austausch von (Nackt-)Bildern zu überreden.

Das nennt sich „Cybergrooming“ – und ist eine wachsende Bedrohung für Kinder und Jugendliche. „Bei der Kinderpornografie ist die Zahl seit dem Jahr 2021 erheblich gestiegen“, sagt Holger Vehren, Sprecher bei der Polizei Hamburg. Auch im Bereich der Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung jugendpornografischer Inhalte zeige sich seit dem Jahr 2021 ein deutlicher Aufwärtstrend. „Hier stiegen die Zahlen im Jahr 2021 von 22 auf 96 Fälle. Für das Jahr 2023 wurden bereits 161 Taten registriert“, informiert die Polizei Hamburg. Allerdings: Die steigenden Zahlen würden auch mit einer Aufhellung des Dunkelfeldes zusammenhängen.

Social Media: So will Instagram Kinder vor Hass, Hetze und Pädophilen schützen

Zum Schutz junger Nutzer haben ihre Instagram-Profile bestimmte Voreinstellungen, sagt die Instagram-Verantwortliche von Stauffenberg. Standardmäßig erhalten junge Instagramnutzer etwa eine Benachrichtigung beziehungsweise einen Warnhinweis, wenn sie nach 22 Uhr noch auf der Plattform unterwegs sind. Auch funktioniere der Algorithmus, der entscheidet, welche Inhalte angezeigt werden, bei Kindern und Jugendlichen anders als bei Erwachsenen. Beispielsweise würden Inhalte, die Essstörungen, Selbstverletzung, Gewalt oder Nacktheit thematisieren, Minderjährigen nicht empfohlen und infolgedessen nicht einfach so angezeigt. Wenn Instagram-Nutzer auf der Plattform aktiv nach entsprechenden Begriffen suchen, werden ihnen Hilfe-Angebote vorgeschlagen.

Besonders relevant für junge User: „Bei Instagram wird es Fremden sehr erschwert, Minderjährige direkt zu kontaktieren“, sagt von Stauffenberg. Es gibt mittlerweile strikte voreingestellte Restriktionen, wegen derer es nicht mehr möglich ist, Kinder und Jugendliche einfach anzuschreiben oder ihre Inhalte zu sehen – sofern die Minderjährigen sich nicht aktiv mit den Nutzern vernetzt haben. Zudem sind die Accounts von unter 16-Jährigen standardmäßig als „privat“ eingestellt, sodass ihre hochgeladenen Inhalte Fremden nicht angezeigt werden.

„Social Media ist etwas anderes als das bloße Surfen im Netz – es lebt von sozialen Kontakten“, sagt Erziehungswissenschaftlerin Claudia Lampert, die am Leibniz-Institut für Medienforschung in Hamburg arbeitet. Deshalb sei das Risiko für Cyber-Grooming hier besonders hoch. Dass Instagram es Fremden schwerer macht, junge Nutzer zu kontaktieren, begrüßt Lampert. „Das kann durchaus eine gewisse Schutzfunktion haben“, so ihre Einschätzung.

Elternaufsicht bei Instagram gibt Einblick in Profil der Kinder

Für Eltern, die das Verhalten ihrer Kinder im Netz genauer unter die Lupe nehmen wollen, gibt es bei Instagram seit 2022 auch die Möglichkeit der Aufsicht, die beständig erweitert und ergänzt wird. „Mit den Tools für die Elternaufsicht bekommen die Eltern keinen vollen Einblick in das Profil ihrer Kinder, aber ein gewisses Gefühl dafür, welche Follower sie haben und wie viel Zeit sie bei Instagram verbringen“, erklärt von Stauffenberg. Sie können die Zeit, die ihre Kinder mit der App verbringen, sogar begrenzen. Für diese Art der seichten Überwachung müssen Eltern sowie Kinder zustimmen, dass die Instagram-Nutzerkonten miteinander verknüpft werden dürfen.

Das Aufsichtstool kann laut Wissenschaftlerin Lampert dazu führen, dass Eltern stärker dafür sensibilisiert werden, was auf Social-Media-Plattformen stattfindet. „Die Mediennutzung entzieht sich immer mehr dem Blickfeld der Eltern. Solche Tools können helfen, die Kinder besser zu begleiten“, so Lampert. Wichtig ist ihr aber: „Es sollte hier weniger um Kontrolle und mehr um die Aufmerksamkeit der Eltern für Risiken gehen.“

Hamburger Influencer wirbt für Jugendschutz bei Instagram

Damit Eltern und Teenager über die Kinder- und Jugendschutz-Tools informiert sind, hat Instagram eine entsprechende Kampagne entwickelt. Und die wird von genau jenen getragen, denen die jungen User besonderes Vertrauen schenken und gern zuhören: zwei Influencern, die auf der Plattform aktiv sind. Dejan Garz, Haarpflege- und Frisör-Influencer aus Hamburg mit satten 800.000 Followern, sowie die Moderatorin, Influencerin und frische Mama Evelyn Weigert (170.000 Follower) informieren ihre Communities nun gemeinsam über die Tools, Risiken im Netz und den gesunden Umgang auf und mit der Plattform.

Um ein Werbevideo zum Thema zu drehen, haben sich die beiden nahe dem Hamburger Michel getroffen. „Ich glaube, dass ich genau die richtige Zielgruppe erreichen kann. Alterstechnisch ist da alles dabei: einerseits die Jugendlichen, aber auch die Mamas“, erzählt Dejan Garz. „Im Video erklären wir, wie man zu den Einstellungen kommt, was es für Tools gibt und dass wir es ganz wichtig finden, dass man sich damit beschäftigt und am Abendbrottisch vielleicht mal über die Social-Media-Formate spricht.“

Evelyn Weigert gibt zu: „Ehrlich gesagt war es mir, bevor wir gedreht haben, auch noch gar nicht bewusst, dass es so viele coole Sicherheitstools gibt.“ Die Influencerin schätzt insbesondere die Möglichkeiten zur zeitlichen Begrenzung der Instagram-Nutzung, denn „man verliert sich da jaa auch schnell“, sagt sie. Als junge Mutter denkt Evelyn, dass viele Risiken für Minderjährige minimiert werden können, wenn Eltern im engen Austausch mit ihren Kindern bleiben: „Es ist wichtig, dass ein Kind das Gefühl hat: ,Ich kann mit diesem Problem zu meinen Eltern gehen‘“, sagt sie. „Das Coolste wäre doch, wenn sich Eltern mit ihren Kindern wirklich über Instagram austauschen – und nicht jeder nur für sich in sein Handy reinguckt.“

Tipps für Eltern: So schützen Sie Ihre Kinder im Netz

„Ein bestmöglicher Schutz von Kindern und Jugendlichen ist zu allererst Erziehungsaufgabe“, sagt Holger Vehren, Sprecher bei der Polizei Hamburg. Stichwort: Medienerziehung. Eltern können einiges tun, um ihre Kinder vor Risiken zu bewahren, die im Internet beziehungsweise bei Social Media lauern.

Im Mittelpunkt steht dabei der Austausch zwischen Eltern und Kindern. Nur wer weiß, was das Kind im Internet treibt und mit ihm darüber im Gespräch bleibt, kann Gefahren rechtzeitig erkennen und abwenden. „Interessieren Sie sich für das, was Ihr Kind online macht“, sagt Vehren. „Lassen Sie sich von Ihrem Kind erklären, welche Online-Angebote es nutzt und was es daran attraktiv findet. Eltern, die mit ihrem Kind über dessen Online-Erfahrungen in regelmäßigem und engem Austausch bleiben, werden im Normalfall auch bemerken, wenn etwas nicht stimmt.“ Wichtig sei daher auch, informiert zu bleiben, welche Plattformen und Inhalte bei der entsprechenden Altersgruppe gerade angesagt seien. Dann können Eltern selbst bewerten, ob sie die Angebote als unkritisch ansehen und ihren Kindern die Nutzung erlauben.

Apropos Erlaubnis: „Vereinbaren Sie mit Ihrem Kind altersgerechte Regeln bezüglich der Internet-Nutzung“, sagt Vehren, „und achten Sie auf deren Einhaltung.“ Es könne sinnvoll sein, internetfreie Zeiten im Tagesverlauf feszulegen – und dabei selbst mit gutem Beispiel voranzugehen. Die Internetnutzung lasse sich auch technisch einschränken, informiert die Polizei. „Dies ist im Normalfall auf Ebene des Routers genauso wie über Smartphone-Apps möglich.“

Und nicht zuletzt sollten Elten ihre Kinder über bestehende Online-Risiken aufklären. „Hierzu gehören auch die Themen Cybergrooming, Cybermobbing und Pornografie“, so der Polizist.

„Manchmal denken die Menschen, was auf dem Handy läuft, das passiert ihnen einfach so“

Metas Public-Policy-Leiterin von Stauffenberg ist sich sicher: „Manchmal denken die Menschen, das, was auf dem Handy läuft, das passiert ihnen einfach so. Doch man hat heute viele Möglichkeiten mitzubestimmen, was einem angezeigt wird.“ So können Nutzer – auch erwachsene – beispielsweise sehr detailliert festlegen, wer ihre Storys und Beiträge sieht – und wessen Inhalte ihnen angezeigt werden. Sie können Wörter filtern, die nicht kommentiert werden dürfen oder Kommentare ganz löschen. Es ist zudem möglich, Accounts zu blockieren oder zu melden.

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Wer weniger Zeit auf der Plattform verbringen möchte, kann sich erinnern lassen, wann es Zeit ist, das Handy beiseitezulegen. Der Ruhemodus wiederum sorgt dafür, dass die App in festgelegten Zeiträumen (etwa abends oder nachts) keine Benachrichtigungen mehr schickt, die zur Nutzung verlocken könnten.

Instagram: Mehr als 90 Prozent Hate Speech vorab aussortiert

Bestimmte Inhalte sortiert Instagram bereits im Vorhinein aus. 40.000 Menschen im Konzern beschäftigen sich allein mit dem Thema Nutzersicherheit, erzählt von Stauffenberg. Verbotene Inhalte könne Künstliche Intelligenz heute schon gut erkennen und verstecken. Teils führten die Prüfungen auch Menschen durch. Hatespeech und Bullying, also Hassrede und Mobbing, würden so in mehr als 90 Prozent der Fälle gar nicht erst für die Nutzer einsehbar.

Erlaubte Inhalte, die regulierte Güter (etwa Alkohol, Zigaretten, Glücksspiel), sexuell Explizites oder Gewalt enthalten, werden jungen Nutzern nicht durch den Algorithmus empfohlen. Auch für Erwachsene gibt es in diesen Bereichen Einschränkungen. Zudem würden Falschinformationen beziehungsweise Fake News, sofern sie von einer Drittpartei als solche identifiziert wurden, den Nutzern nicht aktiv empfohlen und sind damit schwieriger aufzufinden.