Hamburg. Der Friseurmeister begeistert rund eine Million Follower mit Haarpflege-Tipps. Doch die Bekanntheit hat auch eine Schattenseite.
Fast jeder kennt sie: Die Vorurteile über Influencer, die mit ihrer Präsenz in den sozialen Medien viel Geld verdienen. Lange schlafen, in hippen Restaurants essen, Gratis-Reisen, hohe Provisionen – scheinbar nur für etwas Interaktion mit dem Handy.
Dass hinter diesem Job harte Arbeit steckt, der Weg dahin nicht immer einfach ist und auch das Geschäft mit dem Handy Nachteile haben kann, weiß Dejan Garz. Der 29-Jährige aus St. Georg ist der bekannteste deutsche Influencer im Bereich Haarpflege und verdient seit einiger Zeit damit auch seinen Lebensunterhalt.
Influencer Dejan Garz: Hamburger eckte in seiner Jugend an
Regelmäßig postet der sympathische Wahl-Hamburger in den sozialen Medien Beiträge mit Informationen zu der richtigen Haarpflege-Routine, den passenden Produkten, klärt über Mythen auf und berät Hilfesuchende in seiner „Sprechstunde“ zu ihrer Haarstruktur.
„Ich komme ursprünglich aus Holzminden, einer ganz kleinen Stadt in Niedersachsen. Und ich habe schon immer gemerkt, dass meine Interessen ein bisschen aus der Norm tanzen“, erinnert sich der Influencer im Gespräch mit dem Abendblatt. Make-up, Kleidung, hohe Schuhe, Haare: Schon früh kristallisierten sich diese Interessen bei Dejan Garz heraus und führten dazu, dass er als Jugendlicher aneckte.
Influencer Dejan Garz zog wegen „Weltoffenheit“ nach Hamburg
„Tja, und dann hat man auch relativ früh erkannt: Der schwimmt am anderen Ufer, was die Sexualität betrifft“, erzählt der 29-Jährige zwar lachend, erwähnt aber, dass man es ihm in seiner Jugend „nicht einfach gemacht“ habe.
Das Bedürfnis nach mehr „Weltoffenheit“ habe ihn schließlich nach dem Abschluss der Friseurausbildung vor knapp sieben Jahren dazu bewegt, gemeinsam mit seinem besten Freund nach Hamburg zu ziehen. Schon zu diesem Zeitpunkt dokumentierte er seine Arbeit auf Instagram, damals noch in weitaus kleinerem Stil.
Influencer-Karriere bekam während der Pandemie einen Schub
Nach Station bei mehreren hochpreisigen Friseurläden in Hamburg war es ausgerechnet die Corona-Pandemie, die den Weg für die Influencer-Karriere des jungen Mannes ebnete: „Also eigentlich hatte der Lockdown für mich sehr viel Positives, weil ich nicht im Salon stehen konnte und irgendwie meine Zeit nutzen wollte. Ich habe dann angefangen, ganz einfache Haartipps zu geben – quasi das, was ich meinen Kunden sonst im Salon erzählt habe“, erzählt Garz.
Als Beispiel nennt der gelernte Friseur ein Video, in dem er erklärt, wie das Haarewaschen richtig funktioniert: Nämlich, dass mit Shampoo nur die Ansätze gewaschen und mit der Spülung nur die Spitzen behandelt werden sollten.
„Haare kämmen machen wirklich unfassbar viele Leute falsch“
Und auch zum Thema Haarekämmen, hat Garz einen Beitrag geteilt: „Haare kämmen machen wirklich unfassbar viele Leute falsch. Oft werden Knoten und damit auch Haare einfach rausgerissen“, weiß der Experte. Seiner Erfahrung nach setzten viele einfach am Kopf an und reißen die Bürste dann runter. Generell gelte aber: Immer an den Spitzen beginnen und behutsam nach oben arbeiten.
Dass diese Tipps gut ankommen, zeigt ein Blick auf die Follower-Zahlen des jungen Mannes. Knapp 384.000 Menschen folgen dem Account „dejangarzhairstylist“ auf Instagram, auf der Plattform Tiktok sind es mehr als 643.000. Insgesamt hat sich Garz damit eine Followerschaft von über einer Million Menschen aufgebaut.
Dejan Garz arbeitete für Friseursalon Nicolaisen in der Innenstadt
Nach mittlerweile knapp zehn Jahren Vollzeitjob im Salon entschied sich der 29-Jährige dann dazu, seine Arbeitszeit zunächst zu reduzieren und sich schließlich ganz auf die sozialen Medien und seine Weiterbildung zum Friseurmeister zu konzentrieren.
Auf der Website des Salons Nicolaisen am Ballindamm heißt es in einem Abschiedsbeitrag von Inhaber Lars Nicolaisen dazu: „Schon schnell zeichnete sich ab, dass in Dejan Garz viele Talente vereint sind – und dabei meine ich nicht nur sein fachliches Können. Um in unserer Branche viel Aufmerksamkeit zu erlangen, bedarf es nicht nur handwerkliches Geschick, man benötigt ebenfalls eine gehörige Portion Mut.“
„Hass im Netz“: Influencer bekommt auch negative Kommentare
Dass Mut dazugehört, sich als Influencer selbstständig zu machen, wird besonders deutlich, als es um das Thema „Hass im Netz“ geht. Denn auch damit muss Dejan Garz in seinem neuen Job umgehen – als offen homosexueller Mensch, der für Haarpflegetipps auch gerne mal eine Perücke aufsetzt vielleicht sogar noch mehr als andere Influencer.
„Wenn ein Video auf Instagram viral geht (Anm. d. Red.: Beitrag verbreitet sich schnell auf der Plattform und wird auch anderen Menschen als den eigenen Followern ausgespielt), dann treffen meine Videos manchmal auch auf Menschen, die dann einen Nerv triggern aus der Vergangenheit. Also ich werde dann quasi runtergemacht für das, was ich bin“, schildert Garz die Kommentare und Nachrichten, die ihn erreichen.
Dejan Garz: „Es gibt Menschen, die mir wirklich den Tod wünschen“
„Es gibt dann Menschen, die mir wirklich den Tod wünschen und auch schwulenfeindliche Kommentare habe ich dann schon miterleben müssen“, so Garz weiter. Und dann? „Es hilft nur, sich ein dickes Fell aufzubauen“, sagt der Influencer und betont zugleich, dass der Großteil seiner Community auf Instagram und Tiktok sehr unterstützend sei.
Mit Vorurteilen gegenüber dem Berufsbild Influencer will der Friseurmeister trotzdem aufräumen. „Bei mir ist es zum Beispiel so, dass ich nicht davon lebe, dass ich gut aussehe. Für jeden Beitrag im Internet recherchiere ich Studien, packe mein Fachwissen aus und blättere in meinen Büchern“, stellt Garz klar.
Instagram und Tiktok: Hinter seinem Account steckt viel Arbeit
Dazu kämen noch viele Stunden, die in das Schneiden und Drehen von Videos, das Communitymanagement, die Vorbereitung von Posts, Abhalten von Meetings und vielem mehr investiert werden müssen – selbst wenn das laut Garz auch mal abends um 21 Uhr auf dem Sofa mit einer Cola in der Hand geschehe.
Der Wahl-Hamburger will auch anderen Kollegen den Rücken stärken und appelliert: „Diese Menschen haben sich ja vorher jahrelang diese Community und Reichweite mit viel Herzblut und Arbeit aufgebaut.“ Statt neidisch zu sein, könne man sich von solchen Erfolgsgeschichten auch gut inspirieren lassen.
Dejan Garz: „Am meisten genieße ich meine Freiheit“
Der Haarexperte gibt aber auch zu, dass das Leben als Influencer viele Privilegien bereithält – sei es ein kostenloses Essen, eine Gratis-Massage oder ein schönes Geschenk. Auf die Frage nach dem größten Vorteil seines neuen Jobs rücken die materiellen Privilegien dann aber doch in den Hintergrund.
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„Am meisten genieße ich meine Freiheit. Keine Vorgaben zu haben, mir meine Tage frei einteilen zu können – und nicht mehr gezwungen zu sein, samstags bis 20 Uhr in der Hamburger Innenstadt zu arbeiten. Das bist du nämlich irgendwann leid“, sagt Garz.
Influencer Dejan Garz: „Ich bin der nächste Udo Walz“
In einem Salon sieht sich der Influencer trotzdem irgendwann wieder – diesmal dann aber in einem eigenen. Und nicht nur das. Auf die Frage nach seinen Zielen für die Zukunft antwortet Dejan Garz selbstbewusst: „Sagen wir mal: Ich bin der nächste Udo Walz.“
Angesprochen auf seinen 30. Geburtstag im nächsten Jahr reagiert der junge Friseurmeister übrigens ganz gelassen: „Ich habe das Gefühl, jetzt mit meinen fast 30 Jahren, endlich eine Vision von meinem Leben zu haben. Ich freue mich auf alles, was kommt.“