Hamburg. Die neue Leitstelle der Feuerwehr wird weitestgehend digital. Patienten sollen schneller an Arztruf 116 117 abgegeben werden.
Der Hamburger Rettungsdienst wird vom kommenden Jahr an auf komplett neue Füße gestellt. Wenn im Laufe des Jahres 2025 die neue Rettungsleitstelle der Feuerwehr an der Eiffestraße in Betrieb geht, werden die 300.000 Einsätze pro Jahr weitestgehend digital abgewickelt. Der Notruf 112 wird bleiben, allerdings kommen App-basierte Notrufmöglichkeiten hinzu.
Zwischen den Einsatzkräften können ohne Umweg Bilder und Videos hin und her geschickt werden. „Sogar ein Livestream von vor Ort über einen Messenger ist möglich, um in der Rettungsleitstelle das Geschehen am Einsatzort einschätzen zu können“, sagte Innensenator Andy Grote (SPD) beim Richtfest der neuen Einrichtung am Mittwoch.
Hamburg: Notruf 112 soll mit Arztruf 116 117 verzahnt werden
„Die Hilfe fängt am Telefon an, gleichzeitig läuft die Maschinerie im Hintergrund“, so Grote. „Mit mehr als 400 Millionen Euro ist dies die größte Einzelinvestition in der inneren Sicherheit in der Geschichte der Freien und Hansestadt Hamburg.“
Grote kündigte an, dass der wunde Punkt in der Notfallversorgung unter den Helfern, Rettern, Ärzten und Krankenhäusern angegangen werden soll: die Verzahnung mit dem Arztruf 116 117 der Kassenärztlichen Vereinigung, der medizinische Notfälle betreut, Hausbesuche macht und schon heute entscheidet, ob für Patientinnen und Patienten am Telefon ein Arzt vor Ort oder ein Termin in einer Notfallpraxis reicht – oder aber ein Rettungswagen in Bewegung gesetzt werden muss.
Rettungsdienst Hamburg: Bilder und Livestream per App
Grote sagte: „Wir werden besser an die 116 117 abgeben können.“ Dafür müsse die Zentrale des Arztrufes nicht in örtlicher Nähe sein, die digitalen Kanäle machten eine reibungslose Kommunikation zwischen Rettungsleitstelle und KV-Notdienst möglich. Auch hier könnten Informationen und gegebenenfalls Bilder direkt ausgetauscht werden. Grote sagte: „Es geht häufig um Leben und Tod.“
Zwischen Feuerwehr und Kassenärzten hatte es zuletzt Streit um Patienten gegeben. Die KV hat angeboten, viele der nicht lebensgefährlich Erkrankten oder Verletzten von den Rettungswagen zu übernehmen. Allerdings geht es hierbei um hohe Summen, die dann an die KV für den Einsatz gingen und nicht mehr an die Feuerwehr.
Gleichfalls gibt es immer wieder Schwierigkeiten, dass aufgrund personell angespannter Lage in den Krankenhäusern und „Überfüllung“ der Notaufnahmen sich einige Häuser von der Anfahrt der Rettungswagen zeitweise abmelden.
Notruf 112: Einheitliche App hat Macken
Während es in Nachbarbundesländern bereits digitale Übersichten für alle gibt, welches Krankenaus mit welcher Einrichtung (Schockraum, Intensivstation, Herzkatheter) gerade freie Plätze hat, wird in Hamburg noch viel telefoniert – und Zeit verloren. Zudem werden häufig Patienten zwischen Hamburg und vor allem Schleswig-Holstein hin- und hergefahren.
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Die offizielle Notruf-App der Bundesländer („nora“) war zuletzt nicht im Google Play Store oder im Apple Store verfügbar. Es gebe „neue organisatorische Anforderungen, die eine technische Überarbeitung“ notwendig machten, hieß es.
Bei der Polizei in Alsterdorf entsteht ein sogenannter „Zwilling“ der Rettungsleitstelle an der Eiffestraße. Dort könnten sogar die Beamten einspringen, sollte die Feuerwehr-Zentrale mal ausfallen. Der Projektname der seit 2017 verfolgten Pläne heißt „PERLE“. Grote sprach von einer „kleinen Revolution“ in der Einsatzsteuerung. Jörg Sauermann, der kommissarische Amtsleiter der Feuerwehr Hamburg, sagte: „Mit der neuen Leitstelle setzen wir einen Maßstab für die Feuerwehr der Zukunft und zeigen, dass wir bereit sind, auf die steigenden Herausforderungen zeitgerecht reagieren zu können.“ Und er vergaß nicht, das Spektrum der Einsätze pointiert zu umschreiben: Zu den Aufgaben der Feuerwehr gehörten „der Containerbrand im Hafen und die Katze auf dem Baum.“