Hamburg. Hamburgs Prestigeprojekt dürfte vorerst ein Torso bleiben. Kranteile werden zu einer anderen Baustelle gebracht.
Die Zukunft des Hamburger Wolkenkratzers ist ungewisser denn je. Wer am Freitag an der Baustelle des Elbtowers vorbeifuhr, sah, dass dort wieder gearbeitet wird – allerdings anders als von vielen erhofft. So wurde einer der großen Krane zurückgebaut. Mehrere Sattelschlepper standen an der Baustelle an den Elbbrücken, um das Material abzutransportieren.
Allerdings ist damit noch kein kompletter Rückbau der Baustelle verbunden. Am Freitag wurde der Kran auf der Elbseite zum Teil zurückgebaut, das Drehgelenk und der Ausleger demontiert. Der Kran, der fest mit dem Elbtower verbunden ist, soll hingegen vorerst bleiben. „Der obere Teil muss in Frankfurt Geld verdienen“, hieß es auf der Baustelle. Die kleineren Krane bleiben vorerst stehen.
Am Montag äußerte sich das Bauunternehmen Adolf Lupp. „Der Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Bauarbeiten ist nach heutigem Stand aufgrund des vorläufigen Insolvenzverfahrens der Elbtower-Projektgesellschaft unsicher“, sagte Geschäftsführer Matthias Kaufmann auf Abendblatt-Anfrage. „Insofern haben wir zur Vermeidung laufender Kosten und aufgrund von kurzfristigen Einsatzmöglichkeiten auf anderen Lupp-Baustellen mehrere Krane abgebaut.“
Elbtower: Erster Kran abgebaut – Stillstand geht in die Verlängerung
Der Rückbau ist ein weiteres Indiz für den Stillstand an den Elbbrücken. Nach der Insolvenz des österreichischen Investors René Benko (Signa) hat sich bislang noch kein Investor für das Prestigeprojekt Elbtower gefunden. Und die Zeit läuft gegen den Wolkenkratzer. Mit der Hamburg Commercial Bank (HCOB) hat sich der erste Mieter im Februar vom Elbtower verabschiedet.
Seit inzwischen sechs Monaten ruht die Baustelle. Und trotz vieler Versuche ist bislang kein Rettungspaket geschnürt. „Jeder Tag, an dem die Elbtower-Baustelle ruht, kostet Geld. Deshalb ist unser Ziel, den Elbtower so schnell und teuer wie möglich zu verkaufen“, hatte der Insolvenzverwalter Torsten Martini im Abendblatt erklärt. „Wir handeln im Sinne der Gläubiger.“
Noch aber gibt es diesen Käufer nicht – und der Abbau des Krans deutet darauf hin, dass sich daran in absehbarer Zeit nichts ändern wird. Potenzielle Investoren sind abgesprungen oder zögern, anderen fehlt offenbar das Geld, um das Investment zu stemmen. Um den Elbtower zu Ende zu bauen, sind mehrere Hundert Millionen Euro nötig.
Elbtower: Kühne Holding hat Interesse verloren
Nachdem sich die Stadt auffallend zurückhält, hat auch die Holding des Milliardärs Klaus-Michael Kühne ihr Interesse an einem Einstieg verloren. „Wir sind in der Tat weit entfernt von einer Rolle als ‚Retter‘. Es gibt gute Überlegungen von Immobilienspezialisten aus Hamburg, aber was fehlt, sind die Investoren“, sagte Karl Gernandt, Chef der Kühne Holding, vor einigen Tagen dem Abendblatt. „Ich drücke die Daumen, dass sich letztlich doch ein Konzept umsetzen lässt.“
In den vergangenen Tagen hatten sich diverse Experten zu einer Zukunft des Elbtowers geäußert: Im Gespräch mit dem Abendblatt hatte Michael Otto erklärt: „Es ist tragisch, dass die Stadt einem Investor vertraut hat, der vielleicht dieses Vertrauen nicht verdient hat“, sagt der Milliardär. „Jetzt müssen schnelle Lösungen gefunden werden. Die Insolvenz könnte es sogar erleichtern.“ Wer den bestehenden Rohbau für einen sehr günstigen Preis bekomme, für den könne sich das Engagement rechnen. Otto selbst schließt ein Investment aus: „Ich habe kein Interesse an einem Wolkenkratzer.“
Elbtower: Immobilienexperten geben Projekt noch nicht auf
Etwas zuversichtlicher hatte sich Mitte der Woche der Immobilienexperte Jörn Stobbe, Sprecher der Geschäftsführung der Becken Holding, geäußert: Die Perspektive des Elbtowers sei „gut“. Es sei die richtige Strategie, nach der Insolvenz des Investors Benko das Projekt nun neu aufzusetzen und eine kleine Gruppe an Partnern zu bilden, die das Projekt, die Stadt und die Beteiligten gut kennen. Wenn der derzeit rund 100 Meter hohe Büroturm fertig gebaut werde, halte er auch eine Miete von mehr als 40 Euro pro Quadratmeter dort für möglich.
Dass die Krane nun abgebaut werden, dürfte indes den Kosten geschuldet sein: Bislang erfolge die Übernahme dieser Kosten in Abstimmung mit dem Insolvenzverwalter, hatte das Bauunternehmen Adolf Lupp GmbH + Co. KG aus Nidda (Hessen) mitgeteilt. Welche Beträge dort aufliefen, lässt sich nur schätzen, dürfte aber angesichts eines Baustopps von bald sechs Monaten im hohen sechsstelligen Bereich liegen.
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Geräte und Maschinen für Bauvorhaben dieser Größenordnung werden baustellenbezogen hergestellt und über die Bauphase vom Hersteller oder Vermieter monatlich als Mietkrane in Rechnung gestellt. Dieses gilt auch für besondere Pumpensysteme, Schalungsausrüstungen oder mobile Bauwegstraßen. Nach Schätzungen von Experten für das Abendblatt dürften allein die Krane in der Zusammenstellung rund 100.000 Euro pro Monat kosten.