Hamburg. 200 Eingewanderten hat Axel Limberg schon geholfen und gelernt, was dabei entscheidend ist. Nun erhält er das Bundesverdienstkreuz.
Wer minderjährig und unbegleitet nach Deutschland kommt, steht vor großen Herausforderungen. Ohne den richtigen Ansprechpartner könne die Integration direkt scheitern, sagt Axel Limberg. Seit 2015 engagiert er sich ehrenamtlich als Flüchtlingspate – seit 2016 in Kooperation mit dem Hamburger Kinderschutzbund. 200 Menschen hat er seitdem bei der Integration geholfen. Für dieses Engagement erhält er am Montag im Hamburger Rathaus das Bundesverdienstkreuz.
Als Flüchtlingspate und teilweise auch als Vormund begleitet Axel Limberg Menschen beim gesamten Integrationsprozess. Dazu zählen die Vermittlung von Nachhilfe und Freizeitangeboten bis hin zur Bewältigung von Bürokratie. „Man könnte sagen, dass ich ihnen eine Räuberleiter baue, über die Hürde müssen sie aber selbst springen.“ Aktuell begleitet er 15 junge Menschen, davon sind die allermeisten männlich und kommen aus Afghanistan. „Ich habe aber auch schon junge Geflüchtete aus dem Iran, Syrien, dem Jemen, der Ukraine, Ägypten, Somalia, Guinea, Mali und Eritrea unterstützt.“
Migration: Hamburger Axel Limberg, weiß wie die Integration von Flüchtlingen gelingen kann
„Ich glaube, das wichtigste für eine erfolgreiche Integration ist, dass die Menschen eine deutsche Vertrauensperson an die Seite bekommen“, sagt Axel Limberg. Aus eigener Erfahrung könne er bestätigen, dass die Integration zum Beispiel mit einem Paten um eineinhalb Jahre beschleunigt werden könne. „Integration gelingt viel besser mit einer Vertrauensperson und kann direkt am Anfang scheitern, wenn es diesen Ansprechpartner nicht gibt.“
Vor allem die Bürokratie stelle Flüchtlinge vor allein kaum zu bewältigende Hürden. „Da kommen teilweise Briefe aus den Behörden, die sogar ich erst beim zweiten Lesen verstehe.“ Mit den Behörden gebe es immer wieder Probleme. Dass es sich hierbei nicht um Einzelfälle handelt, zeigt ein Pilotprojekt der Hamburger Wohlfahrtsverbände. Mit dem „Monitor Verwaltungshandeln“ wurden fast 2000 Beschwerden über die Verwaltung in Hamburg binnen knapp vier Monaten gesammelt und ausgewertet. Fast jede zweite Beschwerde bezieht sich auf das Amt für Migration. Inhaltlich geht es hauptsächlich um fehlende Unterlagen, schlechte Erreichbarkeit in den Behörden sowie Geldleistungen und Bearbeitungszeiten.
Axel Limberg: Sehe die Ehrung auch als Anerkennung der Geflüchteten
Kurz vor Weihnachten 2023 erhielt Axel Limberg einen Brief aus der Senatskanzlei. „Da dachte ich zuerst, jetzt kommt schon wieder etwas Bürokratisches.“ Als er den Brief las, wurde ihm jedoch klar, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ihm das Bundesverdienstkreuz verleiht. „Die Ehrung bedeutet mir schon sehr viel. Ich sehe es auch als Anerkennung für die Geflüchteten.“ 14 Menschen darf Axel Limberg am Montag mitnehmen, wenn Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) ihm das Bundesverdienstkreuz im Hamburger Rathaus überreicht. Er freut sich vor allem darüber, dass sechs Flüchtlinge ihn begleiten werden.
„Axel Limberg hat in den vergangenen Jahren viel Herzblut und auch sehr viel Zeit aufgewendet, um geflüchteten jungen Menschen ihr Ankommen in Hamburg ein bisschen leichter zu machen und ihnen zu helfen, beruflich auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt Fuß zu fassen“, sagt Melanie Schlotzhauer. Er leiste damit einen wichtigen Beitrag zum interkulturellen Zusammenleben und zur Integration unbegleiteter, minderjähriger Geflüchteter.
Axel Limberg sieht in Hamburg noch viel Potenzial bei der Integration
Im bundesweiten Vergleich bewertet Axel Limberg die Hansestadt positiv. „Rein statistisch ist Hamburg ganz weit vorn, was die Arbeitsmarktsituation von Geflüchteten angeht, die nicht aus der Ukraine kommen.“ Trotzdem sei dort noch viel Potenzial nach oben. Ihm fehlt vor allem ein ganzheitlicher Ansatz bei der Integration. „Es scheitert häufig daran, dass die Menschen traumatisiert sind und psychologisch nicht behandelt werden.“ Ein weiteres Problem sei, dass die Menschen keine Einzelzimmer haben, es gebe deshalb kaum Möglichkeiten, in Ruhe zu lernen. „Mich ärgert, dass so vieles noch nicht läuft, wir hatten ja seit 2015 genug Zeit zu üben.“
Der Schlussstein einer erfolgreichen Integration sei die Einbürgerung. „Für viele ist sie der verdiente Lohn ihrer beeindruckenden Integrationsleistungen.“ Viele haben erst mit Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft letzte Gewissheit, dass sie nicht abgeschoben werden. Das sei aber eine irrationale Angst; wer schon so weit gekommen ist, werde nicht abgeschoben. „Je länger der Einbürgerungsprozess dauert, desto häufiger haben Menschen das Gefühl, dass da etwas nicht stimmt.“
Wegen fehlender Einbürgerung: Fachkräfte könnten auswandern
Auch bei der Einbürgerung gebe es noch viel Luft nach oben. So seien die Wartezeiten viel zu lang und Dokumente können bis heute nicht online eingereicht werden. „Ich weiß von vielen, die erfolgreich eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, Fachkräfte sind und mit dem Gedanken spielen auszuwandern, weil sie schon so lange auf ihre Einbürgerung warten“, sagt Axel Limberg. „Gastrobetriebe in Österreich zahlen riesige Antrittsgelder, damit diese Fachkräfte kommen.“
Am Montag will Axel Limberg dem Senat sechs Konzepte unterbreiten, um die Integration Geflüchteter in Hamburg weiter zu verbessern. Unter dem Namen „Die Community hilft“ könnte zum Beispiel eine neue Patenschaftsinitiative entstehen. Dabei soll eine bestimmte Zielgruppe auf der Paten-Seite angesprochen werden. „Im Kern geht es um schwule Männer, die jetzt schon überproportional Flüchtlingspaten stellen.“ Mit diesem Ansatz könnten sehr schnell viele neue Paten aus der Community gewonnen werden und die langen Wartelisten bei den bestehenden Initiativen verkürzt werden.
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Seit 2015 engagiert sich Axel Limberg für die Integration minderjähriger, unbegleiteter Flüchtlinge. Der Auslöser war die überwiegend negative Berichterstattung über genau diese Personengruppe während der Flüchtlingswelle 2015/2016. „Ich dachte, dass sich jetzt bestimmt kaum jemand um diese Menschen kümmern will.“ Um genau das zu tun, wandte Axel Limberg sich an die Sozialbehörde, die ihn wiederum an ein Jugendheim verwies. „Als ich zum ersten Mal reingekommen bin, hatte ich sofort das Gefühl: Hier bin ich richtig.“
Zunächst freischaffend tätig, hat sich Axel Limberg 2016 der Patenschaftsinitiative des Hamburger Kinderschutzbundes angeschlossen. „So eine Patenschaft ist Gold wert“, sagt er. Die Initiative ermöglicht einen gegenseitigen Austausch und vermittelt Geflüchtete an Paten. Dabei sorgte sie dafür, dass die richtigen Personen zusammenkommen. Der 51-jährige Hamburger arbeitet hauptberuflich in der Hausverwaltung und ist auch als Autor tätig. 2017 erschien sein Buch „Das rettende Ufer“, in dem er auf die Lage homosexueller Flüchtlinge aufmerksam macht. Zum Bücherschreiben komme er aktuell jedoch nicht. 20 bis 25 Stunden verbringe er pro Woche mit seinem Ehrenamt.