Hamburg (dpa/lno). Angesichts des Arbeits- und Fachkräftemangels mahnen Sozialbehörde und Arbeitsexperten, den Blick verstärkt auf Flüchtlinge zu richten. Arbeitgeber sollten ihnen eine Chance geben, auch wenn Fach- und Sprachkenntnisse noch nicht ganz perfekt sind.

Sozialbehörde, Jobcenter und die Hamburger Agentur für Arbeit haben an die Arbeitgeber appelliert, verstärkt Flüchtlinge einzustellen. „Geben Sie geflüchteten Menschen eine Chance und unterstützen Sie sie bei ihrer Integration in Arbeit und auch in die Gesellschaft“, erklärten Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD), Jobcenter-Geschäftsführer Dirk Heyden sowie der Chef der Arbeitsagentur, Sönke Fock, am Donnerstag. So könnten sich die Arbeitgeber auch ihre Nachwuchskräfte sichern. „Jetzt ist die Zeit für uns alle, gemeinsam zu handeln und zu helfen.“

Basis des Aufrufs ist der im Oktober vergangenen Jahres vorgestellte „Job-Turbo“ der Bundesregierung. Demnach soll die Integration in den Arbeitsmarkt nicht mehr in Stufen, also erst Spracherwerb, dann der Erwerb von Fachkenntnissen und zuletzt der Wechseln in den Beruf erfolgen, sondern parallel erfolgen. „Der „Job-Turbo“ ist jetzt eine einmalige Gelegenheit, in Zeiten von Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel und drohender demografischer Entwicklung für den Nachwuchs zu sorgen und sich gutes Personal zu sichern“, sagte Heyden.

Notwendig dafür sei jedoch, die Anforderungen zu senken. Man könne nicht von jedem Bewerber gute bis sehr gute Deutschkenntnisse erwarten, „sondern man muss Kompromisse machen“. Dafür erhielten die Arbeitgeber hoch motivierte Menschen, „die arbeiten wollen und auch tatsächlich arbeiten können“. Heyden sagte, über den „Job-Turbo“ spreche das Jobcenter nun alle sechs Wochen mit den Absolventen der Integrationskurse und gehe mit ihnen auf die Arbeitgeber zu.

Sozialsenatorin Schlotzhauer sagte, Arbeit sei mehr als nur Broterwerb. „Arbeit ist soziale Integration, Arbeit ist der beste Hebel gegen Armut.“ Und Arbeitslosigkeit zu beenden sei eine der wichtigsten Aufgaben, „die wir sozialpolitisch verfolgen“.

„Der Hamburger Arbeitsmarkt sucht Fach- und Arbeitskräfte“, sagte der Chef der Arbeitsagentur Fock. Im vergangenen Oktober habe es in der Hansestadt 1,08 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gegeben. 60.300 Menschen hätten im vergangenen Jahr ihre Arbeitslosigkeit beendet bei im Jahresschnitt 11.000 Jobangeboten - „und das trotz der Konjunkturschwäche, die uns im Jahr 23 betroffen hat“.

Nach Angaben des Jobcenters ist die Vermittlung von Flüchtlingen in den Hamburger Arbeitsmarkt in der Vergangenheit bereits gut gelungen. So sei fast die Hälfte (47,8 Prozent) aller erwerbsfähigen Flüchtlinge aus den größten acht Herkunftsländern Syrien, Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan und Somalia in Lohn und Brot. Das sei bundesweit der höchste Wert. Bei Flüchtlingen aus der Ukraine liege der Wert bei 23 Prozent, was im Ranking der 16 Bundesländer Platz sechs bedeute.