Hamburg. Neben den Bauernprotesten legen auch Lokführer die Arbeit nieder. Logistikfirmen unterstützen Protest. Streik auch bei den Hausärzten?

Nicht nur Autofahrer werden in dieser Woche voraussichtlich starke Nerven brauchen: Der Bauernverband hat für Montag in Hamburg eine große Protestaktion angekündigt. Bis zu 2000 Traktoren werden auf unterschiedlichen Routen durch die Hansestadt rollen und sie dürften den Verkehr in Teilen nahezu lahmlegen (hier geht es zum Liveblog). Aber auch die Bahn streikt, außerdem könnten Logistikunternehmen sowie die niedergelassenen Ärzte der Hansestadt zum Ausstand oder zu sonstigen Aktionen aufrufen. Auf die Hamburgerinnen und Hamburger dürfte eine anstrengende Woche zukommen.

Weil die Bauern vom frühen Morgen an mit ihren Traktoren „Gegen Steuererhöhungen im Agrarbereich“ protestieren wollen, rechnet die Polizei mit massiven Behinderungen im Straßenverkehr. Auch der Schulbetrieb ist von dem geplanten Demonstrationszug betroffen. Am Montag – dem ersten Schultag nach den Winterferien – können Eltern kurzfristig entscheiden, ob sie ihre Kinder aufgrund besonderer Probleme auf den Schulwegen vom Schulbesuch abmelden oder nicht. „Bei Schülerinnen und Schülern, die sich aufgrund der besonderen Situation verspäten, sollte die Verspätung nicht als solche vermerkt werden“, teilte die Schulbehörde mit.

Bauernprotest in Hamburg: Traktoren dürften Verkehr lahmlegen

Jeweils 250 bis 300 Traktoren sollen nach den Plänen der Anmelder am Montagmorgen aus Schleswig-Holstein kommend in Langenhorn, Rahlstedt und Bergedorf und anderen Orten die Landesgrenze passieren und zu einer Abschlusskundgebung in der Hamburger Innenstadt fahren, wie die Polizei mitteilte. Detaillierte Informationen darüber, welche Routen die Bauern mit ihren Treckern nehmen und wo es Behinderungen geben könnte, erfahren Sie hier. Dass die Ampel-Regierung am Donnerstag erklärt hatte, geplante Kürzungen von Subventionen für Landwirte teilweise zurückzunehmen, scheint die Protestbereitschaft der Bauern nicht zu mindern.

Mit dem Traktor in die Hamburger Innenstadt: So wollen Bauern auf ihre Forderungen aufmerksam machen.
Mit dem Traktor in die Hamburger Innenstadt: So wollen Bauern auf ihre Forderungen aufmerksam machen. © dpa | Axel Heimken

Bis Freitag wurden vom „Land schafft Verbindung e. V.“ 16 Anträge für 15 Traktoraufzüge offiziell angemeldet. Da die Versammlungsbehörde fortwährend weitere Anmeldungen erhalte, müsse im gesamten Stadtgebiet sowie auf Ausweichstrecken mit erheblichen Behinderungen gerechnet werden, hieß es. „Insofern bittet die Polizei, soweit möglich, auf öffentliche schienengebundene Verkehrsmittel auszuweichen.“

Auch ein neuer Bahnstreik kommt

Allerdings droht Fahrgästen auch hier Ungemach: Der nächste Streik der Lokführer im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn kommt – seit Sonntagabend ist nun auch klar, wann: Der bundesweite Ausstand ist von Mittwoch bis Freitag vorgesehen.

Von dem Lokführerstreik wird in dieser Woche voraussichtlich auch die S-Bahn Hamburg betroffen sein.
Von dem Lokführerstreik wird in dieser Woche voraussichtlich auch die S-Bahn Hamburg betroffen sein. © Imago/Hanno Bode

nur wann, das ist die Frage. Die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) und ihr mit markigen Aussagen gegen Bahn-Verantwortliche agierender Vorsitzender Claus Weselsky wollen „knallhart“ durchsetzen, dass die Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter bei gleichem Lohn von 38 auf 35 Stunden sinkt. Die Deutsche Bahn wiederum will gerichtlich gegen die Streikpläne vorgehen.

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Weselsky hat in einem Video klargemacht, dass die Weihnachtsruhe bis zum 7. Januar gilt, aber danach erneute Streiks drohen. Immerhin: Sie sollen nun „nur“ drei statt der befürchteten fünf Tage anhalten. Möglicher Grund für den herausgezögerten Streikbeginn am Mittwoch könnte die Tagung des Beamtenbundes sein. Nun wird sich die Bahn mit einer Fahrplanänderung und Zugstreichungen vorbereiten müssen.

Vom Bahnstreik wäre auch Hamburger S-Bahn betroffen

Die Streikankündigung bedeutet für die zahlreichen Pendler auf der Schiene am Hamburger Hauptbahnhof, dass sie sich schon vorher auf Einschränkungen gefasst machen müssen. Vor Weihnachten hat sich gezeigt, dass schon durch die massiven Beeinträchtigungen infolge des Sturms der Bahnverkehr weitgehend zum Erliegen kam.

Von dem Bahnstreik wird voraussichtlich auch die S-Bahn Hamburg betroffen sein, die es bislang geschafft hat, wenigstens einen Notfallfahrplan auf die Gleise zu bringen. Am Montag enden die Hamburger Weihnachtsferien. Es wird mit einem verstärkten Fahrgastaufkommen gerechnet. Kleinere Ausfälle wegen der Grippe- und Corona-Welle sind zusätzlich zu verkraften, wie die S-Bahn dem Abendblatt erklärte. Der Metronom dürfte nicht betroffen sein.

Wie Bahnkunden ihren Ticketpreis zurückbekommen

Bahnkunden können sich vor Fahrtantritt ein Ticket erstatten lassen, wenn der Zug absehbar ausfällt. Dazu müssen sie auf der Onlineseite der Bahn oder in der Navigator App am Handy einen Antrag stellen. Bei Nutzung anderer Züge als den fest gebuchten hat sich die Bahn bei Streiks zuletzt sehr kulant gezeigt.

GDL-Chef Weselsky wird derzeit getragen von einer 97-Prozent-Zustimmung bei der Urabstimmung über den Streik (70 Prozent Beteiligung). Er sagte, der Tarifkonflikt sei geprägt von „Angriffen durch das DB Management“ und einer „Abwehrschlacht, die ihresgleichen sucht“. Dem Vorstand der Bahn warf er vor, „Menschen und Mitarbeiter“ zu belügen, „nur um uns zu schaden“.

Verkehr Hamburg: Bahn will Streik mit neuem Angebot verhindern

Am Freitag legte die Bahn gegen ihre ursprüngliche Absicht doch einen Vorschlag bei der Arbeitszeit vor. Die Streiks ließen sich mit diesem Angebot flexiblerer Arbeitszeiten verhindern. „Um einen guten Kompromiss zu finden, wollen wir gemeinsam über neue Wege einer intelligenten und zeitgemäßen Arbeitszeitgestaltung sprechen“, sagte DB-Personalchef Martin Seiler. „Wahlmodelle sind da der richtige Weg, weil die Mitarbeitenden selbst entscheiden können.“ Streiks seien „völlig überflüssig“.

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Die GDL hat eine eigene Leiharbeiterfirma als Genossenschaft gegründet. Zukünftig sollen von dieser Genossenschaft Lokführer an Unternehmen „ausgeliehen“ werden. Die Bahn hat gerade dagegen vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht eine Feststellungsklage eingereicht. Begründung: Wenn die GDL das mache, verliere sie ihre Tariffähigkeit. Der Staatskonzern hält die Lokführer-Forderungen nach kürzerer Arbeitszeit für nicht durchführbar. Es gibt schon heute einen Nachwuchsmangel. Und wenn die Arbeitszeit sinkt, kann das Zugangebot nicht aufrechterhalten werden. Die Bahn hat elf Prozent mehr beim Gehalt angeboten. Die Lokführer hatten ein Plus von 555 Euro gefordert und eine steuerfreie Inflationsprämie.

Hamburgs Spediteure überlegen, sich am Bauernprotest zu beteiligen

Zurück zum angekündigten großen Protest der Bauern am Montag und dessen Auswirkungen: Auch Hamburgs Spediteure sind gewarnt und wollen Verzögerungen im Waren- und Frachtverkehr am Montag nicht ausschließen. „Die Informationslage ist noch unsicher“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Vereins Hamburger Spediteure (VHSp), Stefan Saß. Wenn die Autobahnen wie versprochen frei bleiben, komme es darauf an, ob das für Zubringerstraßen auch gilt. „Wir haben aus einigen deutschen Regionen Gegenteiliges gehört. Und wenn die Köhlbrandbrücke blockiert wird, haben wir natürlich schnell Störungen im Hamburger Hafen“, so Saß.

Zugleich machte er deutlich, dass die Spediteure zum Teil hinter dem Protest stehen: „Ehrlich gesagt, sind wir am Überlegen, ob wir uns daran beteiligen.“ So habe der Bundesverband Güterkraftverkehr und Logistik erklärt, sich an der Protestwoche und an der in Berlin geplanten Demonstration zu beteiligen. „Wir distanzieren uns aber deutlich von einem möglichen Generalstreik“, heißt es auf der Seite des BGL. Auch er wendet sich gegen die geplante Erhöhung der Kfz-Steuer.

Wegen Bauernprotest: Auch Abendblatt-Zustellung könnte sich verzögern

Zu Verzögerungen kann es angesichts der Bauernproteste und der Verkehrsbehinderungen auch bei der Zustellung der gedruckten Ausgabe des Hamburger Abendblattes kommen. Sollten Bundesstraßen durch die Aktionen blockiert werden, kann das auch für unsere Speditionstouren Konsequenzen haben.

Alternativ zur gedruckten Zeitung können alle Premiumabonnenten wie gewohnt das E-Paper (unsere digitale Ausgabe) ohne Einschränkungen nutzen, um weiterhin bestens informiert zu sein. Sollten Sie noch keinen Zugang zum E-Paper haben, können Sie sich als Abonnent unserer gedruckten Zeitung unter dem folgenden Link: abendblatt.de/digital-freischalten zur Nutzung freischalten und die Hamburger Abendblatt E-Paper App nutzen. Wir bedauern eventuelle Unannehmlichkeiten und hoffen auf Ihr Verständnis.

Hamburgs Ärzte blicken gespannt auf „Krisengipfel“ mit Lauterbach

Vom Streik vieler niedergelassener Ärzte zwischen Weihnachten und Neujahr war erwartungsgemäß wenig zu spüren. Auch wenn die Praxisschließungen offiziell nicht Streik heißen dürfen, weil die Ärzte einen Versorgungsauftrag haben und immer eine Vertretung besorgen müssen, waren viele Türen an den drei Werktagen zugesperrt. Ob es zu weiteren Protesten und Einschränkungen für Patienten kommt, ist noch nicht ausgemacht. Aber am Dienstag treffen die Vertreter der Praxisärzte auf Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), gegen dessen Politik sich ihr Zorn richtet. Sollten die Gespräche nicht wie gewünscht laufen, sind die Ärzte offenbar wie die Apotheker zu allem bereit.

Der Hamburger HNO-Arzt Dr. Dirk Heinrich, der Bundesvorsitzender des Spitzenverbandes der Fachärzte ist, sagte im Vorwege: „Wir beklagen seit Jahren ein Ausbluten der ambulanten Versorgung und weisen eindringlich auf die jetzt schon spürbaren Auswirkungen für die medizinische Versorgung der Menschen in Deutschland hin. Lange Wartezeiten auf Facharzttermine, Wartelisten und weitere Leistungskürzungen für unsere Patientinnen und Patienten müssen vermieden werden.“ Vom „Krisengipfel“ mit Lauterbach erwarte er klare Zusagen.

Auch bei den Fachärzten müssten die Budgets fallen, also auch jede erbrachte Leistung bezahlt werden. Heinrich sagte, es gebe erheblichen Frust unter den Ärzten, die kurz vor der Rente stehen. Das führe dazu, dass eine Praxisaufgabe schon vorgezogen werde. Dabei sei ohne eine freiwillige Verlängerung der Lebensarbeitszeit der Mediziner ein „großer Versorgungsengpass in den nächsten Jahren“ zu erwarten.