Hamburg. Das Programm „Anschluss“ hilft, die Corona-Lücken von Hamburgs Schülern zu schließen. Doch die Bundesmittel dafür versiegen nun.

Zwischen Schulschließungen, Homeschooling und Online-Unterricht während der Corona-Pandemie haben viele Schülerinnen und Schüler den Anschluss verloren. Darauf deuten die vor Kurzem veröffentlichten Ergebnisse der jüngsten PISA-Studie hin. Doch Kinder und Jugendliche können Lernrückstände aufholen, wie das Hamburger Programm „Anschluss“ gezeigt hat.

Trotzdem wird die Schulbehörde das Mentorenprogramm künftig nur in abgespeckter Form weiterführen. Der Grund: Die bisher dafür genutzten Bundesmittel laufen aus. Wie es weitergehen soll, erläuterte Schulsenator Ties Rabe am Donnerstag im Rathaus.

Anschluss nach Corona: Erfolgreiches Bildungsprojekt aus Hamburg wird abgespeckt

Unter dem Titel „Anschluss“ unterstützten von August 2021 und Juli 2023 in der Hansestadt Hunderte Lehramtsstudenten auf Honorarbasis mehr als 11.300 Hamburger Grundschüler der Klasse 4 – also Mädchen und Jungen, die vor dem Wechsel an eine weiterführende Schule stehen. Eine Auswertung des Instituts für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung (IfBQ) zeigt, dass die in der Regel zusätzlichen 180 Minuten Lernzeit pro Woche Früchte tragen.

Dem IfQB zufolge haben die teilnehmenden Kinder – beinahe ausschließlich leistungsschwächere – ihre Leistungen in Deutsch und Mathematik signifikant stärker verbessert im Vergleich mit Schülerinnen und Schülern, die nicht Teil des Programms waren. Im Fach Deutsch ist ihr Lernzuwachs sogar rund 50 Prozent größer. Noch dazu legten die fast 500 Mentorinnen und Mentoren Wert darauf, den Kindern Lernmotivation und -organisation zu vermitteln, was ihnen zusätzlichen Rückenwind verschaffen sollte.

Dennoch soll das Programm künftig im kleineren Maßstab weiterlaufen. Finanziert worden war „Anschluss“ zwischen August 2021 und Juli 2023 mit Mitteln aus dem Bundesprogramm „Aufholen nach Corona“. Hamburg erhielt 32 Millionen Euro.

Förderprogramm auf ein Drittel eingedampft – weil Bundesmittel fehlen

Jetzt, nach dem Versiegen der Bundesmittel, soll „Anschluss“ auf keinen Fall zum Erliegen kommen, so Senator Rabe. „So gut es geht, führen wir das Programm jetzt mit Landesmitteln weiter. Wir beschränken es allerdings auf ein Drittel aller Grundschulen, nämlich jenes Drittel, in dem besonders viele Kinder mit Förderbedarf zur Schule gehen“, sagt er. Dabei handele es sich vornehmlich um Schulen mit den Sozialindizes 1 und 2.

1,25 Millionen Euro im Jahr lässt sich Hamburg „Anschluss“ künftig noch kosten. Dafür aber dauerhaft, betont Rabe. Zudem handele es sich dabei längst nicht um das einzige Programm Hamburgs zur Förderung seiner Schüler. Es gebe weiterhin kostenlose Nachhilfeprogramme und Ferienangebote sowie zusätzliche Hilfen für Kinder mit Sprachrückständen.

Kostenloser und individueller Unterricht für leistungsschwache Schüler aus Hamburg

Dass die Schulbehörde sich dafür entschieden hat, das Programm weiterhin anzubieten, wenn auch nicht vollumfänglich, ist dessen Erfolg geschuldet. „Der ist schon sehr, sehr bemerkenswert. Fördermaßnahmen wirken keineswegs immer so, dass sich dann plötzlich alles zum Besten wendet“, so Rabe. Dass „Anschluss“ tatsächlich half, pandemiebedingte Lernrückstände aufzuarbeiten, liege einerseits an der hohen wöchentlichen Stundenzahl des Zusatzunterrichts und den kleinen Lerngruppen von nur vier oder fünf Schülern. Andererseits hebt der Senator die starke inhaltliche Verzahnung mit dem Regelunterricht hervor.

Auch das Mentoring-Prinzip mit Lehramtsstudenten, deren Zugang zu den Schülern wahrscheinlich ein anderer sei als jener der regulären Lehrkräfte und die nicht in die Verlegenheit kämen, ihre Schüler mit Zensuren unter Leistungsdruck zu setzen, sei ein Grund für die guten Ergebnisse, sagt Marika Schwaiger. Sie leitet das Programm „Anschluss“ für das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI), das der Schulbehörde untersteht.

Schwaiger lobt die Individualität der Förderung: „Es gab Kurse, in denen wurde hart gearbeitet, und es gab Kurse, in denen wurde mehr gespielt und mehr gesprochen, um überhaupt wieder ins Lernen und in die Schule zurückzukommen.“ Je nachdem, was die jeweiligen Kinder eben benötigten. Insgesamt seien etwa 80 Prozent der Schüler erreicht worden, die coronabedingten Förderbedarf aufwiesen.

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Plattform „Igel“ hilft Hamburger Schülern in Deutsch und Mathe

Von dauerhaftem Wert ist zudem „Igel“ (Individuelle gezielte Lernförderung). Die Lernplattform setzte das LI unterstützend im Rahmen von „Anschluss“ auf. „Igel“ bleibt auch künftig erhalten und wird weiterhin bestückt. Auf der Plattform lassen sich qualitätsgeprüfte und auf den Unterricht abgestimmte Lernmaterialien für die Fächer Deutsch und Mathematik sowie die Förderung überfachlicher Kompetenzen abrufen.

Igel richtet sich an Schüler der Klassenstufen 1 bis 10 und enthält sogar Materialien zur Vorbereitung auf den Schulabschluss. Die Plattform ist für jeden frei und kostenlos zugänglich. „Jeder, der darauf zugreift, kann sicher sein: Das taugt etwas. Das kann ich bedenkenlos einsetzen im Unterricht“, sagt Schwaiger.