Hamburg. Gesetzesänderungen und neuer Mietenspiegel können zu höheren Kosten führen. Warum auch Drückerkolonnen unterwegs sind.

2023 neigt sich dem Ende – und 2024 dürfte Mieter nicht zu Freudensprüngen veranlassen. Mit dem Jahreswechsel treten einige neue Regelungen in Kraft, die Mieterinnen und Mieter in Hamburg mindestens mittelbar betreffen. Weshalb sie sich nun auf Kostenerhöhungen einstellen müssen und wieso das Kabelfernsehen in Kürze abgeschaltet sein könnte, hat das Abendblatt zusammengefasst.

Das erwartet Mieter in Hamburg 2024: Kabel-TV und höhere Wohnkosten

Vielleicht hat es bei dem ein oder der anderen bereits geklingelt, und ein freundlicher Vertreter eines Kabelfernsehanbieters stand vor der Tür. Grund dafür ist der Wegfall des Nebenkostenprivilegs. Vom 1. Juli 2024 an dürfen Vermieter die Kosten für das Kabelfernsehen nicht mehr über die Nebenkosten abrechnen. Dass die einzelnen Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus per Sammelvertrag mit Kabelfernsehen versorgt werden, ist damit Geschichte. Wer das TV-Programm aus der Dose weiterhin nutzen möchte, muss selbstständig einen Vertrag abschließen – kann sich den Anbieter nun jedoch auch selbst aussuchen.

Aber Achtung: „Drückerkolonnen versuchen jetzt, in dieses Vakuum reinzugehen“, warnt Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. Vertreter einer Reihe von Anbietern versuchen, Mietern direkt an der Haustür oftmals überteuerte Verträge anzudrehen. Der Verbraucherzentrale zufolge würden sie dabei zuweilen sogar vortäuschen, eigentlich nur die Kabel-TV-Dose zu überprüfen. Weil die Vertreter vielfach auf Provision arbeiten, ist ihnen daran gelegen, Unwissende in Wucherverträge zu locken.

Mieten: Kabelfernsehen kommt Hamburgern 2024 teurer zu stehen

Mietrechtsexperte Bosse gibt den Tipp, schon jetzt mit einem Blick auf die letzte Nebenkostenabrechnung zu überprüfen, welchen Anbieter zu welchen Konditionen der Vermieter beziehungsweise die Hausverwaltung bisher nutzte. Auf Internetportalen wie Verivox können Mieter zudem seriöse Kabel-TV-Firmen vergleichen. Wichtig sei es dabei, sich von einem großen Senderkontigent nicht blenden zu lassen, rät Bosse: „Was bringen mir schon 250 Sender, wenn ich sowieso nur fünf gucke.“ Mieter sollten genau überlegen, mit wem sie einen Vertrag eingehen, denn wer den Vertreterbesuch wegschickt, „der wird nicht das beste Geschäft seines Lebens verpassen“, versichert Bosse.

Die schlechte Nachricht: Etwas teurer wird das Kabelfernsehen für die meisten aber dennoch. „Gerade bei der Saga oder Genossenschaften zahlen die Leute bislang oft nur 60 Euro im Jahr für das Kabelfernsehen. Diese Menschen müssen sich schon darauf einstellen, dass es jetzt teurer wird“, so der Mietrechtler. Dadurch, dass die Sammelverträge wegfallen, entstünden den Anbietern schließlich auch größere Verwaltungsaufwendungen. Und außerdem bietet sich ein Vertragswechsel ja oft für eine Preiserhöhung seitens der Unternehmen an.

Als Richtlinie gibt Bosse mit auf den Weg: 8 bis 10 Euro im Monat sind gerechtfertigt für das Kabelfernsehangebot. In der Regel sollten Mieter künftig etwa 2 bis 3 Euro mehr für das TV-Angebot in Kauf nehmen müssen. Alle, die das Kabelfernsehen sowieso nicht nutzen, können sich wiederum darüber freuen, einen Posten weniger auf der Nebenkostenabrechnung zu entdecken.

Gebäudeenergiegesetz sorgt für Modernisierungskosten, die die Mieter tragen

„Es gibt auch viele gesetzliche Regelungen, die auf die Situation der Mieter zurückreflektieren“, also mittelbar auf die Miete einwirken, sagt Bosse. Dazu zählt etwa das Gebäudeenergiegesetz. Denn wenn eine Wohnung energetisch modernisiert wird oder eine klimaschonende Heizungsanlage installiert wird, „dann ergeben sich daraus bestimmte Möglichkeiten auf der Vermieterseite, die Miete zu erhöhen“, so der Vorsitzende des Mietervereins.

Hier gilt es, genau zu prüfen, ob ein Mieterhöhungsgesuch auch rechtens ist. Dabei ist der Mieterverein gern beratend behilflich. Auch kann eine Mitgliedschaft im Verein in Betracht gezogen werden. „Das Gebäudeenergiegesetz sieht zwar keine Regelung zur Mieterhöhung vor“, informiert Bosse, „aber im Bürgerlichen Gesetzbuch gibt es Regelungen zu Mieterhöhungen bei Modernisierung.“ Im Zuge des Gebäudeenergiegesetzes seien diese sogar ergänzt worden.

Derzeit gebe es eine große Stagnation beim Wohnungsbau und der -modernisierung, erzählt Bosse. So seien Bestellungen für Wärmepumpen oder Dämmstoffe wieder eingebrochen. Für Mieter hat das je nach Wohnsituation unterschiedliche Auswirkungen. Zwar sparen sie sich eventuelle Kosten für Modernisierungen, doch gerade Mieter alter, schlecht gedämmter und schimmelanfälliger Wohnungen haben das Nachsehen – und das Klima sowieso.

Neuer Mietenspiegel führt vermutlich zu steigenden Kosten in Hamburg

Apropos steigende Kosten. Es könnte noch dicker kommen für Hamburger Mieter, denn der Experte erwartet die baldige Veröffentlichung des neuen Mietenspiegels. Etwa in zwei Wochen könnte es so weit sein. „Wir haben das Problem, dass wir im Mietenspiegel eine Abbildung der Mietveränderungen in den letzten sechs Jahren finden werden. Das bedeutet leider auch, dass Indexmieten da hineinkommen oder sogar Mieten, die eigentlich gegen die Mietpreisbremse verstoßen“, sagt er.

Diese und weitere Faktoren würden dazu führen, dass der Mietenspiegel nach Erwartung des Mietervereins zu Hamburg um fünf bis sechseinhalb Prozent ansteigen dürfte. „Das ist ein ganz schöner Schlag, insbesondere nachdem die Inflation und die gestiegenen Energiepreise die Kosten insgesamt schon in die Höhe getrieben haben“, sagt Bosse.

Mieterhöhungswelle erreicht Hamburg wahrscheinlich noch im Dezember

Wahrscheinlich werden die Vermieter noch im Dezember, sofort nach Veröffentlichung des neuen Mietenspiegels, Erhöhungsgesuche verschicken. Der Mieterverein rechnet mit einer Welle an Mieterhöhungen. „Dann gibt es eine Überlegungsfrist bis März, und danach greift die Mieterhöhung, wenn nicht widersprochen wurde“, informiert Bosse.

„Prüfen, pfüfen, prüfen!“, appelliert der Mietrechtler auch in diesem Fall. Auf der gerade neu gestalteten Webseite des Mietervereins zu Hamburg gibt es eine Online-Anwendung, um die Rechtmäßigkeit der Erhöhungsgesuche zu checken. Ansonsten können sich Mieter, wie in allen mietrechtlichen Belangen, also etwa auch Energiewende- und Kabelfernseh-Fragen, direkt an den Verein wenden.

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Alles in allem sieht Bosse die Mieterinnen und Mieter in Hamburg und Deutschland von der Politik missachtet. „Wir warten seit Beginn der Ampel-Regierung auf die Umsetzung einer Regelung, die im Koalitionsvertrag steht“, sagt er. „Nämlich dass die Kappungsgrenze gesenkt wird. Das hatten wir dieses Jahr schon erwartet, aber Herr Buschmann mauert.“

Die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen binnen drei Jahren wollte die Regierung eigentlich von 15 auf elf Prozent verschärfen. „Und dann warten wir natürlich, dass die Mietpreisbremse verlängert wird. Ich bin wirklich sehr angefressen.“ Bosse versteht das Agieren der Bundespolitiker nicht, deren Wähler doch zu einem sehr großen Teil Mieterinnen und Mieter sind.

Doch zumindest was Hamburg angeht, hat er lobende Worte für die Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD), die einen guten Job mache und ihr Mögliches tue – „aber ihr sind eben die Hände gebunden“, meint Bosse.