Hamburg. Ungerechtfertigte Aufschläge und fehlende Instandhaltung: Wie der schwedische Konzern das begründet und wie Mieter reagieren sollten.
Als „große Verantwortung“ bezeichnete der schwedische Konzern Heimstaden Bostad die Übernahme von rund 3600 Wohnungen von der Akelius AG in Hamburg im Jahr 2021. In Berlin übernahm der Wohnungsriese weitere rund 14.000 Wohnungen. Heimstaden stehe „für ein zukunftsfähiges, kooperatives Verhältnis zwischen Mieterinnen und Mietern, der Politik, Gesellschaft und Vermietern“, hieß es damals.
Jetzt, nur zwei Jahre später, besitzt Heimstaden sogar mehr als 4000 Wohnungen in Hamburg. Doch viele Mieterinnen und Mieter sehen sich nun mit fehlerhaften Mieterhöhungsgesuchen sowie mangelhafter Instandhaltung der Gebäude konfrontiert. Seit September erreichten Hunderte Heimstaden-Mieter deutschlandweit Briefe mit unrechtmäßigen Mietforderungen, wie ein Mieterbündnis am Dienstag erklärte. Wie Betroffene eine unrechtmäßige Mieterhöhung erkennen, was sich dagegen unternehmen lässt und womit Heimstaden die Fehler erklärt.
Heimstaden: Falsche Mieterhöhungen für Hunderte Hamburger Wohnungen
Drastische Indexmieterhöhungen, keine Beachtung der Kappungsgrenze, Überschreitungen der ortsüblichen Vergleichsmiete: Seit September erreichen viele Hamburger Heimstaden-Mieter fehlerhafte Mieterhöhungsgesuche. Laien, die die anstehende Erhöhung als ärgerlich, aber wohl rechtmäßig akzeptieren, unterschreiben fälschlicherweise und zahlen fortan mehr, als sie müssten. Zumal jede akzeptierte überhöhte Mietforderung den Mietenspiegel und damit die Bemessungsgrundlage für alle Mieter steigert.
Heimstaden selbst betont, dass ein IT-Fehler für die unrechtmäßigen Mietforderungen verantwortlich ist und die Kappungsgrenzen nicht etwa ignoriert wurden. „Heimstaden nutzt seit Kurzem ein neues IT-System zur Mietenverwaltung. Dabei kam es bei der Übertragung von Daten bedauerlicherweise zu Fehlern, weshalb einzelne Mieterhöhungen falsch kalkuliert wurden, auch in Bezug auf die Kappungsgrenze“, teilt Sprecher Michael Lippitsch mit. „Wir konnten diese Fehler selbst identifizieren, und alle Korrekturschreiben sind an die betroffenen Mieterinnen und Mieter bereits versendet worden.“ Sollten Mieter bislang jedoch kein Korrekturschreiben erhalten haben, bestehe das Mieterhöhungsverlangen fort.
Mietervereine mobilisieren gegen Heimstaden in Hamburg und Berlin
Die Mietervereine mobilisieren dennoch gegen den Wohnungskonzern, auch weil Heimstaden abseits der fehlerhaften Erhöhungen in vielen Fällen die rechtlich möglichen Maximalforderungen stelle. Ein Zusammenschluss der Mieter-Initiative StopHeimstaden Berlin, des Netzwerkes Recht auf Stadt Hamburg, des Berliner Mietervereins, des Mietervereins zu Hamburg und des Vereins Mieter helfen Mietern Hamburg will dafür sorgen, dass Heimstadens Mieter umfassend über die fehlerhaften Mieterhöhungsgesuche und ihre Rechte informiert sind.
„Spätestens mit der aktuellen Mieterhöhungswelle wird deutlich, dass Heimstaden keinen Deut besser ist als die berüchtigte Voreigentümergesellschaft Akelius AG“, äußert Marc Meyer, Rechtsberater und Jurist im Verein Mieter helfen Mietern Hamburg. „Deren unverschämte Hochpreispolitik wird insbesondere durch Indexmieterhöhungen fortgesetzt und bewirkt immer mehr Nettokaltmieten über 20 Euro je Quadratmeter. Dieses Vorgehen gehört verboten.“
Die Mietervereine gehen davon aus, dass mindestens jede zweite Mieterhöhung der Heimstaden unrechtmäßig ist. Auch Heimstaden selbst räumt ein, dass es in mehreren Hundert Fällen fehlerhafte Berechnungen gab. Die Fehler würden allerdings unabhängig vom Status der Zustimmung durch die Mieter korrigiert.
Mieterhöhungen in Hamburg: So sollten Betroffene reagieren
Die Mietervereine plädieren dafür, Erhöhungsgesuche eines Vermieters in jedem Fall genau zu prüfen oder prüfen zu lassen. Insbesondere folgende Punkte sollten Mieter im Auge behalten, wenn sie ein Schreiben des Vermieters erreicht: Wurde die Kappungsgrenze von maximal 15 Prozent Mieterhöhung binnen drei Jahren überschritten? Wurde die Wohnung korrekt in den Mietenspiegel eingeordnet? Und liegt die letzte Mieterhöhung mindestens ein Jahr zurück?
Ein zweifelhaftes Mieterhöhungsverlangen sollten Mieter niemals ohne Mietrechtsberatung unterschreiben, so das Credo der Experten. Als Mitglied in einem Mieterverein können Betroffene auf Vernetzung und oft sogar eine Rechtsschutzversicherung zählen.
Fehlerhafte Korrekturschreiben? Heimstaden weiß nichts davon
Selbst in den korrigierten Schreiben, die Heimstaden nach einem Einwand versendet, würde der Konzern in vielen Fällen noch überhöhte und fehlerhafte Mieten aufrufen, erklärt Paul-Hendrik Mann, Rechtsberater und Jurist im Mieterverein zu Hamburg. „Das Verhalten von Heimstaden legt letzten Endes deren eigentliche Ziele offen. Es geht nicht um eine soziale oder gedämpfte Mietpreisentwicklung, sondern es geht um Profitstreben und Gewinnmaximierung“, formuliert Mann des Weiteren.
Heimstaden-Sprecher Michael Lippitsch teilt allerdings mit, er wisse nichts von Korrekturschreiben, die noch immer Fehler enthielten. „Mieterinnen und Mieter können sich aber gerne bei uns melden, dann prüfen wir auch diese Fälle“, sagt er.
Mieterin Christina: „Heimstaden setzt dem Ganzen die Krone auf“
Christina, eine Hamburger Mieterin mit Wohnung in Ottensen, ist geplagt von stetigen Mieterhöhungen des Konzerns: „Heimstaden setzt dem Ganzen die Krone auf“, sagt sie ob ihrer bereits negativen Erfahrungen mit dem vormaligen Wohnungsbesitzer Akelius. „Seit Heimstaden hier gekauft hat, passiert nichts mehr“, so die Mieterin. „Es wird in keinster Weise in Instandhaltungen investiert, aber im Gegenzug die Miete rausgeholt, wo es nur geht.“
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Hierzu teilt Heimstaden-Sprecher Lippitsch mit, dass der „Instandhaltungsrückstau“ einiger der insgesamt rund 18.000 Heimstaden-Wohnungen seit Erwerb 2021 nicht aufzuholen war. Die Instandsetzungen und Sanierungen begreife Heimstaden aber als „große Aufgabe für die nächsten Jahre“.
Wohnen in Hamburg: Neuer Mietenspiegel voraussichtlich in den kommenden Wochen
Die Welle an Mieterhöhungsschreiben von Heimstaden war vermutlich nicht die letzte in Hamburg. In den kommenden Wochen, also noch im November oder Anfang Dezember, könnte der neue Mietenspiegel erscheinen, der dann rückwirkend bis April gilt. Womöglich ist Vermietern mit dem neuen Mietenspiegel in vielen Fällen eine stärkere Mieterhöhung möglich. Auch unter diesem Gesichtspunkt sollten Mieterinnen und Mieter Erhöhungsgesuche unbedingt von erfahrenen Experten prüfen lassen, rät Rechtsanwalt Meyer. Er erwartet, dass viele Hamburger noch vor Weihnachten mit unliebsamer Post rechnen müssen.