Hannover/Mainz (dpa/tmn). Ab Juli 2024 müssen Mieter Gebühren für etwaiges Kabel-TV im Haus nicht länger pauschal über die Nebenkosten bezahlen. Sollte man dem Kabel treu bleiben? Oder was ist beim TV-Empfang noch möglich?

Es gibt viele Möglichkeiten lineares Fernsehen zu empfangen: Über Antenne (DVB-T2), über Satellit (DVB-S2), über Kabel (DVB-C2) oder über das Internet (IPTV). Dabei ist der IPTV-Empfangsweg am weitesten verzweigt. Hier haben nicht nur die Internet-Provider, sondern auch viele andere Dienstleister Angebote.

Doch noch empfangen die meisten Menschen hierzulande Fernsehen über Satellit oder Kabel, erklärt Nico Jurran vom Fachmagazin „c't“: „In den ländlichen Gebieten haben die Leute meist eine Satellitenschüssel, auch weil es dort lange Zeit schwierig war, Kabel zu bekommen.“

In der Stadt sei dagegen Kabel verbreiteter, weil man dort für gewöhnlich nicht die Erlaubnis vom Vermieter habe, eine Satellitenschüssel zu installieren. Das Antennen-Fernsehen (DVB-T2) sei immer ein „Randthema“ geblieben, sagt Jurran.

Live-TV übers Internet

Die Möglichkeiten, lineares Fernsehen per Internet zu schauen, sind aber in den letzten Jahren immer vielfältiger geworden. „Das klassische IPTV kommt von den Netzbetreibern“, erklärt Jurran. Also etwa von Telekom oder Vodafone. Es gibt aber auch Anbieter wie Joyn, „TV.de“, „Waipu.tv“ oder Zattoo, die Live-TV übers Internet verbreiten. Und es gibt Internet-Provider wie O2 oder 1&1, deren IPTV-Angebot auf Diensten wie „Waipu.tv“ oder Zattoo basiert.

Um Fernsehen via IPTV zu empfangen, braucht man teils eine Box oder einen Stick für den Fernseher, etwa vom Internet-Provider oder auch von Anbietern wie Amazon Fire TV, Apple TV, Google TV oder Roku TV. Es kann auch sein, dass der Fernseher die passende App schon hat oder sich diese dort installieren lässt. Teils holt man sich das Live-TV auch per App auf Smartphone und Tablet - oder schaut einfach im Browser auf Rechnern oder Mobilgeräten.

Der Vorteil, wenn IPTV vom Internet-Provider kommt: Die Anbieter können in ihren Netzen das TV-Signal priorisieren und quasi störungsfreien Empfang garantieren, erklärt Jurran. „Pure Streaming-Anbieter wie Waipu.tv oder Zattoo besitzen die Netze, über die sie ihr Signal schicken, nicht oder nicht komplett selbst.“

Während etwa die Netze von „Waipu.tv“ bis zur Bordsteinkante reichten, verfüge beispielsweise Zattoo über gar keine eigenen Netze. In beiden Fällen könnten Störungen bei überlasteten Netzen die Konsequenz sein, erklärt Jurran.

Wie groß ist der Aufwand?

Der Vorteil von Kabel- und Antennenfernsehen: Es ist mit dem geringsten Aufwand verbunden, sagt Michael Gundall von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Es muss nur das Kabel vom Fernseher mit der Antenne oder mit der Kabeldose verbunden werden - „und es läuft.“ Aber auch eine Satellitenschüssel sei - einmal installiert - quasi wartungsfrei.

Wer IPTV wählt, muss noch ein weiteres Gerät oder eine App einrichten. „Das setzt dann etwas mehr Technikaffinität voraus“, meint Gundall. Ein weiterer Nachteil von IPTV: Die Nutzung setze eine gute Internetverbindung voraus, die gerade in ländlichen Gebieten noch immer nicht überall gegeben sei. Und auch das Antennenfernsehen (DVB-T2) könne gerade im Ländlichen schwächeln. Deshalb sei dort Satellitenfernsehen meist die richtige Wahl, sagt Gundall.

Und selbst eine gute Internetverbindung kann schnell an ihre Grenzen kommen, wenn in einer Familie jeder parallel etwas anderes schauen möchte oder gerade große Datenmengen heruntergeladen werden, während man Fernsehen schaut, gibt Jurran zu bedenken. Immerhin: „Letzterem kann man begegnen, indem man bei den Router-Einstellungen den Fernsehempfang priorisiert.“ Zudem lohne es sich, Fernseher und andere Geräte für stabileren Empfang wenn möglich per LAN-Kabel mit dem Internet zu verbinden.

IPTV trumpft bei Programmvielfalt auf

Auch wenn es beim störungsfreien Empfang viele potenzielle Hindernisse gibt: Was die Programmvielfalt angeht, habe IPTV inzwischen die Nase vorn, sagt Nico Jurran. „Das hat sogar Satellit überholt, zumal man dort besondere Sender auch oft erst entschlüsseln muss.“

Über Satellit lassen sich Michael Gundall zufolge alle gängigen Sender kostenfrei empfangen. Auch über Antenne seien zumindest die öffentlich-rechtlichen Sender kostenfrei verfügbar. Wer über Antenne Privatsender haben möchte, muss etwa 8 Euro im Monat zahlen.“

Und beim Kabel-TV? „In Mehrfamilienhäusern ist es zurzeit noch so, dass die Kabelkosten vom Vermieter als Teil der Nebenkosten auf die Mieter umgelegt werden können“, erklärt Gundall. Als Teil eines solchen Mehrnutzvertrages koste der Kabelanschluss etwa zehn Euro im Monat - allerdings auch, wenn man ihn gar nicht nutzt.

Nebenkostenprivileg fürs TV-Kabel fällt weg

Dieses sogenannte Nebenkostenprivileg wurde jedoch vom Gesetzgeber aufgehoben. Ab dem 1. Juli 2024 müssen Mieterinnen und Mieter nicht länger pauschal für Kabel-TV im Haus bezahlen. Vermieter müssen Mehrnutzerverträge kündigen. Mieter, die Fernsehen weiter per Kabel empfangen möchten, müssen einen Einzelnutzervertrag mit dem Kabelnetzbetreiber vor Ort abschließen. Im neuen Wettbewerb sollten die Preise monatlich nicht höher als um die 10 Euro ausfallen.

Bei IPTV ist die Preisfrage komplexer: Je nach Tarif und Senderangebot zahlt man zwischen etwa 5 und 40 Euro im Monat, auch abhängig davon, ob man noch eine Box mieten muss oder ob auch Pay-TV-Sender beziehungsweise Streamingdienste à la Netflix oder Disney+ mit im Paket stecken. Das Positive: Die Verträge seien sehr leicht, oft monatlich, kündbar, so Verbraucherschützer Gundall.

Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz warnt deswegen derzeit vor selbst ernannten „Medienberaterinnen und Medienberatern“ an der Haustür oder am Telefon. Diese versuchten mit teils unseriösen Methoden, neue Kabelverträge zu verkaufen. Sie schürten etwa die völlig unberechtigte Angst davor, dass der Fernseher bald „schwarz“ bleibe, wenn man nicht unterschreibt. Denn bis nächstes Jahr haben betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher alle Zeit der Welt, sich in Ruhe zu überlegen, welchen TV-Empfang sie wollen und brauchen.