Hamburg. Kinderärztinnen warnen vor neuen Infektionswellen. Was Daten aus Australien bedeuten und wie Eltern Kindern helfen können

Das Geräusch erinnert ein wenig an einen Seehund: Wenn Kinder beim Ausatmen eine Art Pfeifen hören lassen, dann ist das oftmals ein Anzeichen für eine sogenannte Obstruktive Bronchitis. Und die tritt in der kalten Jahreszeit besonders häufig auf, wie die beiden Hamburger Kinderärztinnen Claudia Haupt und Charlotte Schulz vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte Hamburg wissen. „Etwa 30 Prozent der Kinder erkranken daran bis zum Alter von drei Jahren; gerade kleinere Kinder sind nicht nur einmal, sondern in der darauffolgenden Saison mehrmals betroffen“, sagen die KinderDocs.

Die Obstruktion entsteht dadurch, dass die Atemwege noch sehr klein sind. Schwillt die Schleimhaut noch zusätzlich an, müssen Kinder vor allem beim Ausatmen gegen einen Widerstand atmen. „Das können die Kinder lange aufrechterhalten, aber dadurch, dass sie über längere Zeit jeweils ein kleines bisschen weniger Luft herauspressen können, als sie eingeatmet haben, wird die Lunge überbläht, und die Lungenbläschen können nicht mehr so gut am Gasaustausch teilnehmen“, erklärt Claudia Haupt, Kinderärztin in Blankenese.

Kinderarzt in Hamburg: RSV-Infektionen verursachen Kollaps in Kinderpraxen und Kinderkliniken

Eine bisher so nicht gekannte Welle von Erkrankungen der tiefen Atemwege hat das RS-Virus (Respiratorische Synzytial-Virus) Hamburg in der vergangenen Saison beschert – das war ein Nachholeffekt infolge der Corona-Maßnahmen. Und manches spricht dafür, dass sich das in diesem Herbst und Winter so oder ähnlich wiederholen könnte.

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„Die Häufung der Fälle setzte in der letzten Saison sehr früh ein, es gab ungewöhnlich viele Fälle mit ungewöhnlich schweren Verläufen“, sagt Haupt, Landesvorsitzende der Hamburger Kinder- und Jugendärzte. Da viele Corona-Maßnahmen in den zwei vorangegangenen Wintern darauf abzielten, Kontakte möglichst zu vermeiden, hatte das Immunsystem vieler gerade kleinerer Kinder noch keine Bekanntschaft mit dem Virus machen können, und sie erkrankten teils ernsthaft. Grundsätzlich verursachen RSV-Infektionen bei Kindern 16-mal häufiger stationäre Behandlungen als die Influenza. „Die Welle der RSV-Infektionen traf dann im letzten Winter zugleich auf die Grippewelle – das hat tatsächlich diesen Kollaps ausgelöst in manchen pädiatrischen Praxen, den Kinder-Notaufnahmen und -Kliniken.“

Grippe und RSV: Entwicklung in Australien verheißt für uns nichts Gutes

Ein Blick auf die Südhalbkugel der Erde verheißt für diesen Winter auch bei uns nichts Gutes. Denn dort beginnt die Erkältungssaison ein halbes Jahr früher – und das lässt üblicherweise häufig Rückschlüsse darauf zu, was uns dann hier in Deutschland erwartet. „Wir wissen, dass die Grippesaison in Australien schwer verlaufen ist, dort sind sehr viele Kinder unter 14 Jahren erkrankt“, sagt Claudia Haupt. Zusätzlich habe es viele andere Virusinfektionen gegeben. „Es ist gut möglich, dass die Grippesaison auch bei uns keine leichte sein wird. Vieles spricht dafür, dass wir mit unseren Familien wieder einen harten Winter vor uns haben.“

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Das Tückische an der RS-Vireninfektion ist, dass sie mit den üblichen Symptomen einer Erkältung beginnt, sich aber rasch auf die unteren Atemwege legt, sodass die Lungenbläschen den Gasaustausch nur noch vermindert schaffen. „Das führt nicht nur zu der angestrengten Atmung und einem quälenden Husten, sondern zu einem echten Sauerstoffbedarf“, so Charlotte Schulz, Kinderärztin in Hamburg-Hoheluft. Die Eltern müssten gut aufpassen, weil sich der Zustand der Kinder binnen drei Tagen sehr verschlechtern kann. „Dann kommen Sie bitte zum Kinderarzt oder in eine Kinderklinik“, appelliert sie an die Eltern. „Verschlechtert sich die Lage deutlich, bitte direkt in die Klinik, denn dann kann Eile geboten sein.“

Kinderarzt in Hamburg: Wann Kinder schnell medizinisch behandelt werden müssen

In schnelle ärztliche Behandlung gehören insbesondere erkrankte Babys von unter sechs Monaten, aber auch etwas ältere Kinder, die sehr angestrengt atmen, nicht mehr in der Lage sind, ausreichend zu trinken, und Sauerstoff benötigen. Etwas gefürchtet ist das RS-Virus bei Kinderärzten auch deshalb, weil es bei im frühen Säuglingsalter erkrankten Kindern eine Überempfindlichkeit an den Bronchien hinterlässt. Diese Kinder können dann in den folgenden zwei oder drei Jahren immer aufs Neue wieder betroffen sein.

Wie die Krankheit übertragen wird, ab wann sie ansteckend ist und warum man sich mehrfach anstecken kann, verraten die KinderDocs im gleichnamigen Podcast. Und sie erklären, welche Möglichkeiten es gibt, besonders gefährdete Kinder wie Frühgeborene oder Säuglinge mit Vorerkrankungen durch eine Impfung gegen RSV-Infektionen zu schützen.

Haben Sie Fragen an unsere KinderDocs? Dann schreiben Sie uns an Kinderdocs@abendblatt.de.