Hamburg. Fabrik in Altona: Olli Schulz spielt in seiner Heimat zum zweiten Mal auf der „Vom Rand der Zeit“-Tour – und trat dabei auch als Papa auf.

„Dad-Rock“ hat nicht gerade den besten Ruf. Harmoniegesang, akustische Rhythmusgitarre, unverzerrtes Solo, dazu zurückhaltende Begleitung von Synthesizer, Bass und Schlagzeug – erwachsene, selbstzufriedene, risikoarme Musik ist das. Olli Schulz macht Dad-Rock. Allerdings selbstreflektierten Dad-Rock.

Am Vortag sei er mit seiner 15-jährigen Tochter beim Konzert des Rappers Ski Aggu in Potsdam gewesen, erzählt er bei seinem Auftritt in der Fabrik, und, natürlich, er war da ein Fremdkörper, der Vater, der sein Kind zu einem Konzert begleitet, mit dem er zweifellos wenig anfangen kann. Andererseits, Ski Aggu. „Also, ich habe als 15-Jähriger beschissenere Musik gehört.“

Olli Schulz macht in Hamburg Dad-Rock – und ging auf ein Ski-Aggu-Konzert

Olli Schulz, 51 Jahre alt, Songwriter, Podcaster, Entertainer, weiß, dass er alt ist. Aber er suhlt sich nicht im „Früher war alles besser“, er hört sich an, was seine Tochter hört, und obwohl er damit nichts zu tun hat, erkennt er die Qualität. Vielleicht beschreibt die Ski-Aggu-Anekdote das, was den Auftritt zum Abschluss der immens erfolgreichen „Vom Rand der Zeit“-Tour (auf der er im März auch schon in der Wilhelmsburger Inselpark-Arena spielte, die damals noch edel-optics.de Arena hieß) ausmacht.

Dass da jemand die eigene Position nicht absolut setzt, dass er sich hinterfragt, dass er zweifelt. Selbstzufrieden ist das nicht. Vielleicht macht Schulz doch keinen Dad-Rock.

Die Plattenladen-Hymne „So schreibt man seinen Song“ versandet in der eigenen Schmissigkeit

Das Problem dabei: Gerade seine jüngeren Songs werden dadurch noch nicht automatisch besser. „Vom Rand der Zeit“ hört man sich mit Interesse an, die warme, satte Produktion, die ausgefeilten Harmonien, die klugen, melancholischen Texte. Und bald ist man unglaublich gelangweilt. Das ist auch in der ausverkauften Fabrik (wo das Konzert nach einem etwas unsouveränen Diss gegen das eigentlich gebuchte Uebel & Gefährlich hinverlegt wurde) zu spüren.

Olli Schulz in der Fabrik
Am Endes des Konzerts zettelte Schulz in der Fabrik eine Kissenschlacht an – wie schon bei seinem letzten Hamburger Konzert, damals in Wilhelmsburg: © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Die Plattenladen-Hymne „So schreibt man seinen Song“: versandet in der eigenen Schmissigkeit. Die Weltbetrachtung „Bessere Version“: stirbt in Schönheit. Die „Gescheiterter Rockstar“-Nummer „Stadtfest in Bonn“: Ja, ganz sympathisch, wenn drei Fans auf die Bühne geholt werden, die die auf Platte von Ina Müller übernommenen Passagen mit Verve ins Mikro brüllen. Ach, ja, alles gut. Aber langweilig.

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Schade eigentlich, denn Schulz kann ja was. Das merkt man gerade bei den älteren Stücken: „Phase“, das ziemlich nahe am perfekten Pop gebaut ist. „Passt schon“, bei dessen Hip-Hop-Passagen Schulz gekonnt freestylet, sdoass man sich fragt, ob ihm die Rolle des Rappers nicht viel besser steht als die des Songwriters.

Olli Schulz zettelt in Hamburg zum Abschluss des Konzerts eine Kissenschlacht an

„Ab jetzt tut’s nur noch weh“, einem politischen Song, der zunehmend verzweifelt Solidarität angesichts der aktuellen Rechtsdrift einfordert. Da spürt man eine Dringlichkeit, die dem Olli Schulz des Jahres 2024 ein Stück weit fehlt. Eigentlich schade.

Olli Schulz in der Fabrik
Eigentlich war‘s anders geplant: Olli Schulz kam nicht ins Uebel & Gefährlich, sondern in die Fabrik. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Als Zugabe dann: „Koks & Nutten“, ein Loblied aufs Scheitern, dem die Karriere dieses Musikers längst enteilt ist. Und schließlich „So muss es beginnen“ – interessante Songwahl als Rausschmeißer. Wie schon vor einem Dreivierteljahr in Wilhelmsburg fliegen Kissen durch den Saal, reizend, Kissenschlacht. Alles schön und auf sanfte Weise lustig, aber langsam sollte man nach Hause. Es ist ja schon fast 23 Uhr, und am nächsten Tag beginnt eine neue Arbeitswoche. Dad-Rock.

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