Hamburg. Das Duo Danae Dörken und Pascal Schumacher zeigt, wie wenig es braucht, um das musikalische Raum-Zeit-Gefüge durcheinanderzubringen.
Es ist eine andere Art des Hörens. Bei halbherzigem Lauschen wirkt Minimal Music über weite Strecken wie effektvolle, aber letztlich wenig spannende Untermalung. Dass es sich lohnt, sich dem repetitiven Strom auszusetzen, zeigen Danae Dörken und Pascal Schumacher bei ihrem Konzert im Kleinen Saal der Elbphilharmonie. Denn das Programm, in dessen Zentrum der große Minimalist Philip Glass steht, entwickelt eine erstaunliche Wirkung – wenn man sich darauf einlässt.
Jazz-Vibraphonist Pascal Schumacher ist tief eingetaucht in die Welt von Philip Glass. Im Frühjahr veröffentlichte er seine Solo-EP „Glass One“. Für den zweiten Teil seines Projekts holte er die deutsch-griechische Pianistin Danae Dörken hinzu. Sein Auswahlkriterium: rhythmische Präzision und ein Gespür für das Perkussive in der Musik. Das Ergebnis ihrer Zusammenarbeit: das Album „Glass Two“, das am Tag des Konzerts erscheint.
Minimalistisches Konzert in der Elbphilharmonie: Am Ende glaubt man, es seien nur zehn Minuten vergangen
Dass die beiden erst seit einem Jahr gemeinsam musizieren, erscheint fast unglaubwürdig. Bei aller technischen Perfektion und rhythmischen Akkuratesse wirkt ihr Spiel kein bisschen maschinenhaft. Von der ersten Sekunde entsteht ein organisches Fließen, in dem Dörken und Schumacher immer größere Klanggebäude auftürmen. Dann stürzen sie sie um, mit einem Subito Pianissimo etwa, das wie ein Donner wirkt, so kompromisslos schlägt es in den musikalischen Fluss ein.
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Dieser reißt trotzdem nicht ab. Die Werke, ein Mix aus Bearbeitungen (Glass hat nie für diese Besetzung komponiert) und Schumachers Kompositionen, gehen ineinander über. Ebenso verschmilzt der Klang von Vibrafon und Klavier. Wo beginnt das eine, wo hört das andere auf? Egal. Augen schließen und die emotionale Sogwirkung der Musik spüren. „Hast du das Gefühl, dass mehr als zehn Minuten vergangen sind?“, fragt eine Dame ihre Begleitung, als das Duo sein Publikum nach begeistertem Applaus in die Nacht entlässt. „Nö“, die knappe Antwort. Umso länger ist die Schlange vor dem Tisch, an dem Dörken und Schumacher ihre frisch gepressten LPs und CDs verkaufen und signieren.
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