Hamburg. Mariam Batsashvili eröffnete die „Pianomania“-Reihe in der Elbphilharmonie, mit einem Programm voller Höchstschwierigkeiten.

Hand aufs Herz, haben Sie schon einmal von Sigismund Thalberg gehört? Vermutlich nicht, wenn Sie nicht ein Klavierkenner sind, aus der weltweiten Fangemeinde, die Jahr für Jahr in die Nordseestadt Husum zum Festival „Raritäten der Klaviermusik“ pilgert. Der Franz-Liszt-Zeitgenosse Thalberg war auf dem Klavier ein Supervirtuose und machte Liszt im 19. Jahrhundert ernsthaft Konkurrenz.

Das konnte man jetzt gut beim Elbphilharmonie-Recital der georgischen Pianistin Mariam Batsashvili nachvollziehen. Sie eröffnete die vierteilige Reihe „Pianomania“ im Kleinen Saal. Transkriptionen sind da in dieser Saison das Thema.

Mariam Batsashvili in der Elbphilharmonie – mit Leichtigkeit und Eleganz, atemberaubend

Streaming und andere Methoden, Musikkonserven zu hören, gab es ja im 19. Jahrhundert noch nicht. Große Komponisten arrangierten daher beliebte Opernmelodien, barocke Konzerte oder sogar Sinfonien. Es gibt ein ganzes Meer an Transkriptionen (Thalberg und Liszt haben unzählige geschrieben), die meisten sind vergessen, wenige Künstler haben sie in ihren Programmen, weil sie sehr schwer sind.

Für die 31 Jahre alte Mariam Batsashvili scheinen sie aber pures Vergnügen zu sein. Zum Beispiel bei Thalberg. Wenn der in seiner „Gran Caprice über Motive aus Bellinis ,La Sonnambula‘“ in der Klavier-Mittellage eine herzzerreißende Melodie versteckt, die mit dem linken und rechten Daumen gespielt werden muss, und in hohen und tiefen Lagen das verschachteltste Verzierungsgeflecht von rasenden Läufen, Akkorden und Trillern um die Melodie herumrankt, kann einem schon mal schwindelig werden. Mariam Batsashvili servierte das aber mit Leichtigkeit und Eleganz. Atemberaubend.

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Auch bei Liszt, von dem unter anderem die berühmte Händel-Sarabande („Lascia ch’io pianga“) und eine Fantasie über Motive aus Mozarts „Figaro“ und „Don Giovanni“ zu hören waren, sind Melodien und Motive gern in halsbrecherische Tonkaskaden verpackt. Aber bei Batsashvili war das alles glasklar, sie scheint eine Reinkarnation von Liszt zu sein. Oder von Busoni bei dessen wuchtiger Transkription der berühmten Bach-Geigen-Chaconne. Und beim einzigen (fast) Original des Abends, Bachs Arrangement eines Marcello-Konzerts, faszinierte sie mit wunderbar sprechender Artikulation, feinen dynamischen Abstufungen. Besser geht’s nicht.

Mariam Batsashvili, den Namen sollte man sich merken!

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