Hamburg. Der Theater-Mann Joachim Lux leitet künftig Hamburgs großes Literaturfestival, das von Berlinern organisiert wird. Es bleiben Fragen.
Als Hamburger könnte man sich in literarischer Hinsicht gerade wie in einem Entwicklungsland vorkommen. Die Stadt kriegt ein Literaturfestival gerade nicht mit personellen Bordmitteln zustande, scheint‘s. In diesem Herbst ist die Lit.Cologne mit ihrem Ableger Elb.lit in der Hansestadt aktiv. Im kommenden kehrt Harbour Front wie versprochen zurück – unter tätiger Mithilfe der Berliner Veranstaltungsagentur Meistersinger, in deren Portfolio sich etwa die Duo-Tour von Martin Suter und Benjamin von Stuckrad-Barre und die Lesereise Ferdinand von Schirachs befinden, aber auch die aktuellen Tourneen der Schlagerstars Beatrice Egli und Pietro Lombardi.
Die Lesefest-Logistik ist das eine, das Front-Personal das andere. Die bisherigen Macher von Harbour Front wollen nur noch beratend zur Verfügung stehen. Richten soll es ab 2025 ein bekanntes Gesicht, ein respektierter Kulturmann: Joachim Lux nämlich, dessen erfolgreiche Intendanz beim Thalia Theater, Deutschlands meistbesuchter Bühne, im kommenden Jahr endet. Lux ist Dramaturg und Theatermanager. Und einer, der politische Themen über die Kunst hinaus adressieren kann. Anders gesagt: Joachim Lux könnte der Richtige sein, wenn es darum geht, für ein Literaturfestival gesellschaftliche Relevanz herzustellen. Und er dürfte wissen, wie man Geld für die Kultur zusammenkratzt.
Harbour Front Festival: Wäre tatsächlich keine andere oder kein anderer für diesen Job infrage gekommen?
So weit zu den nachvollziehbaren Gründen, Lux als Harbour-Front-Lenker zu installieren. Es bleibt allerdings der Beigeschmack, dass hier nicht nur Berliner und Kölner, sondern auch ein Mann des Theaters Hamburgs Literaturszene retten müssen. Gibt es tatsächlich keinen anderen oder keine andere, die für diesen Job infrage gekommen wäre? Wäre ein Name mit weniger Strahlkraft als Lux nicht auch eine Möglichkeit gewesen? Dass es diesbezüglich ein paar kritische Stimmen aus der Szene gibt, ist ein unbedingt gutes Zeichen. Weil so deutlich wird, dass sich die Literatur dann doch nicht so einfach marginalisieren lassen will.
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Man hätte sich theoretisch jemanden wie Literaturhaus-Chef Rainer Moritz gut an der Habour-Front-Spitze vorstellen können oder zumindest das Literaturhaus als gewichtigen Partner bei der Organisation. Dass Moritz erklärtermaßen gar nicht will (aber auch nicht gefragt wurde), ist dennoch eine gute Nachricht. Eine jüngere Festivalchefin, ein jüngerer Festivalchef als Lux oder Moritz – warum eigentlich nicht? Generationswechsel sind auch in der Kulturbranche unabdingbar, hier wurde eine Chance vertan.
Über die Erfolgsaussichten des Festivals unter dem Demnächst-Chef Lux heißt das alles gar nichts. Leute mit Literaturnetzwerk stehen ihm künftig zur Seite, und am Ehrgeiz wird es dem scheidenden und literarisch bewanderten Thalia-Intendanten nicht mangeln. Die Erwartungen an Joachim Lux werden hoch sein. Damit kennt er sich aus.