Hamburg. Die Soulsängerin mit dem Mikis Takeover! Ensemble im Großen Saal – und der wohl skurrilste Moment der Elbphilharmonie-Geschichte.

Die Uhr zeigt 21.31 Uhr, als die Elbphilharmonie einen der skurrilsten Momente ihrer mehr als siebenjährigen Geschichte erlebt. Stefanie Heinzmann (35) bittet ihre Fans im ausverkauften Saal, nach einer unter dem Sitz versteckten Banane zu suchen. Alle erheben sich, schauen unter ihre Klappsitze. Keine Banane in Sicht.

Stefanie Heinzmann in der Elbphilharmonie: Plötzlich spielt eine Banane die Hauptrolle

Also schreitet die Schweizer Soulsängerin selbst durch die Reihen, krabbelt auf dem Boden herum und streckt dann das Objekt der Begierde in die Höhe. Die Besucherin auf diesem Platz beteuert, sie habe die Banane wirklich nicht gesehen. Zum Glück droht ihr ja auch kein Gesangsauftritt, der ins Peinliche abdriften könnte. Nein, Heinzmann und Fan tauschen schlicht für einen Song ihre Plätze, der Gast darf auf die Bühne, Heinzmann singt aus dem Publikum. „Das schreibe ich künftig in meinen Lebenslauf“, sagt die sichtlich gerührte Besucherin.

Genau dies dürfte Heinzmann nun auch tun: „Heute geht für mich ein Traum in Erfüllung, ich darf in der Elbphilharmonie singen.“ Und dies sogar zweimal am Pfingstmontag; angesichts des Ticket-Ansturms hatte ihr Management den Großen Saal auch noch für ein Zusatzkonzert am Nachmittag gebucht.

Stefanie Heinzmanns Karriere nahm 2008 Fahrt auf

Für ihr aktuelles Programm kann es auch kaum einen besseren Ort geben als das Konzerthaus an der Elbe. Denn Stefanie Heinzmann tourt nicht mit ihrer Band, sondern mit dem Mikis Takeover Ensemble mit Mihalj Kekenj, hauptamtlich Konzertmeister der Bergischen Symphoniker. Kekenj, der sich auf seiner Facebookseite „Wanderer zwischen musikalischen Welten“ nennt, hat bereits mit Rappern wie Curse und Megaloh und deutschen Soul-Stars wie Max Herre und Max Mutzke konzertiert.

Nun also Stefanie Heinzmann, die zu den wenigen Künstlerinnen zählt, die nach einem Sieg bei einem Casting-Wettbewerb in eine große Karriere starteten. Seit ihrem Erfolg 2008 im Wettstreit bei Stefan Raab („TV Total“) gastiert sie regelmäßig in ausverkauften Arenen, erhält Auszeichnungen wie den „Echo“. Und keine Frage: Kekenj und Heinzmann, das passt. Musikalisch sowieso. Und menschlich. In den – mitunter etwas zu langen – Dialogen zwischen den Songs überschütteten sich die beiden gegenseitig mit Komplimenten.

Stefanie Heinzmann: Der Abend beginnt mit Tschaikowski-Klängen

Wobei Kekenj allein für seine Arrangements jede Lobeshymne mehr als verdient. Der gebürtige Braunschweiger streut nicht einfach Klassik-Zucker über Heinzmanns Songs, sondern veredelt sie mit dem Mut zum Außergewöhnlichen. Er eröffnet den Abend mit Tschaikowski-Klängen, bedient sich bei Beethoven und lässt dann die Bratsche die ersten Takte der amerikanischen Kultserie „Knight Rider“ spielen.

Stefanie Heinzmann schaut bei den Songs immer wieder zu dem sechsköpfigen Ensemble, als könne sie gar nicht glauben, was Kekenj aus ihren Liedern macht. Dann umarmt sie ihre großartige Gesangspartnerin Leslie Jost. „Ich kann mich zu ihrer Stimme legen wie in eine warme Badewanne“, hat Heinzmann einmal in einem Interview gesagt.

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Ganz still wird es im Saal, als Stefanie Heinzmann über ihre dunklen Stunden spricht. Kurz vor ihrem 18. Geburtstag hatte sie sich selbst für drei Monate in die Jugendpsychiatrie einweisen lassen – Folge von massiven Essstörungen nach starken Medikamenten gegen einen Bandscheibenvorfall. „Ich war selbstzerstörerisch“, sagt sie. Ihre Familie, ihre Freunde und natürlich die Musik hätten ihr aus dem Tal geholfen. Jetzt sei sie so glücklich wie nie. An diesem Abend in der Elbphilharmonie ist es zu spüren.