Hamburg. Verpflichtung am Thalia Theater ist eine vielversprechende Personalie. Auch wenn man den Neuzugang an anderer Stelle verortet hätte.
Das ist schon ein ziemlich origineller Scoop, den die designierte Intendantin des Thalia Theaters gestern verkünden konnte: Matthias Lilienthal wird unter Sonja Anders, die das Haus im Sommer 2025 übernimmt, Künstlerischer Leiter der Lessingtage in Hamburg. Das internationale Festival, in dem es seit 2010 immer ambitioniert „Um alles in der Welt“ geht, findet demnach nicht bloß weiterhin statt – die Lessingtage bekommen einen Theatermacher an die kuratorische Spitze, den man dort fast für überqualifiziert halten könnte.
Thalia Theater Hamburg: Matthias Lilienthal übernimmt Lessingtage
Avantgarde-Mann Matthias Lilienthal war bis 2020 selbst Intendant (war keine Liebesgeschichte zwischen ihm und dem bürgerlichen Publikum an den Münchner Kammerspielen) und hat zuletzt das Festival „This is not Lebanon“ kuratiert. Verlässlich fiel sein Name gegenwärtig vor allem, wenn es um die Zukunft der legendären Berliner Volksbühne nach dem Tod des Intendanten René Pollesch ging.
An der Volksbühne war der ausgezeichnet vernetzte und versierte Festivalmacher Lilienthal, der den unrasierten Schlabberlook gewissermaßen zum Markenzeichen erhoben hat, einst prägender Chefdramaturg und stellvertretender Intendant von Frank Castorf. Zumindest als Übergangschef hätte man ihn nach allem, was dazu aus der Theaterszene und der Kulturpolitik zu hören war, also eher dort erwartet als in zweiter Reihe in Hamburg.
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Aber wahrscheinlich sind das viel zu hierarchische Überlegungen. In Hamburg jedenfalls stärkt Sonja Anders die Lessingtage mit dieser vielversprechenden Ankündigung. Ob Matthias Lilienthal am Ende doch (auch?) in Berlin landet? Völlig ausschließen will man da lieber nichts. Insofern: auf geniale Art irritierende, charmante Personalie. Das kann gut werden.