Hamburg. Der ARD-Fernsehfilm nach einer Vorlage des Vizekanzlers wurde unter anderem in Hamburg gedreht. Was die Zuschauer erwartet.
Bevor Regisseur Andreas Prochaska die Verfilmung von „Die Flut“ anging, habe er einen Deichgrafen noch für einen Adligen gehalten und Priel für ein Waschmittel, heißt es. Österreicher eben. Offenbar hat sich der Wiener aber mehr als arrangiert mit der See und ihrem Umfeld. In der ARD-Produktion „Die Flut – Tod am Deich“ hat er Watt, Weite und Wellengang in Schleswig-Holstein, aber auch das dörfliche Lokalkolorit liebevoll eingefangen. Eine bildstarke Hommage an die Region.
Der Fernsehfilm basiert auf dem Buch „Hauke Haiens Tod“, das Robert Habeck und seine Frau Andrea Paluch 2001 veröffentlichten und das wiederum an Theodor Storms „Der Schimmelreiter“ angelehnt ist. In der Bearbeitung des historischen Stoffs kommen hochaktuelle Konflikte zum Tragen: die Frage nach der Schuld einer älteren gegenüber ihrer Folge-Generation, die Kluft zwischen Stadt- und Landbevölkerung oder die Dringlichkeit der Klimakrise.
„Die Flut – Tod am Deich“ läuft am Sonnabend, 27. April, in der ARD. In der Mediathek lässt sich das Mystery-Drama schon vom 25. April an abrufen. Gedreht wurde „Die Flut“ unter anderem auf dem Hamburger Kiez und in Nordfriesland. Seine Premiere feierte der Film schon im September auf dem Filmfest Hamburg.
ARD-Film „Die Flut – Tod am Deich“ nach Habeck-Vorlage: Darum geht es
Peitschende Wellen, schäumende Gischt, bedrohliche Unwetterwolken: „Die Flut“ macht von der ersten Sekunde an deutlich, wie unerbittlich die See doch ist, welche Kraft das Meer entfalten kann und wie angewiesen der Mensch auf das Wohlwollen der Wassermassen ist, kommt es hart auf hart.
Dann Schnitt nach Hamburg. In der urbanen Hafenmetropole folgt die Kamera Wienke (Philine Schmölzer), einer jungen Erwachsenen mit Autismus-Spektrum-Störung, die schon bald auf den ihr bislang unbekannten Iven (Anton Spieker) treffen soll. Ausgerechnet auf St. Pauli, wo er sich als Türsteher einer Erotikbar verdingt.
Schnell wird klar: Iven hat etwas zu verstecken, etwas zu verdrängen. Irgendwo muss doch die Sucht nach Rausch und der Hang zur Aggression herkommen. Iven ist ein gebrochener Mann – und er kennt Wienke, sehr gut sogar.
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15 Jahre zuvor, als die junge Frau noch ein Kleinkind war, arbeitete Iven als „Ziehsohn“ auf dem Hof ihrer Eltern im fiktiven Dorf Stegebüll an der Nordsee. Dann kostete eine verheerende Flut die Eltern von Wienke, Deichgraf Hauke (Detlev Buck) und seine Frau Elke Haien, das Leben. Oder hatte da neben den Wassermassen noch jemand anderes seine Finger im Spiel?
Iven und Wienke, anfangs noch widerwillig gemeinsam unterwegs, unternehmen eine Reise in die Vergangenheit, nach Stegebüll. Dort ist so mancher Dorfbewohner wenig erfreut über die Rückkehr der beiden und ihr Ansinnen, die Wunden von damals noch einmal aufzureißen.
Habeck-Buch verfilmt: „Die Flut – Tod am Deich“ stellt Fragen zur Klimakrise
Denn wie schon in Theodor Storms mehr als 100 Jahre alter Novelle „Der Schimmelreiter“ hat sich in der Sturmflutnacht reichlich Mysteriös-Mythisches in Stegebüll abgespielt. Anders als Storm folgt „Die Flut – Tod am Deich“ als Fortschreibung des Stoffs jedoch nicht vordergründig dem ambivalenten Deichgrafen Hauke Haien, sondern den Nebencharakteren, etwa der behinderten Wienke.
Was den Schimmelreiter-Mythos außerdem in die Gegenwart holt: der Verweis auf die Klimakrise. Angesichts sich häufender Extremwetter-Ereignisse erfährt der Deichschutz, an dem sich Deichgraf Hauke Haien so festbeißt, eine besondere Dringlichkeit.
Der Widerstreit von Fortschrittsglauben und dem Festhalten an Traditionen, den der Film bearbeitet, ist hochaktuell. Wie begegnen wir der globalen Erwärmung, wie den steigenden Pegeln? Sind wir den Naturgewalten ausgeliefert – oder rettet uns der technologische Fortschritt? Diese Fragen stellt der Film, ohne sie direkt aussprechen zu müssen.