Hamburg. Ausstellung in der HFBK markiert den Beginn einer neuen Partnerschaft. Dafür waren ein Streit und „Druck-Prozesse“ notwendig.
Sonja Lahnstein-Kandel wäre wohl kaum mit der Hochschule für bildende Künste (HFBK) in den Dialog getreten, hätte sie sich nicht über die Gastprofessuren zweier ruangrupa-Mitglieder erzürnt. Aus dem Unverständnis der jüdischen Hamburgerin darüber, dass die HFBK ausgerechnet Kuratoren der als Antisemitismus-Skandal hängen gebliebenen documenta fifteen einberuft, entstand ein Gespräch mit Hochschul-Präsident Martin Köttering. Immer wieder diskutierten sie – stundenlang, anstrengend, gar schmerzhaft seien die Konversationen gewesen. Doch auf beiden Seiten habe stets der Wunsch geherrscht, auf einen Nenner zu kommen.
Und den gibt es jetzt. Der Austausch zwischen Lahnstein-Kandel und Köttering war nämlich höchst produktiv: Er hat eine Partnerschaft zwischen der HFBK und der israelischen Universität Haifa hervorgebracht – inklusive Gastprofessuren. Die ersten Arbeiten von elf Studierenden in Zusammenarbeit mit HFBK-Professorin Birgit Brandis und Sharon Poliakine, Direktorin des Art-Departments an der Universität Haifa, feiern als gemeinsame Ausstellung unter dem Titel „we only see what looks at us“ am 17. April ihre Vernissage.
HFBK Hamburg: Neue Kooperation mit Universität Haifa
HFBK-Präsident Köttering zeigt sich schon jetzt, kurz nach Auftakt der Kooperation mit der Universität Haifa, „sehr überzeugt von diesem Austausch mittels künstlerischer Arbeit“. Schon anhand der ersten Arbeiten der Studierenden und Dozentinnen lasse sich erkennen, welche Intensität der persönliche Austausch entfalte. Dazu beigetragen habe auch die spezifische künstlerische Umsetzung. Dass die ausgestellten Werke vordergründig in Druck-Prozessen entstanden seien, müsse nämlich wortwörtlich begriffen werden. Die symbolischen Prozesse der Druckausübung, des Schichtens und Freilegens hätten den Studierenden geholfen, auch gedanklich nicht nur an der Oberfläche zu kratzen.
„Die Druckgrafik ist da ein sehr lehrreiches Instrument“, sagt auch Gastprofessorin Poliakine. In ihrem viertägigen Workshop mit den Studierenden, die teils auch aus Israel und dem Iran stammen, „war es meine Mission, einen Safe Space für uns alle zu schaffen.“ Nur so habe die Energie und Hingabe entstehen können, dank der die Auftakt-Ausstellung für die Hochschul-Brücke Haifa-Hamburg entstanden ist. „Ich wünschte, die ganze Welt könnte aus dem lernen, was wir in den letzten Tagen erlebt haben“, so das hochzufriedene Fazit der renommierten israelischen Künstlerin.
Israelische Gastprofessuren: HFBK schlägt Brücke nach Haifa
Für Impulsgeberin Lahnstein-Kandel ist die Kooperation ein „Modell, wie auch aus unüberbrückbaren Differenzen etwas entstehen kann.“ Die Universität Haifa, für deren Deutschen Förderkreis sie Vorständin ist, sei als „multikulturellste Institution Israels“, die auch von vielen arabischen Studierenden besucht werde, prädestiniert für den Austausch mit der HFBK.
Nachdem der Auftakt gemacht ist, soll sich die Partnerschaft zwischen den Kunsthochschulen in Hamburg und Haifa nun verstetigen und intensivieren. Unter anderem plant die HFBK, künftig in jedem Sommersemester Gastprofessorinnen oder -professoren nach Hamburg zu holen. Des Weiteren macht sich Köttering für Studierenden-Austauschprogramme zwischen Hamburg und Haifa stark. Sein großer Wunsch sei es zudem, eine Ausstellung in Israel zu realisieren, an der Studierende der HFBK beteiligt sind. Noch sei aber zu klären, wie sich diese Idee finanzieren lasse.
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Vernissage der Ausstellung „we only see what looks at us“Mi 17.4., 18.00, in der HFBK am Institute for Contemporary Art & Transfer ICAT (U Mundsburg), Lerchenfeld 2a; www.hfbk-hamburg.de